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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893)

und Paläste schmückt, ist den zerstörenden Einflüssen des nordischen Klimas nicht gewachsen; härter sind die Granite und Syenite, und als man sie in der Neuzeit zu polieren anfing, vermochten sie in der That zum Theil den Marmor im Norden zu ersetzen. So entstanden die verschiedensten Granitarbeiten, welche die Bauten der Gegenwart schmücken: Säulen, Wandverkleidungen in Vorhallen, polierte Stufen und Podeste, Pilaster und Friese, die in den verschiedenen Farbenzusammenstellungen das Aüge entzücken; ferner Denkmale aller Art, monumentale Brunnen, Postamente für Standbilder und vollständige Grabmonumente.

Diese Steinindustrie entwickelte sich zuerst in Schottland, wo sie noch jetzt in hoher Blüthe steht. Schweden und Norwegen sowie Italien liefern ausgezeichnete verschiedenfarbige Granite. Die rohen Blöcke werden auch nach Deutschland verbracht und hier bearbeitet. Endlich besann man sich, daß auch in deutschen Bergen prachtvolle Felsen standen und nur auf die regsame Hand warteten, die sie in Kunstwerke umformte. Da wurde es wieder lebendig an den Abhängen des Odenwaldes; der Hammer dröhnte durch die Wälder, und an der alten Bergstraße entstanden in Bensheim und Heppenheim groß angelegte Werke, in welchen nicht nur die fremdländischen, sondern auch die deutschen Gesteinsarten zu schlanken Säulen, zu spiegelglatten Platten, zu kräftigen Sockeln gestaltet wurden. Und so herrscht in dieser Gegend nunmehr ein noch regeres Leben als zur Römerzeit, flotter und flinker nimmt der Stein die gewünschten Formen an, spiegelblanker geht er aus der Werkstätte hervor; denn die Maschine unterstützt heute mit ihren unermüdlichen stählernen Armen den Steinmetz bei seinem schwierigen Werke. Schauen wir zu, was der Mensch heute an den Felsenmeeren vollbringt, besuchen wir die deutschen Syenitbrüche im Odenwald!

Riesensäule und „Altarstein“.

Die Blöcke werden noch immer in ähnlicher Weise wie zur Römerzeit gebrochen. Entlang der gewünschten Bruchlinie des Felsens werden in einiger Entfernung voneinander Stahlkeile in eigens hierfür ausgearheitete Nuten eingesetzt und dann mit schweren Hämmern der Reihe nach so lange angetrieben, bis von Keilnut zu Keilnut ein Riß im Steine entsteht und die Trennung des Blockes erfolgt. Aber nicht immer geht diese Trennung so ganz nach Wunsch vor sich und manche beiseite geworfenen Trümmer gehen Zeugniß davon, daß die Steinrisse trotz aller Vorsicht mitunter ihren eigenen Weg gehen. Ist der Stein endlich gespalten und in roher Form vorgearbeitet, so muß er verladen und oft meilenweit aus den auf den Höhen des Gebirgs gelegenen Brüchen auf schwierigen Waldwegen nach den Werkstätten gebracht werden, eine mühevolle und nicht selten sogar gefährliche Arbeit, wenn es sich um Blöcke von 1Ü0 bis 200 Centnern Gewicht handelt!

In den Werken angelangt, wandert ein Theil der Blöcke in die Steinhütte, wo er von den Steinmetzen nach den gewünschten Formen zugehauen wird. Tüchtig geschulte Arbeiter handhaben hier den Meißel aus bestem Stahl, aber trotzdem schreitet die Arbeit nur langsam vorwärts, denn der Felsen ist gar hart. Ein anderer Theil der Blöcke wird durch Maschinen, die mit Dampf- oder Wasserkraft betrieben werden, verarbeitet.

Da ist zunächst eine Maschinensägerei, in welcher die Blöcke in Platten zerlegt werden. Man sägt Steine nicht in der Art wie das Holz. Die Steinsäge hat keine Zähne, ihr Stahlblatt hat einen ganz glatten Rand und wird nur zum Hin- und Herbewegen von Quarzsand verwendet, den man auf Stein schüttet und durch Wasserzuleitung in die Sägeschnitte führt. Neuerdings hat man vielfach den Sand durch Stahlkörner ersetzt, welche die Leistung der Steinsäge erhöhen. Freilich, blitzschnell, geht es trotz Maschine und Dampfkraft nicht vorwärts; während eines vollen Arbeitstages dringt die Säge nur einige Centimeter tief in die Felsmasse ein. Aber die Sägen arbeiten sicher, manche sind als „Vollgattersägen“ gebaut, mit dreißig und mehr Sägeblättern ausgerüstet und zerlegen die bis zu vier Meter langen Blöcke in Platten, die nur zwei Centimeter stark sind und eine Fläche von mehreren Quadratmetern besitzen. Andere, wie die „Trennsägen“, führen nur ein Sägeblatt, gehen rascher und arbeiten geschwinder.

Die also zugesägten Blöcke müssen nun ihre richtige Form, ihre Profilierung erhalten. Auch diese Arbeit wird entweder von Steinmetzen oder von Maschinen besorgt. Handelt es sich um verwickeltere Gestaltungen, so ist der Steinmetz unentbehrlich; aber für gewisse einfache Grundformen, wie für Säulen und Walzen, hat man sehr zweckmäßige Maschinen erfunden. Es sind dies Drehbänke, auf welchen durch sich drehende scheibenförmige Stahlmesser die vorstehenden Theile des Steines solange abgesprengt werden, bis die kreisrunde Form hergestellt ist.

Die Form, die man beabsichtigt hat, ist nun im allgemeinen erreicht; doch ist die Fläche des Steines noch rauh, sie muß den Schliff erhalten. Für gleichmäßige Stücke werden wiederum Maschinen benutzt, in denen das Schleifen durch rotierende oder hin- und hergehende Eisenscheiben besorgt wird. Als eigentliches Schleifmittel wird nach und nach Sand, dann gemahlener Schmirgel in verschiedenen Sorten, vom groben bis zum feinsten, geschlemmten, aufgeschüttet. Schließlich wird mit verschiedenen Poliermitteln die Fläche spiegelblank poliert, und diese Politur behält, wenn sie in der richtigen Weise ausgeführt wurde, ihren Glanz in allen Wechseln unseres Klimas.

Ein Theil der Aufgabe bleibt freilich noch immer für die Menschenhand übrig. Einzelne Theile, die sich zur maschinellen Bearbeitung nicht eignen, müssen mit eisernen Läufern, die in

Form der zu schleifenden Profile hergerichtet sind, von der Hand geschliffen und poliert werden. Zu allerletzt werden, wo dies gewünscht

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893). Leipzig: Ernst Keil, 1893, Seite 333. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1893)_333.jpg&oldid=- (Version vom 19.8.2023)