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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893)

Sloboda rungurska.

Auf den Oelfeldern Galiziens.
Von C. Forst. Mit Zeichnungen von T. Rybkowski.

Hell und klar strahlt heute das stille Licht der traulichen Petroleummape über den abendlichen Familientisch. In der Geschichte dieses Lichtes ist der 27. August des Jahres 1859 ein denkwürdiger Tag, denn an ihm wurde mittels artesischer Brunnen bei Titusville in Pennsylvanien die erste unterirdische Oelader „angezapft“, die täglich 621/2 Centner Petroleum lieferte. Dieses Ereigniß rief ein wahres „Oelfieber“ hervor, man bohrte an hundert und tausend Stellen und das amerikanische Petroleum trat einen Siegeszug an, der durch seine fabelhafte Geschwindigkeit geradezu beispiellos in der Kulturgeschichte dasteht. In kaum einem Jahrzehnt wurde in der ganzen civilisierten Welt die Petroleumlampe zur Hauslampe, die ihr ruhiges helles Licht in Palästen wie in Hütten erstrahlen ließ.

Indessen, so wunderbar auch dieser Siegeszug ist, so muß man doch, ohne die Thatkraft der Amerikaner irgendwie bezweifeln zu wollen, hervorheben, daß das Petroleum bereits geebnete Wege vorfand. Die civilisierte Welt stand inmitten einer Revolution auf dem Gebiete der künstlichen Beleuchtung, als die Ströme des amerikanischen Erdöls der Menschheit eröffnet wurden.

Versetzen wir uns an den Anfang dieses Jahrhunderts! Bereits brannte das Leuchtgas in verschiedenen Städten, die Lichtkerzen waren außerordentlich vervollkommnet; aber die Hauslampe ließ noch viel zu wünschen übrig. Man bedenke nur, daß Flach- und Runddochte erst im Jahre 1783 auftauchten, und daß erst einige Jahre darauf über die rußende Flamme der Glascylinder gesetzt wurde! Wohl waren das schon beachtenswerthe Fortschritte, aber noch war das Brennmaterial nicht genügend. Das alte Rüböl, mit dem die Lampen gespeist wurden, war nicht nur theuer, sondern stieg auch ungenügend in dem Dochte empor; man mußte darum durch besondere Einrichtungen für die Zuführung des Oels zum Dochte Sorge tragen, und die Lampen waren infolgedessen in der Handhabung unbequem.

Um jene Zeit entdeckte nun die junge chemische Wissenschaft in den sogenannten Mineralölen Hydrocarbür, Photogen und Solaröl, Beleuchtungsstoffe, die billiger waren als Rüböl, leichter im Docht emporstiegen, in einfacher gebauten Lampen brannten und mehr Licht als die bisher benutzten fetten Oele gaben. Zu Anfang der fünfziger Jahre sah man in der That in Europa und Amerika an vielen Orten Mineralölfabriken entstehen und damals wurde auch der Grund zu der bedeutenden Mineralölindustrie der Provinz Sachsen gelegt, wo Paraffin und Solaröl aus der Schwelkohle, einer Art von Braunkohle, gewonnen werden.

Inmitten dieser Umwälzung auf dem Gebiete der künstlichen Beleuchtung geschah es, daß gegen das Ende des Jahres 1848 einige Geschäftsleute aus der Umgegend von Drohobycz bei dem Apotheker P. Mikolasz in Lemberg erschienen und diesem eine schwarzgrüne, ölige, dicke Flüssigkeit, welche sie aus stagnierenden Wassern und seichten Vertiefungen geschöpft hatten, zur chemischen Untersuchung überbrachten. Damals waren Ignaz Lukasiewicz und P. Zeh als Provisoren in der Apotheke thätig und sie erkannten in der Flüssigkeit rohes Bergöl oder Petroleum.

Dieses Erdöl war ein längst geläufiges Ding. Seit uralten Zeiten quoll es ja in vielen Gegenden der Erde hervor und zahlreiche Ortschaften verdankten ihm ihre Namen; wir möchten nur an die deutschen Lokalbezeichnungen „Theerberg“, „Pechgraben“, „Oelbach“, „Pechelbronn“ u. s. w. erinnern. Auch in Galizien war es dem Volke unter dem Namen „Ropa“ seit alter Zeit bekannt, auch hier wurden Ortschaften nach ihm benannt, davon zeugen die Ortsnamen „Ropica“, „Ropianka“, „Ropagóra“, der Fluß „Ropa“ u. a. Wie in Deutschland wurde auch in Galizien das rohe Erdöl, das auf sumpfigen Wiesen, an den Ufern der Bäche oder Tümpel auf der Oberfläche des Wassers schwamm, vom Landvolke gesammelt und als Medizin für das Vieh, namentlich gegen die Räude, und als Wagenschmiere benutzt. Auch vermendete man es zum Wasserdichtmachen des Leders, und zu diesem Zwecke wurden kleinere Mengen dieses Oeles bereits in frühester Zeit aus Galizien nach Rußland verschickt.

In einigen Gegenden Galiziens kannte man seit lange auch eine einfache Art von Bergbau zur Gewinnung des Erdöls. Wie Strippelmann in seinem Werke „Die Petroleumindustrie Oesterreich-Deutschlands“ berichtet, wurden flache Gruben von 8 bls 10 Fuß Tiefe gegraben, in denen sich Wasser, zugleich aber auch auf dessen Oberfläche das aus tiefer liegenden Gesteinsschichten hervortretende Oel ansammelte.

Als nun Ignaz Lukasiewicz mit der Untersuchung des Erdöls beschäftigt war, kam er auf den Gedanken, daß diese rohe Masse gereinigt werden, daß aus ihr ein besserer Leuchtstoff als die bis dahin bekannten Mineralöle gewonnen werden könnte; er setzte

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893). Leipzig: Ernst Keil, 1893, Seite 762. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1893)_762.jpg&oldid=- (Version vom 27.1.2023)