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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895)

Nr. 7.   1895.
Die Gartenlaube.

Illustriertes Familienblatt. – Begründet von Ernst Keil 1853.
Abonnements-Preis: In Wochennummern vierteljährlich 1 M. 75 Pf. In Halbheften, jährlich 28 Halbhefte, je 25 Pf. In Heften, jährlich 14 Hefte, je 50 Pf.



Buen Retiro.

Von Marie Bernhard.

     (Schluß.)

Das plötzliche Zusammentreffen an dem verschwiegenen Platze hatte Gabriele sowohl als Röder befangen gemacht. Sie war ohne Hut und Handschuhe und hielt nur ein Schirmchen in der Rechten, mit dem sie allerlei Ringe und Kreise in den losen Sand zu ihren Füßen zeichnete. Im Haar trug sie einen Schmuck von dunklem Laub und roten Vogelbeeren, was ihr sehr hübsch und eigentümlich zu Gesicht stand. Röder sagte sich das, streifte aber mit einem finstern Blick darüber hin – wer mochte den kleinen Zweig in ihrem Haar befestigt haben?

„Ich habe einen doppelten Grund gehabt, hierherzukommen,“ fing die junge Frau endlich an. „Erstens sagten mir die Leute, mit denen die Zusammenkunft verabredet worden war, nicht im mindesten zu. Ich kannte sie nicht von früher her; wäre dies der Fall gewesen, so hätte ich mich um keinen Preis zum Mitgehen bereden lassen. Der Ton, den man dort anschlug – anfangs verlief alles harmlos, Frau Trelow flocht uns allen Kränze ins Haar –“ Hier unterbrach sich Gabriele und griff mit hastiger Gebärde nach ihrem Haar, nestelte das Blumengewinde los und warf es achtlos in das Buschwerk zu ihrer Rechten. Nun fuhr sie fort: „Aber dann – – Sie erlassen mir wohl die Schilderung! Mich trieb es um so mehr fort, als ich schon lange eine Gelegenheit herbeigesehnt hatte, Sie ungestört zu sprechen, und das war der zweite Grund, weshalb ich zurückgekehrt bin!“

„Aber wie konnten Sie das unbemerkt zustande bringen?“

„Viel leichter, als Sie glauben. Ich bin nicht sehr beliebt bei den andern, meine Gegenwart legt ihnen immer noch eine Art Zwang auf, und das ist ihnen lästig. Heute hätte man es sicher gern gesehen, wenn ich daheim geblieben wäre – ich ging mit, aus Rücksicht auf Ihre mühsam errungenen stillen Stunden, die ich Ihnen so von Herzen gönnte; denn wäre ich dageblieben, Sie hätten sich doch verpflichtet gefühlt, mir Gesellschaft zu leisten … Sagen Sie nichts dagegen, ich kenne Ihr feines und gütiges Empfinden! Nun fühlte ich mich dort grenzenlos unbehaglich, und bei den andern stieg die Lustigkeit und Ausgelassenheit mit jeder Minute, alles lärmte und tollte umher, und als nun ein Spiel veranstaltet wurde, bei dem man


Zwischen zwei Feuern.
Nach einer Originalzeichnung von P. Bauer.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Leipzig: Ernst Keil, 1895, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_101.jpg&oldid=- (Version vom 17.7.2023)