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verschiedene: Die Gartenlaube (1894)

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Blätter und Blüten.

[Schloß Ritzebüttel]

An der Elbemündung. (Mit Zeichnungen von H. Amberg.) Hart am äußersten südlichen Ende der Elbemündung liegt die aufblühende hamburgische Stadt Cuxhaven. Mächtig streckt sich die „Alte Liebe“, die Landestelle für die aus- und einfahrenden Dampfer, mit ihrem Holzbau ins Wasser vor und bei Nacht wirft neben ihr der Leuchtturm seine glänzenden Strahlengarben hinaus über die Strommündung und das Meer. Durch die Vereinigung mit dem nahen landeinwärts gelegenen Ritzebüttel, die 1872 erfolgte, ist Cuxhaven mit einer großen geschichtlichen Vergangenheit zusammengewachsen, denn Schloß und Amt Ritzebüttel haben schon vor fünf Jahrhunderten eine Rolle in der Politik der benachbarten Fürsten und vor allem in der Hamburgs gespielt. Gerade für die Hamburger und ihren Handel war der Besitz der Elbemündung von größter Wichtigkeit; schon zu einer Zeit, da das Amt Ritzebüttel noch im selbständigen Besitz der Herren von Lappe war, errichteten sie daher auf der Insel Neuwerk einen steinernen Leuchtturm, der zugleich als Bollwerk dienen mußte. Den Herren von Lappe war wegen ihrer Räubereien diese Nachbarschaft sehr ungemütlich und sie suchten sich durch allerlei Uebergriffe und Streitigkeiten davon zu befreien. Allein Geldverlegenheiten zwangen sie bald, klein beizugeben und sogar Pfandverträge auf ihre Besitzung mit den Hamburgern abzuschließen.

Bei Cuxhaven.

Im Jahre 1393 kam es zu neuen Zwistigkeiten, in deren Verlauf Schloß Ritzebüttel von den Hamburgern erstürmt wurde. Nun war es mit der Herrschaft derer von Lappe vorbei; sie mußten 1394 mit Hamburg einen Vertrag schließen, durch den gegen eine Abfindung in Geld Schloß und Dorfschaften in den Besitz der Hansestadt übergingen. Diese hielt fest, was ihr gehörte. Zwar war sie genötigt, ihr Eigentum noch lange Zeit gegen die Freibeutereien der Nachbarn mit dem Schwerte zu verteidigen, zwar ließen die Stürme des 30jährigen Kriegs auch diesen Fleck der deutschen Erde nicht unbehelligt und zu Anfang unseres Jahrhunderts herrschte hier ein Jahrzehnt lang französische Willkür – aber durch alle diese Fährlichkeiten hindurch wußten die Hamburger das Wohl dieses ihres Besitzes immer wieder zu fördern. So blühten die beiden nun zusammengehörigen Orte Ritzebüttel und Cuxhaven fröhlich empor, und wenn dort heuer am 14. und 15. Juli das Gedenkfest der 500jäbrigen Vereinigung Ritzebüttels mit Hamburg gefeiert wird, so mag das in dem Gefühl geschehen, daß für die aufstrebende Stadt an eine tüchtige Gegenwart eine schönere Zukuust sich knüpfen wird. Möge das Schloß von Ritzebüttel, das, im 14. Jahrhundert entstanden, eine der ältesten weltlichen Bauten im nördlichen Deutschland ist, noch lange mit seinen hohen Giebeln in diese Zukunft hineinschauen!

Das verlassene Mägdlein. (Zu dem Bilde S. 385.) Es ist ein herzergreifendes Gedicht Eduard Mörikes, das unsrem Künstler die Anregung zu seinem Bilde gegeben hat, ein Gedicht, in welchem Mörike den keuschen Reiz des Volkslieds mit künstlerisch vollendeter Form zu einem köstlichen Ganzen zu verbinden gewußt hat. Wir lassen die Strophen hier folgen:

„Früh, wann die Hähne krähn,
Eh’ die Sternlein verschwinden,
Muß ich am Herde stehn,
Muß Feuer zünden.

Schön ist der Flammen Schein,
Es springen die Funken;
Ich schaue so drein,
In Leid versunken.

Plötzlich, da kommt es mir,
Treuloser Knabe,
Daß ich die Nacht von dir
Geträumet habe.

Thräne auf Thräne dann
Stürzet hernieder;
So kommt der Tag heran
O ging’ er wieder!“

