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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895)

demselben Kleinlichkeit und üble Laune herauszulesen. Seinem Leben und seiner Regierung fehlte der große Zug, die befreiende Schwungkraft. Groß in allem Kleinen, war August klein in allem Großen, ein vollendeter Philister, dem häusliches Unglück noch den Rest der Schwungkraft nahm. Fünfzehn Kinder, neun Söhne und sechs Töchter, hatte ihm seine Gemahlin, die dänische Königstochter Anna, geboren. Aber schon längst waren die Söhne bis auf einen vom Tode fortgerafft. Und dieser letzte, sein späterer Nachfolger, war schwächlich und entwickelte sich nicht nach des Vaters Wünschen. Die Erbfolge des Kurhauses stand auf diesen zwei Augen; verblichen auch diese, so fiel das Reich Kurfürst Moritzens wieder an die Ernestiner zurück. Die Stimmung, welche am Kurhofe herrschte, war daher keine erfreuliche und eine Berufung vor den Fürsten für König in diesem Falle ein Glück sehr zweifelhafter Art.

Um so überraschender ist es, daß es diesem gelang, seinen strengen Herrn zu besänftigen. Denn bald darauf gab der Kurfürst den Auftrag, König für 1000 Gulden neue Messingrohre zu liefern. Es scheint, daß man den alten das Mißlingen des Werkes zuschrieb. Geld zwar bekam König auch jetzt nicht in die Hand. Aber er konnte doch arbeiten.

Wieder verging lange Zeit. Der Jahrestag der Audienz beim Kurfürsten kam heran und immer noch war die Hebekunst nicht fertig. Und doch setzte der Kurfürst nochmals, nachdem nun König seit dem 1. Dezember 1577, also fast 7 Jahre baute und bastelte, einen Termin: zu Martini 1584 solle er endgültig fertig sein. Aber erst am 12. Februar 1585 kam der Kurfürst zu der Ueberzeugung, daß alles Zuwarten vergeblich sei. König wurde entlassen; aber er wanderte nicht an den Galgen, sondern man brachte ihn wieder mit kurfürstlichem Geschirr nach Altenburg zurück, nicht ohne ihm zu bedeuten, daß ihm, „dem verlogenen Manne, etwas anderes gebührt hätte“.

Von der kunstreichen Anlage Königs hat sich, soviel ich weiß, nichts erhalten. Tausende von Gulden waren verschwendet, ohne daß etwas Thatsächliches zustande gekommen war. Aber König schied doch sichtlich nicht als ein Betrüger. Gegen einen solchen hätte Kurfürst August gewiß strengere Saiten aufgezogen. Er erschien ihm nur als ein Mann, der sich einer Aufgabe vermaß, welche er nicht zu bewältigen vermochte. August selbst war ein viel zu guter Kenner der Mechanik jener Zeit, daß er nicht den Berechnungen des Altenburger Uhrmachers hätte im Grundgedanken zustimmen müssen. Er mochte auch erkennen, daß König selbst nicht Vorteil errungen, sondern Zeit, Hab und Gut an seiner Hebekunst verloren hatte, daß er im schlimmsten Falle ein betrogener Betrüger war.

Kopfschüttelnd sah man das große Werk mißlingen, kopfschüttelnd den für unumstößlich geltenden Lehrsatz des horror vacui in die Brüche gehen. Noch stand aber die Autorität des Aristoteles viel zu fest, als daß man an seinen Gesetzen zu zweifeln gewagt hätte.

So holte man denn wieder das Laufrad herbei, das denn auch bis zum Herbst 1871 in Thätigkeit blieb. Die auf dem Königstein festgehaltenen Militärsträflinge boten die Arbeitskraft. Die Absicht Königs, das Wasser bis zur Höhe der Festung derart zu heben, daß es in gleichmäßigem Strom fließe, blieb bisher unerfüllt. Noch jetzt hebt man es in alter Weise durch zwei an einer Leine hängende Fässer, welche durch eine Welle auf- und niedergewunden werden. Auf den Rand der Brunnenmündung sind zwei Holzrinnen gelegt; durch eine einfache aber sinnreiche Erfindung werden die oben anlangenden Fässer so gepackt, daß ihr Inhalt in die Rinnen und durch diese in ein Sammelbecken sich entleert. Jetzt hat man zwei Maschinen je zu 1½ Pferdekraft aufgestellt, welche abwechselnd die Arbeit des früheren Laufrades ersetzen und das Wasser für 300 Mann Besatzung, wie für die Waschanstalt, Küche etc. heraufschaffen. Um die Luftsäule über dem Brunnenwasser frisch zu erhalten und das Wasser selbst vor dem Dumpfwerden zu verhüten, hat man neben dem Brunnencylinder ein wesentlich schwächeres Seitenrohr eingehauen, das nach oben in einem Schornstein endigt und mittels dessen für die erforderliche Luftbewegung gesorgt wird. Nur wenn sich Ausbesserungen im Brunnen nötig machen, steigt der Brunnenmeister in einem Fahrstuhl in die Tiefe hinab, welche einst von den Seufzern der Steine brechenden Wilddiebe und des an seinem Werke verzweifelnden Kunstmeisters wiederklang.



Blätter und Blüten.



Vermißten-Liste. (Fortsetzung aus Nr. 46 des vor. Jahrgangs.)

330) Am 25. Juni 1892 verließ der zu Sommerland in Holstein am 23. September 1864 geborene Müller Hobe Jakob Johannes Claußen sein Heimwesen in Schleswig und ist seit dieser Zeit verschollen. Die Mutter ist in großer Besorgnis um ihren Sohn.

