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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893)



Blätter und Blüthen.


Der Erfinder des elektrischen Glühlichts. „Wenn zwei sich streiten, hat ein Dritter den Vortheil!“ Diese alte Wahrheit scheint eine neue glänzende Bestätigung finden zu sollen.

Für den Erfinder der ersten praktisch verwerthbaren Form des elektrischen Glühlichts, also der bekannten Glasbirnen, in deren luftleerem Innenraum eine Kohlenfaser glüht, galt bisher nach ziemlich allgemein verbreiteter Anschauung der berühmte Edison, und die Gesellschaft, welche unter der Flagge seines Namens seine Erfindungen verwerthet, erhob denn auch stets den Anspruch auf das alleinige und ausschließliche Recht zur Fabrikation der Lampen. Aber dieser Anspruch blieb nicht unbestritten, und erst neuerdings wieder hat vor dem Gericht in Boston ein Prozeß gespielt, welchen die Edisongesellschaft gegen eine konkurrierende Gesellschaft angestrengt hatte. Dabei hat nun diese Gegnerin einen unerwartet scharfen Hieb geführt, indem sie Zeugen beibrachte, laut deren Aussagen den Edisonschen nahe verwandte Glühlampen bereits in den fünfziger Jahren, also ein Vierteljahrhundert vor Edison, in Amerika hergestellt und gezeigt worden wären. Und zwar wäre ihr bisher im Dunkeln gebliebener Verfertiger ein Deutscher, ein Hannoveraner Namens Heinrich Goebel, gewesen.

Die Sache macht natürlich in Amerika sehr viel Aufsehen, und so sind auch an uns bereits verschiedene Zuschriften gerichtet worden, die mit näheren Mittheilungen die Anregung verknüpfen, dem so lange verkannten, übrigens noch heute im Staate New-York lebenden Landsmann den verdienten Erfinderruhm zu wahren. Wir geben dieser Aufforderung gerne Folge. Selbstverständlich sind wir vorläufig nicht in der Lage, die Thatsache als solche zu verbürgen, andererseits aber haben wir ebensowenig Grund, an der Richtigkeit der uns zugegangenen Nachrichten zu zweifeln.

Wir werden unsererseits nichts unversucht lassen, was Klarheit in eine Frage bringen kann, die für den Ruhm des deutschen Namens von so großer Wichtigkeit ist, und werden jedermann zu großem Danke verpflichtet sein, der uns bei unseren Bemühungen, einem Landsmann zu dem verdienten Ehrenkranze zu verhelfen, mit sachdienlichen zuverlässigen Mittheilungen unterstützen würde.


Palmsonntag in Venedig unter dem Dogen Foscari. (Zu dem Bilde S. 176 und 177.) Welcher Mensch, dem es einmal vergönnt war, in einem Winkel des alten Markusdomes sich in ein beschauliches Sinnen zu versenken, hätte da nicht gewünscht, die Figuren heraufbeschwören zu können, welche zur Glanzzeit der Republik diese Hallen füllten? Aber dem Künstler allein ist die Zaubergabe dafür verliehen – er zeigt uns heute, wie der Doge Francesco Foscari, der gewaltige Mann, dessen Eroberungspolitik die Land- und Seemacht Venedigs zu so glänzender Höhe emportrug, in einem friedlichen Augenblick seines vielbewegten und kriegerischen Lebens hier in San Marco den Palmsonntag des Jahres 1450 begeht. Durch Weihrauchwolken brechen die Sonnenstrahlen in den goldgrundigen Chor, den ein Gedränge der Erlauchtesten als Geleite des Dogenpaares erfüllt. Schöne, rosenbekränzte Frauen und Kinder folgen der Dogaressa, welche soeben dem majestätischen Gemahl die Hand zum Umgang durch die Kirche reicht. Knaben und Mädchen im festlichen Schmuck, singend und palmentragend, schreiten voran, und die Posaunen erschallen in vollem Chor dem fürstlichen Paare entgegen.

Aber dem Bilde voll Glanz und Pracht fehlt auch der düstere Schatten nicht: links die Stufen herunter steigen die mißvergnügten Senatoren, Feinde des Foscari, dieselben, welche sieben Jahre später, zur Macht erstarkt, dessen einzigen Sohn in die Verbannung schicken und ihn selbst nach vierunddreißigjähriger ruhmvoller Regierung des Thrones entsetzen sollten. Auf ihren Gesichtern steht der feindselige Trotz, während der Doge selbst sich noch so unerschütterlich sicher fühlt unter der goldenen Mütze und dem von seiner Person unzertrennlichen goldenen Schirme!

