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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893)

Arzt nach Hause. Da kam ihm ein Page mit einem Kruge Bananenwein nachgelaufen. Der „Doktori“ solle den Wein versuchen, richtete er aus, und ihm mittheilen, ob der Kaiser den Wein trinken dürfe. Der „Doktori“ kostete, sein Begleiter, ein Missionär, trank den Rest aus und die Erlaubniß wurde dem Herrscher ertheilt, da es eine leichte Weinsorte war. Aber dem Missionär bekam der Trunk schlecht, er hatte einen Anfall von Seekrankheit zu überstehen, denn Mtesa hatte das Waschwasser in den Wein gethan, um zu erfahren, ob es auch innerlich wirke.

Europäischer Branntwein kam vor Jahren den Nil aufwärts tief in das Herz Afrikas hinein. Nach den Berichten Schweinfurths gab es in den Seriben (Niederlassungen) der Sklavenjäger am oberen Nile Festtage, wenn die Spiritusfässer aus – Breslau ankamen. Die Sendungen trafen jedoch nicht immer regelmäßig ein, und so dachten die Nubier auf eine Aushilfe. Ein alter ägyptischer Beamter richtete aus Töpfen, Thonröhren u. dgl. eine recht antik aussehende Destillation ein, in der er einen abscheulichen Fusel aus Hirsekorn bereitete. Mit der Zeit fand er viel Nachahmer, und die Branntweinbrennerei blühte in den Provinzen Emins, der bitter darüber klagte, daß die treulosen Beamten das Korn zum Branntweinbrennen verwandten, während im Lande Hungersnoth herrschte.

Die Bekenner des Propheten, der den Wein verbietet, die Araber, verstehen auch in Uganda aus Bananen eine Art Schnaps zu erzeugen, ohne daß sie damit einen besonderen Erfolg bei den Negern erreichen würden, welche ihr Nationalgetränk der mohammedanischen Erfindung vorziehen.

Afrika ist demnach, wie wir aus dieser kurzen Skizze ersehen können, mit „geistigen Getränken“ hinlänglich versorgt. Zur Ausfuhr eignen sie sich nicht, aber sie haben in den letzten Jahren viele unserer Landsleute im deutschen Schutzgebiet nach schwierigen Märschen erfrischt; denen, die im Augenblick auf sie angewiesen sind, wollen wir im Geiste zurufen: „Wohl bekomm’s!“ C. F.     


Blätter und Blüthen.

Das Kaiser Friedrich-Denkmal bei Wörth. (Zu dem Bilde S. 205.) Dort, wo das bescheidene Gerinsel der Sauer die Straße von Weißenburg nach Wörth durchschneidet, an jener Stelle, wo die ersten glänzenden Waffenthaten in dem großen Kampfe um Deutschlands Einheit geschahen, dort wird sich das Reiterstandbild Kaiser Friedrichs auf hochgeschichtetem Gestein erheben.

Das Auge des Siegers von Wörth blickt über das blutgetränkte Feld. Von Weißenburg kommt er herangesprengt, scharf pariert er sein Roß auf der Felskuppe eines kräftig ansteigenden Plateaus, mit der Rechten weist er hinüber nach Fröschweiler, jenem letzten Flecken hinter Wörth, der noch genommen werden mußte, um den Sieg zu vollenden.

Genau an derselben Stelle, wo Kaiser Friedrich, damals noch „Unser Fritz“, der Kronprinz, am 6. August 1870 dem Entscheidungskampf beiwohnte – etwa in der Mitte zwischen Wörth und Dieffenbach – wird sich das Denkmal erheben, und im Herbst 1895, wenn gerade ein Vierteljahrhundert seit jener weltgeschichtlichen That verrauscht ist, wird es vollendet sein.

Der Schöpfer des Denkmals ist der Bildhauer Max Baumbach in Berlin. Der Felsblock, auf dem das Reiterstandbild sich erhebt, ist so angelegt, daß er den Eindruck erweckt, als ob er die natürliche Krönung der umliegenden Hügellandschaft wäre. Der erste Entwurf hatte noch einen stilisierten Sockel, den man aber der natürlichen Wirkung zuliebe aufgegeben hat.

