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Verschiedene: Die Gartenlaube (1894)

Löffelpfeife aus Neuseeland.

Opiumraucher von Sumatra.

Opiumbehälter.
Opiumpfeifen.
Opiumraucher von Java.

gewählt, so geben ihnen diejenigen, die sich mit der Erzeugung von Pfeifen aus schwarzem oder rotem Thon befassen, die Form aller erdenklichen Gefäße, um die sich bei den Bakungo gewöhnlich eine Schlange ringelt (Abbildung S. 212, Nr. 6). Die zierlichsten Pfeifenköpfe oder vielmehr -köpfchen dieser Art finden sich in Timbuktu (ebenda Nr. 1). Charakteristisch für alle afrikanischen Thonpfeifen, ob schwarz, rot oder gelb, ist der Umstand, daß die vertieften Verzierungen mit einer weißen Masse eingerieben werden, wodurch sie wie bemalt erscheinen. Ein weiteres Kennzeichen der afrikanischen Thonpfeifen ist das Rohr, das sich an Kürze mit dem Rohre europäischer Cigarrenspitzen messen kann. Doch wie überall, so berühren sich auch im Lande der glühenden Sonne die Gegensätze; so haben z. B. die Wanjoro kleine Pfeifenköpfe an sehr dünnen, bis zwei Meter langen Rohren, den längsten (Vgl. S. 212 unten bei a.) Erwähnenswert ist ferner die aus einer Kokosnuß hergestellte Tabakspfeife vom unteren Kongogebiet (Abbildung S. 212, Nr. 8) sowie die Pfeife der Kassai (ebenda Nr. 12 u. 14), welche in der Weise konstruiert wird, daß ein langes aus Holz verfertigtes Horn einen becherartigen Pfeifenkopf als Aufsatz erhält. Ebenso fabrizieren die Marundscha (Nr. 17) ihre Pfeifen, nur daß der obere Teil der Rohre aus Holz, der mittlere aus Eisen und der untere aus Messingblech besteht.

Eine eigentümliche, etwa 30 cm hohe Trompetenpfeife, deren oberer Teil mit Eisendraht umwunden wird, ist bei den Bakunje am Niassasee gebräuchlich (Nr. 5); von anderen Pfeifen könnte man sagen, daß sie in Afrika. „wild“ wachsen. Sie heißen gewöhnlich „Kiko“ und bestehen aus einem bauchigen ausgehöhlten Flaschenkürbisse, dem ein Pfeifenkopf aufgesetzt wird (Nr. 9). Den Kürbis füllt man mit Wasser, den Kopf mit Tabak und saugt nun entweder an dem engen Halse des Kürbisses, oder an dem in denselben eingeführten Holzrohre. Noch eine Reihe weiterer seltsamer afrikanischer Pfeifengebilde ist auf unserer Abbildung S. 212 oben, zusammengestellt.

Die unheimlichste Erscheinung in der internationalen Pfeifengesellschaft ist zweifellos die Opiumpfeife, deren Heimat unstreitig China ist. Die, man kann ohne weiteres sagen, schreckliche Pfeife beherrscht in den mannigfachsten, auf unseren Bildern S. 213 und 214 veranschaulichten, zumal in Chinesisch-Turkestan recht seltsamen Gestalten einen großen Teil Asiens und der dazu gehörigen Inseln, besonders Java und Sumatra. Unser Bild S. 213 läßt uns einen Blick in eine chinesische Opiumhöhle thun; auf Pritschen und Bänken kauern oder liegen die bezopften Söhne des Reiches der Mitte und schmauchen das betäubende Gift von schlitzäugigen Kellnerinnen mit Thee bedient. Den unteren Rand der Zeichnung nehmen allerhand Opiumpfeifen und -behälter ein.

Wenden wir nun unsere Blicke nach dem fünften Weltteil hinüber, so finden wir, daß dessen Urbewohner der Tabakspfeife am wenigsten hold sind. Wie die Indier kauen sie Betel und rauchen Cigaretten. Die Wasserpfeife kennen sie gar nicht und der emsigste Forscher wird in Australien und den dazu gehörigen Inseln wenig mehr als die hölzerne Löffelpfeife mit Vogelknochenrohr der Eingeborenen Neu-Seelands und den gleichfalls hölzernen Nasenwärmer der Papuas von der Roon-Insel, sowie das Rauchgerät der Bewohner Neu-Guineas bemerkenswert finden (S. 212).

Chinesische-turkestanische Opiumpfeifen aus Messing und Leder (1), Bambus (2) und Horn (3). 4. Koreanische Tabakspfeife Huhka aus Metall und Holzrohr. 5. Metallpfeife aus Tibet. 6. Pfeifenetui. 7. Chinesisches Tabakspfeifchen. – Verschiedene Asiatische Pfeifen.

Das letztere heißt um Port Moresby herum „Baubau“, ist ein mehr als meterlanges Bambusrohr mit eingebrannten Verzierungen, an einem Ende offen und gleich einer Flöte mit einem Seitenloche versehen. In dieses wird eine Cigarette gesteckt und durch Saugen am offenen Ende das Rohr mit Rauch gefüllt, der sodann nach Entfernung der Cigarette aus dem Seitenloche eingesogen wird ein Umständliches, ja das umständlichste Rauchverfahren der Welt.

Als bemerkenswerte Thatsache sei hier noch angeführt, daß der Schah von Persien sich rühmen kann, die teuerste Tabakspfeife der Welt zu besitzen – eine Pfeife, die, mit den herrlichsten Edelsteinen geziert, auf nicht weniger als 1 500 000 Mark geschätzt wird. In Brüssel lebt jedoch ein Mann, der seine Sammlung von Pfeifen selbst für dieses Prachtstück nicht hergeben würde, nämlich der bekannte Sammler Kapitän Crabbe. Derselbe hat nicht weniger als 5000 Pfeifen aus allen Zeiten, Ländern und jedem nur denkbaren Material.

Student mit langer Pfeife.

Schließen wir hier unsere geschichtliche und ethnologische Rundschau. Eine sorgfältige Forschung wird noch manche Aufklärung bringen können; soviel steht aber fest, daß das Tabakrauchen als Genußmittel vor der Entdeckung Amerikas in der Alten Welt nicht bekannt war, daß es erst im 16. und 17. Jahrhundert sich ausbreitete. Auf diesem Eroberungszuge begleitete überall die Pfeife die dürren Tabakblätter. In der Neuzeit ist das anders geworden; die Tabakspfeife scheint den Höhepunkt ihrer Bedeutung überschritten zu haben und an ihre Stelle ist vielfach als ein neues Rauchgerät die Cigarrenspitze getreten. Aber diese Vorliebe für Cigarren ist vorläufig nur bei der europäisch-amerikanischen civilisierten Menschheit bemerklich, obwohl auch unter ihr – man denke nur an unsere Studenten und ihre mitunter riesigen Pfeifen – sich noch zahllose Pfeifenliebhaber befinden. Die Millionen der gelben, roten, braunen und schwarzen Menschen jenseit der Berge und Oceane rauchen nach wie vor aus Thon oder Eisen, huldigen der Weltbeherrscherin Tabakspfeife. F.-M.     


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Verschiedene: Die Gartenlaube (1894). Leipzig: Ernst Keil, 1894, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1894)_214.jpg&oldid=- (Version vom 26.6.2023)