Der hochbegabte spanische, aber in Rom lebende Künstler greift hier wie in anderen Bildern mit sicherer Hand in den Schatz venetianischer Vorzeit, welcher von der Malerei schon soviel verwerthet wurde. Seine Figuren sind wirkliche Menschen ihres Jahrhunderts, auf einem Hintergrund erwachsen, dessen malerische Schönheit nichts verliert, wenn sie, wie hier, mit der größten Treue und Naturwahrheit dargestellt wird.


Ein kühler Trunk im kommenden Sommer. Die Erfahrungen der letzten Zeit haben leider gezeigt, daß wir in Bezng auf die Wasserversorgung nicht überall auf dem wünschenswerthen und, man könnte beinahe sagen, selbstverständlichen Standpunkt angelangt sind, daß die menschlichen Wohnstätten, von den Großstädten bis herab zu den Dörfern, mit gesunden Brunnen und Wasserleitungen versorgt wären. In sehr vielen Orten muß das Trinkwasser vor seiner Benutzung verbessert oder gutes Wasser von weither geholt werden. Dadurch büßt es an Frische ein, und vor allem wird es im Sommer warm. Das Trinken dieses warmen Wassers bietet nun keine Erquickung, und das ist u. a. der Grund, warum so oft die hygieinischen Rathschläge, welche von Aerzten und Behörden ausgehen, nicht beächtet werden, warum so oft das Wasser roh, frisch vom Brunnen oder von der Leitung weg, getrunken wird. „Dem Uebelstand kann man leicht abhelfen, indem man das warm gewordene Wasser abkühlt!“ wird vielfach auf ähnliche Klagen zur Antwort gegeben. Allerdings, und wir haben auch für den heißen Sommer ausgezeichnete Kühlmittel: Eisvorräthe und kühle Keller. Leider sind diese Mittel nicht zureichend.

Was das Eis anbelangt, so ist seine Verwendung im Sommer mit Geldausgaben verknüpft, die sich nur Familien erlauben können, welche sich einer gewissen Wohlhabenheit erfreuen. Gute kühle Keller sind auch nicht überall vorhanden, am allerwenigsten in Großstädten. Aber selbst wo sie vorhanden sind, werden sie von den Leuten schwerlich zum Abkühlen von Trinkwasser benutzt werden. Die Hausfrau, die in einfacheren Verhältnissen ohnedies genug zu thun hat, wird sich schwerlich entschließen, das Trinkwasser, nachdem sie es abgekocht hat, behufs Abkühlung in den Keller zu bringen und es dann mehrmals des Tages, wenn die Familie durstig ist, wieder drei oder vier Treppen hoch hinaufzutragen.

Es giebt aber wohl ein Mittel, mit welchem man das Wasser ohne Eis und ohne einen guten Keller kühl machen kann; nur wird es bei uns sehr wenig oder gar nicht angewandt. Auf Wüstenreisen durch die sonnverbrannte Sahara führt man kein Eis mit sich, und doch preist Gustav Nachtigal in seinem Werke „Sahara und Sudan“ wiederholt die „eisige Kühle“ des Wassers, das er durstig aus den Schläuchen sog. Diese Wasservorräthe der Wüstenreisenden werden durch Verdunstung abgekühlt. Die Wasserschläuche aus Ziegenfellen, so sauber man sie auch zusammennäht und verpicht, sie bleiben doch porös, und durch diese Poren verdunstet ein Theil des Inhalts. Indem aber Wasser sich in Dampf verwandelt, entzieht es der Umgebung Wärme, kühlt es den zurückbleibenden Rest ab. In südlichen Ländern, wie z. B. in Spanien, bewahrt man nach demselben Grundsatz das Wasser in irdenen unglasierten Krügen auf. Die Wandungen dieser Krüge sind ebenfalls porös, durch die Poren sickert Feuchtigkeit durch, die an der äußeren Fläche verdunstet. Dadurch wird der Wasservorrath im Kruge abgekühlt, namentlich, wenn man diesen oben verschließt oder zudeckt, damit warme Luft nicht eindringen kann.