Der Kronprinz ist in feldmäßiger Ausrüstung dargestellt: Infanteriewaffenrock, hohe Reiterstiefel, Kavallerieschleppsäbel, Feldmütze, den Krimstecher an der Seite. Der Ausdruck des Feldherrn ist voll gebändigter Erregung, man merkt es diesen gemeißelten Zügen an, daß der Kopf kühl überlegt, während das Herz pocht. Die Reiterfigur wird 5½ Meter hoch werden, der felsige Unterbau etwa 7 Meter, das Ganze also 12½ Meter. Roß und Reiter werden aus Bronze gegossen, der Felsaufbau wird aus dunkelrothem elsässischen Sandstein bestehen.

An der Vorderseite des mächtigen Piedestals hat der Bildhauer eine gemauerte Plattform von einfachen Linien angebracht. Zwei markige germanische Kriegergestalten, die sich die Hand reichen, stehen darauf. Das sind Nord- und Süddeutschland. Sie verbinden sich zu Schutz und Trutz vor dem Wappenschilde von Elsaß-Lothringen. Ueber diesem Wappenschilde breitet der deutsche Aar schützend seine Schwingen. Zu Füßen des Nordgermanen lehnt der alte Sachsenschild, das älteste kriegerische Symbol der norddeutschen Stämme; zu Füßen des Südgermanen kauert der bayerische Löwe.

Dieses ganze Denkmal erhebt sich auf einer gemauerten Terrasse von 42 Metern Länge und 30 Metern Tiefe. Zwei breite Aufgänge führen vom Erdboden auf die Terrasse hinauf.

Max Baumbach ist ein Schüler von Reinhold Begas. Weiteren Kreisen bekannt wurde er durch seine prächtigen humorvollen Hermen und durch seine stimmungsvolle Gruppe „Das Gebet“, welche ihm viel Auszeichnung brachte. Er ist noch ein junger Mann und gewiß noch zu manchem schönen Werke berufen.

Der Brieftaubensport. Wo sind die Zeiten hin, in welchen die Taubenpost regelmäßig die neuesten Nachrichten vermittelte, wo Brieftauben in der Kaufmannsstube, an der Börse, in der Zeitungsredaktion eine wichtige Rolle spielten? Der Telegraph machte die Taubenpost entbehrlich, und lange Jahre hindurch bildete die Zucht der Brieftauben nur eine Liebhaberei, der sich verhältnißmäßig wenige Leute widmeten. Und heute? In Deutschland allein befassen sich mit ihr Tausende von Liebhabern, der Staat besitzt seine eigenen Züchtereien, und die Zahl dieser geflügelten Boten dürfte augenblicklich bei uns gegen 100 000 betragen!

Die Belagerung von Paris bildete einen Wendepunkt in der Entwicklung des Brieftaubenwesens. Denn die Brieftauben allein wußten den eisernen Belagerungsgürtel erfolgreich zu durchbrechen und trugen hoch durch die Lüfte auf ihren Schwingen Staatsdepeschen, Privatbriefe und Postanweisungen an ihren Bestimmungsort. Seit jener Zeit hat man in allen Ländern Europas der Sache eine besondere Aufmerksamkeit zugewendet und überall hat die Armeeverwaltung sich mit den Liebhabern in rege Verbindung gesetzt; denn in Zukunft werden im Kriegsfalle auch die Tauben mobil gemacht werden.

Dem Anfänger auf diesem Gebiete fehlte bis jetzt ein zweckmäßiges, von wirklich sachverständiger Seite geschriebenes Handbuch über die Pflege und die Zucht der Brieftauben, sowie über deren Ausbildung und Verwendung zu militärischen Zwecken. J. Hoerter, der langjährige Geschäftsführer der verbundenen Vereine deutscher Brieftaubenliebhaber, hat unter dem Titel „Der Brieftaubensport“ (Leipzig, E. Twietmeyer) ein solches Handbuch herausgegeben, das auch auf weitere Kreise seine Anziehungskraft ausüben wird.

