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Verschiedene: Die Gartenlaube (1894)

Der von Franz Hoffmann gegründete „Neue deutsche Jugendfreund“ (Stuttgart, Schmidt & Spring) liegt nun im 49. Bande vor. Er hält Schritt mit der Zeit, wie seine gediegenen farbigen Abbildungen und die Auswahl des sehr mannigfaltigen Textes beweisen. Länder- und Völkerkunde herrscht vor, auch die Mehrzahl der Erzählungen von V. Reicke, M. Wagener u. a. dient diesem Bildungsinteresse.

Für die reifere Jugend beiderlei Geschlechts berechnet ist auch der allbeliebte reich illustrierte „Jugendgarten“ der unvergeßlichen Wildermuth (Stuttgart, Union), fortgeführt von ihren beiden schriftstellerisch reichbegabten Töchtern Adelheid Wildermuth und Agnes Willms. Aus der ersteren fesselnder Erzählung „Strohfeuer“ leuchtet ein von ihrer Mutter ererbter Humor, und eine gemütliche Wärme der Darstellung macht diese echt schwäbische Geschichte auch für Erwachsene anziehend. Ernster ist das von A. Willms gegebene Lebensbild: Peter von Bohlen, welches die Jugendgeschichte eines bedeutenden Mannes auf dem trefflich gezeichneten Hintergrund der napoleonischen Eroberungsjahre interessant und spannend darstellt. „K. Th. Körner“ von Steiner, „Herder im Familienkreise“ von Neumann-Strela, „Die Akropolis von Athen“ von Cohn-Philippsohn, „Geschichte des Dampfes“ v. A. H. und verschiedene andere Artikel sorgen für angenehme Belehrung, eine Menge von Rätseln, Spielen u. dergl. ist bestimmt, den Scharfsinn zu üben und die Geschicklichkeit zu vermehren. Alles in allem: ein vortreffliches Buch, geeignet, einem ganzen Geschwisterkreis viel frohe und genußvolle Stunden zu bereiten.

Nach demselben Plan gebaut ist der Sammelband „Jugendblätter“ (München, Braun und Schneider), der gleichfalls den Namen einer berühmten Jugendschriftstellerin an der Stirne trägt. Vor 40 Jahren hat Isabella Braun die ersten der grünen Hefte herausgegeben, welche sehr bald eine weit über Bayern hinausgehende Beliebtheit und Verbreitung in ganz Deutschland erreichten. Auch ihre Nachfolgerin, Isabella Hummel, versteht es, dem Geist ihrer verewigten Freundin gemäß deren Werk weiterzuführen, es steht ihr ein Kreis talentvoller „Jugendfreunde“ als Schriftsteller zur Seite, während die reichen künstlerischen Mittel der Firma Braun und Schneider in den Textillustrationen und Tonbildern ganz Hervorragendes leisten. Der poetische Teil, Sagen, Märchenhaftes und Naturempfindung (von Franz Bonn, Fanny Frühwein, L. Hitz u. a.), nimmt einen großen Teil der prächtigen Zeichnungen in Anspruch, der Rest verteilt sich auf die sehr hübschen Erzählungen. Eine Anzahl lustiger und schwieriger Rätsel macht auch hier den Schluß der einzelnen Abteilungen aus.

Des gleichen Alters und guten Rufes erfreuen sich die beiden Unternehmen „Herzblättchens Zeitvertreib“ und das „Töchter-Album“, die Thekla von Gumpert alllährlich herausgiebt (Verlag von C. Flemming in Glogau). Das eine ist der Unterhaltung für kleine Knaben und Mädchen „zur Herzensbildung und Entwicklung der Begriffe“, das andere der heranwachsenden weiblichen Jugend „zur Bildung des Verstandes und Gemütes“ gewidmet. Beide sind mit gleicher Sorgfalt ausgestattet und illustriert. Meist alte bewährte Mitarbeiter stehen der Herausgeberin zur Seite. Im „Töchter-Album“ wird vor allem die gute Erzählung gepflegt. „Des Hauses Wahlspruch“ von Marie Petzel, „Ihr Sohn“ von Fanny Birndt und auch die andern hübschen Geschichten entsprechen ganz dem Zwecke, dem das Album dient.

Für ein noch reiferes Alter der weiblichen Jugend ist „Maienzeit, Album der Mädchenwelt“ (Stuttgart, Union) berechnet, ein auch in illustrativer Beziehung mit vornehmem Geschmack geleitetes Unternehmen, das alljährlich einen reichen duftigen Blütenstrauß poetischer Gaben jenem Teile der Mädchenwelt darreicht, der im Vollgenuß von des Lebens Maienzeit steht. Amyntor, Blüthgen, C. Hecker, Paulus, Roquette, Lingg, Gottschall, D. Saul seien von den Mitarbeitern des neuen Bandes genannt.

