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Verschiedene: Die Gartenlaube (1894)

Eingang zur deutschen Ausstellung.

schließt sich ein weiteres der Kunst gewidmetes Ausstellungsgebäude. – Um all dies herum baut sich nun eine überaus große Fülle kleiner Pavillons und Häuser auf, welche den verschiedenartigsten Zwecken, meist solchen des Vergnügens, dienen. Auf Schritt und Tritt öffnen sich die gastlichen Hallen von Restaurants, Singspielhallen, Theatern etc.; von überall her schallt den ganzen Tag und die halbe Nacht hindurch eine mehr oder minder annehmbare Musik.

Betritt man das Industriegebäude durch den Haupteingang, so gelangt man zunächst in die belgische Industrieabteilung, welche für sich allein etwa den vierten Teil des ganzen Raumes einnimmt. Zur Linken der belgischen Abteilung befindet sich die deutsche, welche außerdem durch einen besonderen in unserer Abbildung dargestellten Eingang zur Seite des Hauptportals zugänglich ist; ihre Lage kann als recht günstig bezeichnet werden; aber sie ist nicht so stark beschickt, wie man es wünschen möchte. Die Ursache dafür mag zu einem Teil darin zu suchen sein, daß die praktischen Erfolge der Weltausstellug in Chicago vorläufig noch auf sich warten lassen und vielleicht erst in Jahren nicht ohne neue Opfer sich einstellen werden, zum andern Teil darin, daß die Antwerpener Weltausstellung von seiten des Deutschen Reiches keine Unterstützung genoß. Anerkannt dagegen muß werden, daß Deutschlands Vertretung diesmal besser, gewählter und gehaltvoller ist als im Jahre 1885. Das Hauptgewicht liegt naturgemäß auf denjenigen Artikeln, welche ausfuhrfähig sind. Insgesamt zählt die deutsche Abteilung etwa 500 Aussteller.

Die Anordnung der deutschen Abteilung ist gut, wenn auch infolge verspäteter Ankunft einzelner Ausstellungsgüter oder um der Raumersparnis willen eine Ineinanderschachtelung verschiedenartiger Gewerbszweige sich hier und da unangenehm bemerkbar macht.

Auf einem Gebiete sind die Deutschen in Antwerpen allen anderen Nationen überlegen, auf dem der Schiffahrt, die auf der Ausstellung zu einer internationalen Gruppe vereinigt ist. Das schönste Schaustück in Antwerpen bildet der Pavillon des „Norddeutschen Lloyd“, in welchem gleichzeitig die Ausstellung des „Vulkan“ in Stettin untergebracht ist. Im Rokokostil, in den Farben Weiß und Gold ausgeführt, hat der Pavillon eine Ausdehnung von 20 Metern Breite, 15 Metern Tiefe und 16 Metern Höhe und wird von einer Kuppel überragt. Die mittlere Halle des Pavillons nimmt ein auf Porzellan gemaltes, von Topfgewächsen umgebenes Bild des Kaisers ein, um welches einige Prachstücke der königlichen Porzellanmanufaktur in Berlin gruppiert sind. Die beiden offenen Seitenhallen enthalten eine Sammlung Modelle von Lloyd-Schnelldampfern. Eine mächtige Karte zeigt die täglichen Veränderungen in den Schiffsbewegungen der Lloydlinien, aus einer Reihe graphischer Darstellungen entnimmt man mit Staunen die gewaltigen Leistungen der großen Bremer Schiffahrtsgesellschaft, über die ein anwesender Beamter derselben jede gewünschte Auskunft giebt.

Leb nach dem alten Brauch
Behüte Kopf und Bauch


 W. Döll.


Im „Nürnberger Bratwurstglöckchen“.

Die Ausstellung des „Vulkan“ umfaßt die Modelle der kaiserlichen Jacht „Hohenzollern“, des Panzers „Brandenburg“, einiger für China gebauter Panzerschiffe sowie anderer Fahrzeuge.

In der Nähe des Lloydpavillons befindet sich die ebenfalls vorzüglich eingerichtete Ausstellung der Stadt Hamburg. Diese hat ihre Reedereien vereinigt, sie veranschaulicht außerdem in einem offenen saalartigen Raum ihre neuen Wasserwerke und ihre Hafenanlagen. Im übrigen ist die Marineausstellung ausgezeichnet beschickt und steht hinter derjenigen von Chicago in keiner Weise zurück. Alle großen englischen Reedereien sind mit Modellen ihrer Schiffe vertreten, ebenso die großen englischen Werften, darunter Armstrong Mitchell u. Komp. mit dem Riesenhalbmodell des an der syrischen Küste untergegangenen Panzers „Victoria“. Dazu treten noch eine große Reihe von Modellen für Rettungsboote, Segelboote und Wassersport überhaupt.

Auf die Leistungen der anderen Staaten im einzelnen hier einzugehen, verbietet der Raum. Im großen und ganzen geht als einheitlicher Zug durch die Antwerpener Weltausstellung, daß das Hauptgewicht seitens aller Nationen auf die für die Ausfuhr besonders geeigneten oder aber auf solche Artikel gelegt wurde, welche für den Handverkauf besonders vorteilhaft erscheinen. In hervorragendem Maße findet sich dieser letztere Zug in der französischen, österreichischen und italienischen Abteilung.

Wenn die Ausstellung so im allgemeinen ein verhältnismäßig bescheidenes, mehr auf das Praktische zugeschnittenes Gepräge

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1894). Leipzig: Ernst Keil, 1894, Seite 621. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1894)_621.jpg&oldid=- (Version vom 6.4.2024)