Die Naturforscher werden dem Verfasser dafür Dank wissen, daß er auch die genauere Beobachtung des Orientierungssinnes sowie des Fluges der Tauben in Anregung bringt; denn in dieser Beziehung harrt noch eine große Anzahl wissenschaftlich wichtiger Fragen ihrer Lösung. Ebenso sollten der Landwirth und der Staatsmann dieses Buch zu ihrer Belehrung zur Hand nehmen, denn unsere künftigen Depeschenträgerinnen erfreuen sich noch lange nicht des nöthigen Schutzes und sind auf Grund einer vielfach veralteten Gesetzgebung in mancher Beziehung zu sehr – vogelfrei!

Ein besonderes Kapitel ist den Bestrebungen gewidmet, welche auf Einführung der Brieftauben in den deutschen Kolonien ausgehen; das Brieftaubenhaus in Kamerun ist nach einer Photographie abgebildet. Hoffen wir, daß die rege Thätigkeit der deutschen Brieftaubenfreunde von immer besseren Erfolgen begleitet sein werde. *      

Schiller und Goethe in neuem Gewand. Die letzten Jahre haben in der „Cotta’schen Volksbibliothek“ dem deutschen Volke eine Ausgabe seiner Klassiker gebracht, die an Billigkeit nichts zu wünschen übrig ließ und den Schätzen unserer Geistesheroen den Weg auch in das bescheidenste Heim eröffnete. So hübsch diese kleinen Bändchen sind, so mußten sie sich doch in ihrer äußeren Ausstattung auf ein bescheidenes Maß beschränken, damit der Hauptzweck, ein möglichst billiger Preis, gewahrt bleibe. Um nun aber dem Geschmack derer entgegenzukommen, welche sich in ihrer Klassikerbibliothek einen kleinen Luxus leisten können, welche die Führer unserer Litteratur gern in einem recht stattlichen Gewand auf ihrem Bücherbrett sehen möchten und beim Lesen das Bedürfniß fühlen, daß alle Aeußerlichkeiten, Druck, Papier etc., gleichsam feiertägliche Stimmung verbreiten, um diesen entgegenzukommen, hat die Cotta’sche Verlagsbuchhandlung eine neue Groß-Oktav-Ausgabe von Schiller und Goethe veranstaltet, die auch einem auspruchsvollen Schönheitssinn genügt. Die einzelnen Bände ähneln denjenigen der Liebhaberausgaben, ohne doch deren Preise auch nur entfernt zu erreichen. Wir zweifeln nicht, daß die neue Ausgabe bald mancher Familienbibliothek als stattlicher Schmuck sich einreihen wird.


Kleiner Briefkasten.

(Anfragen ohne vollständige Angabe von Namen und Wohnung werden nicht berücksichtigt.)

P. Fr. in Hamburg. Mit Freuden erfüllen wir Ihre Bitte, unsere Leser darauf aufmerksam zu machen, daß Marianne Kunhardt, Lehrerin am Waisenhause zu Hamburg, ein Festspiel für Kinder unter dem Titel „Kolumbus“ verfaßt hat, dessen Reinertrag für die Cholera-Waisen bestimmt ist (Verlag von Lübcke und Hartmann in Lübeck).

Fr. Holst in Wien. Besten Dank für die uns nachträglich eingesandten 10 fl. ö. W. Wir haben dieselben alsbald an das Nothstandskomitee für die armen Weber der Grafschaft Glatz weitergesandt.

Leipzig, ohne Namen, mit 5 Mark „für den armen Unglücklichen in Freiberg“. Wir bitten um gefl. Angabe Ihrer Adresse, da wir Ihnen Mittheilungen zu machen haben.

H. Fr. in Artern. Wir sind sehr erfreut über die begeisterte Aufnahme, welche Rud. v. Gottschalls „Landwehrlied“ in der Komposition von H. Ungewitter gefunden hat. Ihre Glückwünsche geben wir gerne an den Dichter und an den Komponisten weiter.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893). Leipzig: Ernst Keil, 1893, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1893)_219.jpg&oldid=- (Version vom 16.3.2023)