Hier und dort findet man in Deutschland, häufiger wohl in Oesterreich, ähnliche Vorrichtungen zum Kühlhalten der Butter. Die Leute pflegen sich einen sehr einfachen „Butterkeller“ in der Speisekammer zu bauen. Sie nehmen einen möglichst großen unglasierten irdenen Blumentopf, verkitten mit Gips oder Siegellack die untere Abflußöffnung, indem sie zugleich ein Stück Holz darin befestigen, so daß der Blumentopf umgekippt eine Glocke mit einem Griffe bildet. Dann nehmen sie eine entsprechend große Schüssel und füllen sie mit Wasser, in dieses stürzen sie einen kleineren flachen Topf, auf den das Gefäß mit Butter zu stehen kommt. Darüber wird dann die oben erwähnte irdene Butterglocke gestülpt. Der Rand des Blumentopfes taucht in das Wasser der Schüssel, in den Poren des Thons steigt das Wasser empor, der ganze Blumentopf wird feucht, das Wasser an der Oberfläche verdunstet und die Butter unter dem Blumentopf bleibt kühl. Indessen, diese irdenen Gefäße entwickeln, sobald sie feucht werden, einen eigenthümlichen Erd- oder Thongeruch, der sich der Butter mittheilt und ihr den Wohlgeschmack nimmt.

Nicht so leicht wie die Butter nimmt das Wasser fremde Gerüche an. Darum ist die Anwendung von unglasierten Thonkrügen zum Abkühlen des Trinkwassers durchaus statthaft und empfehlenswerth. Damit aber die nöthige Sauberkeit herrsche, empfiehlt es sich, die gefüllte gläserne Wasserflasche in das Wasser des Kühlkruges zu stellen und sie aus diesem erst herauszunehmen, sobald man trinken will. In derselben Weise kann auch Bier aus Flaschen oder Wein zweckmäßig kühl gehalten werden. Die unglasierten irdenen Waren sind so billig, daß sicher jeder Hausvater sie zu beschaffen vermag. Für anspruchsvollere Leute könnte man sie ja mit Figuren à ia Terracotta verzieren.

Tausenden von Menschen, die weder über Eisschränke noch über gute Keller verfügen, könnten demnach irdene Kühlgefäße im Sommer zu einer wahren Wohlthat werden. Vielleicht sind sie hier und dort in vollendeter Form schon seit lange im Gebrauch. Freundliche Mittheilungen darüber aus dem Leserkreise würden im allgemeinen Interesse sehr erwünscht sein. C. Falkenhorst.     


KLEINER BRIEFKASTEN.


(Anfragen ohne vollständige Angabe von Namen und Wohnung werden nicht berücksichtigt.)

An die Hausfrau, die’s eintheilen muß.

Weißt Du nicht, Hausfrau, daß verschieden
Die Hühner ihre Eier bieten,
Bald reichlich und bald wieder knapp,
So, wie’s der Schöpfer ihnen gab?
Drum wart’, bis ihre Wirkung thut
Des Lenzes warme Sonnengluth,
Dann kannst Du Dich darauf verlassen,
Du findest „Hans in allen Gassen“.

Joh. B. in Parchwitz. Wenn Sie Ihren Jungen im Staatsdienst unterbringen wollen, so finden Sie den besten Rathgeber immer noch in dem alterprobten Buche von A. Dreger, „Die Berufswahl im Staatsdienste“. Erst kürzlich ist eine neue, vierte Auflage davon erschienen (Leipzig, C. A. Kochs Verlagsbuchhandlung).

F. K. in G. Anregende Bemerkungen über die Fortschritte der Technik auf den verschiedensten Gebieten, über humane Einrichtungen in Krieg und Frieden, auch manches hübsche Wort über den Werth treuer Arbeit finden Sie in den „Skizzen aus der Welt der Arbeit“ von Friedrich Bücker (Perthes, Gotha).



Inhalt: Freie Bahn! Roman von E. Werner (10. Fortsetzung). S. 165. – Die erste deutsche Heilstätte für unbemittelte Lungenkranke. S. 168. Mit Abbildung S. 165. – Waldhüters Töchterlein. Bild. S. 169. – Weltverbesserer. Von Dr. J. O. Holsch. III. S. 170. – An der Kirchenpforte. Bild. S. 173. – „Elsa.“ Eine Ehestandstragödie in Briefen. Von Ernst Wichert (2. Fortsetzung). S. 174. – Ein Palmsonntag in Venedig unter dem Dogen Foscari. Bild. S. 176 und 177. – Blätter und Blüthen: Der Erfinder des elektrischen Glühlichts. S. 180. – Palmsonntag in Venedig unter dem Dogen Foscari. S. 180. (Zu dem Bilde S. 176 und 177.) – Ein kühler Trunk im kommenden Sommer. S. 180. – Kleiner Briefkasten. S. 180.



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner.0 Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.0 Druck von A. Wiede in Leipzig.
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