Vorzugsweise an die reifere männliche Jugend wendet sich dagegen „Das neue Universum“ (Stuttgart, Union), ein Prachtband mit reichem Inhalt. Was von interessanten Erfindungen und Entdeckungen in unsere Zeit eingreift, ist darin vorgeführt und mit trefflichen Abbildungen erläutert. Länder- und Völkerkunde, Verkehrswesen, Industrie, Technik, Marine- und Militärwesen, Elektrotechnik, Physik und Chemie, Naturgeschichte und Geologie liefern den Inhalt der klar und leichtfaßlich geschriebenen Artikel. Ein gescheiter Junge unterrichtet sich durch ein solches Buch ohne alle Schwierigkeit über die ihn umgebende Welt der mechanischen Wunder, die im Gespräch der Erwachsenen immer nur genannt, nicht erklärt werden. Er findet auch beim Lesen bald heraus, welcher Teil ihn besonders anzieht, und erhält dadurch vielleicht den ersten Fingerzeig für den künftigen Beruf. Für erheiternde Zerstreuung und Beschäftigung sorgt dann die Abteilung „Häusliche Werkstatt“, die eine Menge der hübschesten und unterhaltendsten Fertigkeiten und Taschenspielerkünste, gleichfalls an der Hand guter Abbildungen, lehrt.

Mögen die sämtlichen hier genannten Jugendschriften die Beachtung der Eltern finden und dann als Teil der Bescherung an dem glückseligen Weihnachtsabend recht viel junge Herzen erfreuen!


Gustav Adolf.

Ein Charakterbild zum 300. Gedächtnistage seiner Geburt.
Von Heinrich Bauer.

Dritthalb Jahrhunderte nahezu sind seit jenem traurigen Westfälischen Frieden dahingerollt, der Deutschland zu einem Schatten seiner selbst erniedrigte und unser Vaterland bis in dieses Jahrhundert hinein zum gegebenen Schauplatze aller großen kontinentalen Kämpfe machte. Nach schweren Prüfungen und nach mächtigen, das nationale Wesen im Innersten erschütternden Krisen ist unter dem Kanonendonner der großen Schlachten in Frankreich das neue Deutsche Reich in verjüngter, zeitgemäßer Form erstanden, und jene Zeiten des Dreißigjährigen Schreckenskrieges sind dadurch weit mehr, als noch vor einem Menschenalter der Fall war, in das von keiner Leidenschaft getrübte Licht der Geschichte gerückt.

In diesem Lichte aber erscheint der große Schwedenkönig Gustav Adolf, dessen dreihundertjähriges Geburtsjubiläum am 9. Dezember dieses Jahres in den protestantischen Ländern, vor allem in Schweden, festlich begangen wird und der während jenes Krieges kurz, aber so tief einschneidend in die deutschen Geschicke eingegriffen hat, weder, wie ihn der Haß der Gegner darstellte, als ein zweiter Attila, der, von brutaler Raub- und Eroberungsgier geleitet, in Deutschland einbrach, noch als ein Pastor im Soldatenkleide, der mit Heeresmacht über die Ostsee gekommen, nur um die evangelische Kirche vom Verderben zu retten und dann, vom Bewußtsein dieser guten That belohnt, wieder heimzukehren aus dem sonnigeren Süden in sein nordisches Reich. Gustav Adolfs Heldengestalt gewinnt durch eine sachliche Betrachtung nur an rein menschlichem Interesse, wie ihr denn auch keine andere jener Zeit würdig an die Seite gestellt werden kann. Sie rechtfertigt den Ruhm, den er auch in Deutschland seit dem jähen Heldentod, der ihn auf deutschem Boden ereilte, genießt. Erst nach seinem Hinscheiden nahm der Krieg jene gräßliche Gestalt an, welche die Erinnerung an ihn jeden Lichtblickes beraubt.

Das gußeiserne gotische Denkmal bei Lützen, errichtet über dem „Schwedenstein“, unweit dessen man einst den in der Schlacht Gefallenen fand, das Grabmal in der Riddarholmkirche zu Stockholm, etliche Denkmäler in Schweden und Deutschland, sowie das blutbefleckte Lederkoller, das der Schwedenkönig in der Todesschlacht von Lützen am 16. November 1632 trug und das im Arsenale zu Wien aufbewahrt wird, das sind freilich noch die einzigen äußeren Merkmale von Gustav Adolfs Heldengang, denn seine eigentlichen, auf Deutschland bezüglichen Pläne sind mit ihm selbst auf dem Lützener Schlachtfeld untergegangen. Er vermochte zwar, den zur Vernichtung des Protestantismus in Deutschlaud erhobenen Arm zu hemmen, aber eine neue Ordnung an Stelle der alten aufzurichten, blieb ihm versagt.

Gustav Adolf wurde 1594 am 9. Dezember alten Stils, nach unserer Zeitrechnung am 19. Dezember, als Sohn des Königs Karl IX. von Schweden von dessen zweiter Gemahlin, der holsteinischen Prinzessin Christina, im königlichen Schlosse zu Stockholm geboren. Wasa war der Name des Hauses, dem er entstammte; sein Großvater, Gustav I., hatte Schweden von der Thyrannei des Dänenkönigs Christian II. befreit und war von dem dankbaren Volke am 7. Juni 1523 zum Könige gewählt

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1894). Leipzig: Ernst Keil, 1894, Seite 812. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1894)_812.jpg&oldid=- (Version vom 22.9.2023)