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Verschiedene: Die Gartenlaube (1892)

Seinen Plan dürfen wir wohl nach dem Bericht eines amerikanischen wissenschaftlichen Blattes verrathen.

Edison besitzt in dem Staate New-Jersey einen natürlichen festen Block magnetischen Eisenerzes, der anderthalb Kilometer lang, dreißig Meter breit ist und bis zu einer unbekannten Tiefe in das Erdinnere hineinragt. Diesen großen Magnet will er mit einer geeigneten Zahl von Drahtwindungen umgeben, deren Enden in eine Art Telephon auslaufen. Der magnetische Block soll also den Kern des Telephons bilden, das mit Registrierapparaten versehen und mit Beobachtungsstellen ausgerüstet werden soll.

Vielleicht bringt Edisons Plan ganz neue Aufschlüsse über uns bis jetzt unbekannte und unerklärliche Erscheinungen in den kosmischen Vorgängen unseres Centralkörpers! Ob sich dann wohl Goethes Worte bestätigen werden:

„Horchet! horcht! dem Sturm der Horen!
Tönend wird für Geistesohren
Schon der neue Tag geboren.
Felsenthore knarren rasselnd,

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Phöbus’ Räder rollen prasselnd;

Welch Getöse bringt das Licht!“

.

Ottilie Wildermuth. Eine litterarische Erscheinung, die sich im Wechsel der Zeiten zu behaupten weiß, die allen Veränderungen im Geschmack und in den Anschauungen zum Trotz fortfährt, ihre eifrige und zahlreiche Gemeinde zu versammeln, die hat den Beweis ihres inneren Werthes geliefert. Und das ist mit Ottilie Wildermuth der Fall. Nicht als ob die Zeitgenossen Ottilie Wildermuths an dem inneren Werth ihrer literarischen Schöpfungen gezweifelt hätten – nein, eine so einstimmige Verehrung hat selten eine Schriftstellerin genossen. Aber es ist doch schön, das Urtheil der Mitwelt, dem man leicht eine gewisse Befangenheit zutraut, durch das objektivere der Nachwelt bestätigt zu finden. So haben denn auch die „Gesammelten Werke“ Ottilie Wildermuths, welche ihre Tochter Adelheid gegenwärtig herausgiebt, eine gute Statt im deutschen Volke gefunden; die beiden bis jetzt erschienenen Bände, welche der unsern Lesern wohlbekannte Maler Fritz Bergen mit hübschen Bildern versehen hat, umfassen die „Bilder und Geschichten aus Schwaben“, kleine Skizzen in humorvoll erzählender Form, die den Typus urschwäbischen kleinstädtischen Lebens und Denkens mit all seinen Schwächen und wiederum mit all seinen liebenswürdigen Zügen so getreu verkörpern, wie dies eigentlich in keinem anderen Werke unserer Litteratur, auch der schwäbischen nicht, der Fall ist.

Extrapost.
Zeichnung von D. Pauluzzi.

Während so die „Gesammelten Werke“ die Wildermuthschen Schöpfungen in immer weitere Kreise tragen, wirken auch ihre beiden Töchter Agnes Willms und Adelheid Wildermuth in dem Geiste der Mutter weiter, hauptsächlich durch die Fortführung des „Jugendgartens“, den einst Ottilie Wildermuth gegründet hat. Auch dieses Jahr liegt uns wieder ein stattlicher Band vor, mit Erzählungen, Märchen, Gedichten, geschichtlichen, biographischen, kulturgeschichtlichen, geographischen und naturwissenschaftlichen Aufsätzen, mit Räthseln, Knacknüssen, Spielen u. dergl., endlich mit trefflichen Bildern, darunter vielen farbigen, reichlich ausgestattet, eine Festgabe, die unserer Jugend gewiß nicht minder willkommen sein wird, als dem Alter die „Gesammelten Werke“ von Ottilie Wildermuth.

Die Ueberschwemmung. (zu dem Bilde Seite 792. und 793.)

