Verschiedene: Die Gartenlaube (1893) | |
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immer unzertrennlich verknüpft. Er war es, der in einem
einfachen Sina’schen Holzschiff zu Beginn des Jahres 1830 die
Donau bis zu ihrer Mündung befuhr und von hier die Reise
mittels eines Segelschiffes bis Konstantinopel fortsetzte. Auf Grund
der hieran sich knüpfenden Anregungen Széchényis trat die Donau-
Dampfschiffahrtsgesellschaft ins Leben, welche eine wenn auch nur
vorübergehende Periode des Glanzes erlebte.
Der Entwicklung der Schiffahrt stellten sich die mehrfach
erwähnten Hindernisse auf der unteren Donau derart störend
entgegen, daß schon Széchényi an deren Beseitigung dachte.
Er erreichte dieses Ziel auf mittelbarem Wege, indem er
jene prachtvolle Kunststraße schuf, die seinen Namen trägt und
welche im Jahre 1837 dem Verkehr übergeben wurde. Einige mit
großem Eifer, aber unzulänglichen Mitteln unternommene
Regulierungsarbeiten im Strome selbst hatten keinen Erfolg.
Széchényi beschäftigte sich noch bis zum Jahre 1847 mit zahlreichen, die
Erschließung des „Eisernen Thores“ und der „Kataraktenstrecke“
betreffenden Arbeiten. Da brachen die Stürme des Jahres 1848
herein, und mit den unermüdlichen Bestrebungen dieses „zweiten
Trajan“ war es zu Ende.
Ganz eingeschlummert sind indes die Arbeiten und Studien niemals. Die ersten greifbaren Formen erhielten dieselben durch den seitens Oesterreich-Ungarns mit der Pforte am 19. Juni 1873 abgeschlossenen Vertrag, dessen Ausführung unmittelbar bevorstand, als (1877) an der unteren Donau abermals kriegerische Zwischenfälle eintraten. Der Artikel 57 des Berliner Vertrages vom Jahre 1878 aber legte die Angelegenheit der Stromregulierung von neuem in die Hände Oesterreich-Ungarns. Nach langen fachmännischen Vorarbeiten und nach Ueberwindung mannigfacher finanzieller Schwierigkeiten wurde das gewaltige Werk endlich am 2. September des Jahres 1889 in Angriff genommen.
Die Arbeiten bestehen in der Anlage von genügend tiefen, in die Riffe und Bänke eingesprengten Schiffahrtskanälen, was mittels Spreng-, Stampf- und Bohrschiffen geschieht. Beim eigentlichen „Eisernen Thore“ (der Prigrada-Bank) werden überdies parallele Dämme aufgeführt. Außergewöhnlich schwierig gestalteten sich die Arbeiten am Felsen „Greben“, wo die zu der Festigung der Dammbauten erforderlichen „Steinwürfe“ von der Gewalt des Wassers immer wieder fortgerissen wurden. Erst als man eine größere Zahl von sogenannten „Tschaiken“ (serbischen Segelschiffen) mit Bruchsteinen befrachtete und sie versenkte, wurde ein fester Grund zum Weiterbauen gewonnen.
Ueber kurz oder lang wird dieses großartige Unternehmen zu Ende geführt, die Donau ihrer Schiffahrtshindernisse entkleidet, der Strom dem unbeschränkten Verkehr übergeben sein. Ueber diesem großen civilisatorischen Werke aber waltet der Geist Széchényis, dessen Thatkraft vor Jahrzehnten sich an eine Riesenarbeit heranwagte, deren Lösung einer späteren, von größerem Unternehmungsgeist getragenen und durch reichere maschinelle Hilfsmittel unterstützten Zeit vorbehalten blieb.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1893). Leipzig: Ernst Keil, 1893, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1893)_011.jpg&oldid=- (Version vom 15.6.2022)