331) Der Kürschnergeselle Karl Julius Eduard Uber, geb. am 4. Juli 1867 zu Haynau in Schlesien, schrieb im Mai 1887 aus Limon in Costa Rica (Centralamerika), daß er nach Panama oder Südamerika wandern wolle. Seitdem sind weitere Nachrichten von ihm ausgeblieben.

332) Seit März 1881 hat der Seemann und Arbeiter Johann Heinrich Barthold Kuhlmann, geb. zu Harburg a. d. Elbe am 6. Aug. 1850, nichts von sich hören lassen.

333) Ein hochbetagtes Elternpaar harrt sehnsuchtsvoll seines Sohnes Ernst Louis Bierögel, geb. am 26. Febr. 1862 zu Abtlöbnitz bei Naumburg a. d. Saale. Bierögel hat als Kellner gelernt und ist etwa im Jahre 1887 nach Antwerpen, dann nach Rosario und Buenos Ayres in Südamerika gefahren.

334) Eine Schwester bangt um ihren Bruder, den zu Pottenbrunn, Nied.-Oest., am 17. Novemb. 1850 geborenen Kunsttischler Carl Braunberger, welcher im April 1885 noch in Santjago (Argentinien) lebte.

335) Die am 28. Mai 1845 zu Königsberg in Pr. geborene Schneiderin Johanna Maria Therese Nimczinowska ist am 16. Juli 1893 von Amsterdam nach London übergesiedelt, und seitdem ist jedwedes Lebenszeichen von ihr ausgeblieben.

336) Die Brüder Aug. Emil Strehle, seines Zeichens Tischler, und der Klempner Gustav Adolf Strehle, ersterer geb. am 16. April 1856, letzterer geb. am 3. Mai 1860 zu Geithain, werden vermißt. Emil schrieb aus Melbourne und im Jahre 1882 aus Sidney, Adolf 1885 aus Chicago.

337) Ein hochbetagter kranker Vater verzehrt sich in Sehnsucht nach seinem Sohn, dem Tischler Johann Heinrich Wilhelm Richter, welcher am 8. Febr. 1858 zu Cottbus geboren wurde.

338) Von ihrer Schwester gesucht wird Anna Germer geb. Schacherl, welche am 20. Mai 1850 zu Krumau in Böhmen geboren wurde und sich im Jahre 1892 zu Del Norte, Colorado, aufhielt.

339) Der Maler Karl Adolf Theodor Hoppe, geb. den 10. Juli 1853 zu Krakow, Mecklenburg-Schwerin, welcher zuletzt in Bockenheim-Frankfurt a. M. wohnte, wird von seiner Schwester um ein Lebenszeichen gebeten.

340) Im Juni 1893 verschwand aus Bockenheim, wo er am 13. Febr. 1874 geboren ist, der Schriftsetzer Johannes Eduard Zimmermann. Seine Mutter, der aus Kempten die letzte Nachricht von ihrem Sohne ward, glaubt, daß dieser nach Italien oder der Schweiz ausgewandert ist.

341) Die letzte Kunde von August Richard Roch, geb. am 19. Dez. 1874 zu Reichenbach im Vogtl., ging am 7. Januar 1891 aus Bremerhaven ein. Roch war Leichtmatrose beim Norddeutschen Lloyd; Mutter und Schwester glauben, daß er nach Australien gefahren ist.

342) Wilhelm Schulz, geb. am 20. Febr. 1852 zu Spremberg, diente 1871–1872 als Matrose in der engl. Handelsmarine, 1873–1876 in der amerikan. Kriegsmarine und war später Schaffner an der Bahnlinie San-Francisko-Sakramento. Auch an einer Nordpolexpedition nahm er teil. Sein letzter Brief kam von Santjago in Mexiko.

343) Im Jahre 1885 wohnte der Kaufmann Friedrich Louis Reißhauer, welcher am 27. Oktob. 1828 zu Pfaffendorf geboren ist, zu St. Elisabeth, Missouri, ist aber neuerdings dort nicht mehr zu ermitteln.

844) Seit den letzten Briefzeilen aus Calcutta vom Jahre 1881 ist der Seemann Carl Herrmann Dalldorf, geb. zu Erfurt am 28. Mai 1857, verschollen.

345) Die im Jahre 1868 zu Dresden geborene Weißnäherin Clara Rost hat sich im Januar 1893 aus ihrer Behausung in Dresden entfernt und ist bis heute nicht wieder gesehen worden. Die Rost trug Granatohrringe und einen Ring mit rotem herzförmigen Stein.

346) Der Schreinergeselle Philipp Schneberger, geb. am 31. März 1864 zu Staudernheim, Rg.-Bz. Koblenz, meldete sich im März 1891 beim Bezirkskommando in Oberhausen a. Rh. ab, um nach Mülheim a. Rh. zu ziehen, konnte aber dort von seinem Bruder bisher nicht aufgefunden werden.

347) Von seinem Vater gesucht wird der Seemann Otto Gustav Adolf Schwarz, geb. in Neu-Ruppin am 16. Juni 1846. Seine letzten Mitteilungen stammen vom Januar 1864 aus London.

348) Der Kaufmann Konrad Georg Wilhelm Kleber, geb. am 22. Dezemb. 1872 zu Frankfurt a. M., schrieb noch im Dezemb. 1892 eine Karte aus New York und ist dann nach Baltimore gegangen. Auf dem Austernboot, zu dessen Besatzung er gehörte, soll er vom Kapitän Dennis mißhandelt worden und in der darauffolgenden Nacht mit allen seinen Sachen vom Boot, das sich nicht weit vom Ufer befand, geflüchtet sein. Der Vater des Verschwundenen lebt der Hoffnung, daß sein Sohn ans Land entkommen und noch am Leben sei.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Leipzig: Ernst Keil, 1895, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_218.jpg&oldid=- (Version vom 17.7.2023)