Gegen die Rußplage wird seit Jahrzehnten mit verschiedene Mitteln angekämpft. Wie viele Apparate aber auch ersonnen wurden, keiner derselben kann den Anspruch erheben, eine volle Abhilfe zu schaffen. So muß man sich damit begnügen, Mittel anzuwenden, welche den Uebelstand wenigstens in erheblicher Weise mildern. Wie die Erfahrung gelehrt hat, verdient unter anderm „Löfflers selbstthätiger Ruß- und Funkenfänger“, der von der Firma Paul Lechler in Stuttgart vertrieben wird, eine besondere Beachtung. Er zählt zur Klasse derjenigen Apparate, in welchen die Rauchgase innerhalb eines geschlossenen Raumes über eine möglichst große Ablagerungsfläche geleitet werden. Dabei entledigen sie sich ihrer schweren festen Bestandteile, wie grober Rußflocken und Funken. Dem Löfflerschen Rußfänger wird nachgerühmt, daß er eine Verminderung des Zuges der Feuerung nicht bewirke, was bei anderen ähnlichen Apparaten der Fall war. Der Rußfänger wird auf den Schornstein aufgesetzt. Der Rauch muß infolgedessen durch eine Anzahl von Blechabschnitten kreisen, an welchen er seine schwersten Bestandteile absetzt, so daß er in gereinigtem Zustande ins Freie gelangt. Der auf den Wellblechen abgelagerte Ruß fällt indessen in einen Trichter und von diesem in ein unten am Schornstein angebrachtes Sammelgefäß, aus dem er in regelmäßigen Fristen entfernt wird. Der Apparat kann auf jedem Schornstein angebracht werden, und als Funkenfänger ist er auch geeignet, die Feuersgefahr zu vermindern, vor allem bei Lokomobilen und Lokomotiven im Dienst der Landwirtschaft und bei Feuerungen der Sägewerke, wo vielfach mit Sägespänen geheizt wird. Selbstverständlich kann durch eine solche Einrichtung nur eine Milderung der Rauch- und Rußplage erzielt werden, die aber bei stark qualmenden Schloten von der nächsten Umgebung schon als eine große Wohlthat empfunden werden wird. Derselbe Erfolg kann jedoch auch ohne besondere Apparate und bei den verschiedensten Rostkonstruktionen durch eine zweckentsprechende Heizung erreicht werden. Durch sachgemäßes Nachlegen des frischen Brennmaterials und dessen entsprechende Verteilung kann der Heizer die Rauchbildung in hohem Maße verhüten. Es dürfte sich darum empfehlen, mehr als dies bis jetzt der Fall war, für eine sachgemäße Ausbildung der Heizer zu sorgen, die Fabrikschornsteine zu beobachten und die Heizer, deren Feuerungen nur einen leichten Rauch zeigen, zu belohnen. Die Erfahrungen, die man bei einem solchen Vorgehen in Leipzig seitens der dortigen Polytechnischen Gesellschaft gesammelt hat, sind sehr erfreulich gewesen. Wünschenswert wäre es nur, daß weitere Kreise einem derartigen gemeinnützigen Vorgehen sich anschließen möchten. *     

Liebes ornithologische Schriften. Ein Werk, welches nicht nur die Ornithologen, sondern auch die Freunde der Natur, insbesondere der Vogelwelt, mit Freuden begrüßten, liegt nun in seiner Vollendung vor. (Leipzig, W. Malende.) Der Herausgeber, Dr. med. Karl Honnicke, ging bei der Sammlung von Liebes zerstreut erschienenen Aufsätzen von der richtigen Ueberzeugung aus, daß diese Schriften wahre Perlen der Forschung und Beobachtung enthalten, die eine weite Verbreitung verdienen. Liebe tritt uns in dem Buche als ein Mann entgegen, der mit strengem Berufsernst alles sachlich abwägt, der erst seiner Sache gewiß sein will, ehe er sein Urteil feststellt. Er verfügt über eine ganz vorzügliche Beobachtungsgabe und über ein kritisches Sichtungsvermögen, welches fast instinktiv das Wahre trifft. Freilich wäre dies nicht möglich ohne tiefe und weitgehende Kenntnis des Lebens, der Eigentümlichkeiten, Bedürfnisse und Ernährungsweisen der Vögel, ihres nützlichen oder schädlichen Verhältnisses im Haushalte der Natur. Man darf dem Herausgeber aufrichtig dankbar sein für den Dienst, den er den Freunden der Vogelwelt, den Forschern und dem Autor erwiesen hat. Adolf und Karl Müller.     


Kleiner Briefkasten.

J. G. in Venlo. Die Torgauer „Geharnischten“, welche dieses Jahr ihre 550jährige Jubelfeier begangen haben, finden Sie im Jahrgang 1884 der „Gartenlaube“ ausführlich in Wort und Bild behandelt.



Inhalt: Abend am See. Gedicht von B. Del-Pero. Mit Bild. S. 373. – Die Martinsklause. Roman aus dem 12. Jahrhundert. Von Ludwig Ganghofer (22. Fortsetzung). S. 373. – Die Jubelfeier der Universität Halle. Von Rudolf von Gottschall. S. 378. Mit Abbiidungen S. 377, 378, 379, 380 und 381. – Das Trinken auf Ausflügen. S. 382. – Die verlorene Tochter. Humoreske von Ernst Wichert (Schluß). S. 382. – Das verlassene Mägdlein. Bild. S. 385. – Blätter und Blüten: An der Elbemündung. Mit Abbildungen. S. 388. – Das verlassene Mägdlein. S. 388. (Zu dem Bilde S. 385.) – Gegen die Rußplage. S. 388. – Liebes ornithologische Schriften. S. 388. – Kleiner Briefkasten. S. 388.



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner.0 Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.0 Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1894). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1894, Seite 388. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1894)_388.jpg&oldid=- (Version vom 17.9.2023)