„Kein Damm, kein Feld! Nur hier und dort
Bezeichnet ein Baum, ein Thurm den Ort.
Bedeckt ist alles mit Wasserschwall – –“

Diese Verse aus „Johanna Sebus“ kommen uns in Erinnerung beim Anblick unseres Bildes, das wir einem der hervorragendsten Landschaftsmaler der Gegenwart, dem Professor Fr. Kallmorgen in Karlsruhe, verdanken. Wie verlorene Inseln ragen fern ein paar Baumgruppen, ein vereinzeltes Haus aus der endlosen Fluth, und der Vordergrund zeigt uns deutlich die Spuren des verheerenden Elements. Glücklicherweise scheinen die Gewässer bereits im Zurückgehen begriffen zu sein, denn der Gartenzaun, welchen die anstürmenden Fluthen zum Theil niedergerissen haben, ist bereits wieder außer Wasser. Aber noch liegt eine Spur der ausgestandenen Angst auf den Gesichtern der Anwohner des entfesselten Stromes, und mit einer seltsamen Mischung von Angst und Neugier besprechen sie die Ereignisse der verflossenen Tage.

Das letzte Jahrzehnt hat dem Künstler leider häufig genug Gelegenheit zu Ueberschwemmungsstudien gegeben. Möge sie nicht so bald wiederkehren!

Die Liebhaberkünste. In Nr. 7 der von uns schon früher genannten Zeitschrift „Die Liebhaberkünste“ (München, Oldenbourg) vertheidigt Professor M. Haushofer die vielangegriffene Neigung zur dilettantischen Kunstübung mit folgenden Sätzen, die einer allgemeinen Beherzigung werth sind. „Die Liebhaberkünste sind eine berechtigte Reaktion gegen die weit gediehene Berufsgliederung der Gegenwart, der Mensch ist von Natur aus nicht zur einseitigen Berufsmaschine bestimmt. Jeder normale Mensch hat etwas vom Künstler, vom Erfinder, vom Konstrukteur in sich, weil in den Anfangszuständen der Kultur jeder diese Eigenschaften brauchte, sobald er sich über das Thier erheben wollte. . . . Wenn man bedenkt, wie fein und verwickelt der Mechanismus ist, den die Natur in unsere zehn Finger gelegt hat, so kann man es nur sehr beklagen das, so viele Menschen diesen leistungsfähigen Mechanismus völlig veröden lassen. Gegen diese Verwahrlosung der Handfertigkeit richten sich die Liebhaberkünste. Sie richten sich aber auch gegen die Vernachlässigung der Phantasie und der Erfindungsgabe, welche unbestreitbar unter die höchsten menschlichen Eigenschaften gehören. Aber wie wenig Berufsarten geben Gelegenheit, diese Eigenschaften berufsmäßig zu üben und auszubilden!“

Nachdem Haushofer nachgewiesen, daß gerade der Kaufmann, der Beamte, der Richter und viele andere eine glückliche Ergänzung ihres rein verstandesmäßigen Arbeitens in solcher Thätigkeit finden und ihre freien Stunden damit doch wohl fruchtbringender ausfüllen könnten als mit Skat oder Kegelspiel, entkräftet er zum Schlusse noch den Vorwurf der Stümperei mit der sehr berechtigten Bemerkung, daß jede Stümpernatur Stümperarbeit hervorbringt, ob dies nun in Berufsarbeiten oder in Liebhaberkünsten geschieht. „Nur ist’s bei ersteren bedenklich und gefährlich, bei letzteren harmlos. Damit aber die Liebhaberkünste keine Stümperarbeit liefern, verdienen sie, erzogen zu werden.“

Mit diesem Worte hat er sehr glücklich Richtung und Verdienst der neuen Zeitschrift gekennzeichnet. Ob sie Vorlagen zu Ofenschirmen, Thürfüllungen, Gläsern, Vasen und Tellern, zum Punzieren und Fournieren, zu Stickereien und zum Metalltreiben, zur Plastik aus Gummi, zur Verschönerung von alten Oefen und Verwendung von anscheinend unbrauchbaren Dingen geben – überall steht dabei die Mahnung, ordentlich zeichnen zu lernen, um nicht werthlose Spielereien statt erfreulicher Arbeiten zu liefern. Ein stark in Anspruch genommener Fragekasten giebt Aufschlüsse und Anregungen und dient als Sprechsaal der Abonnenten untereinander.

Wir sehen in der vortrefflich geleiteten Zeitschrift einen wahren künstlerischen Hausfreund, den wir für die Weihnachtsarbeiten unseren Lesern und Leserinnen nochmals bestens empfehlen möchten. Bn.     

Pflügender Araber. (Zu dem Bilde S. 796.) Neidischen Blickes schauten viele Völker des Alterthums nach Aegypten hinüber – aber nicht die stolzen Bauten und nicht das in den Archiven des Reiches gesammelte

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1892). Leipzig: Ernst Keil, 1892, Seite 801. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1892)_801.jpg&oldid=- (Version vom 16.4.2024)