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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895)

aufpacken! O, gnä’ Fräulein, wenn Sie mir doch mit Arbeit helfen könnten!“

„Ich glaube, das versprechen zu dürfen,“ antwortet Ditscha und klingelt, „gedulden Sie sich einen Augenblick.“ Der eintretenden Jungfer befiehlt sie, Hanne zu schicken, und als die resolute kleine Frau eintritt, teilt ihr Ditscha das Anliegen der Frau Bröse mit.

„So–o–o?“ fragt Hanne gedehnt. „Könnt Se denn wat? Monogrammes sticken, un so? Wissen Sie, wer nich fine Arbeit versteiht und man bloß so’n büschen prünen kann, da kriegt kein Stück nich von de Beetzener Utstür in de Hand.“

Grete zählt ihre Kunstfertigkeiten auf, sie kann Hohlsäumen und Weißsticken und präsentiert ein zu diesem Zweck mitgebrachtes Mustertuch, und diesmal wenigstens lügt sie nicht.

„Na, da kommen Sie mit, will’s ’mal versöken mit Ihnen,“ sagt Hanne, „und Ihnen ein paar Dutzend Salvjetten mitgeben.“

Grete verbeugt sich vor Ditscha und geht.

Ditscha fühlt trotz ihres Widerwillens Mitleid mit der Frau, sie hat so bescheiden gebeten und keine Andeutung gemacht an frühere Zeiten. Sie ruft ihr nach: „Wenn Sie vielleicht ein paar Mark gebrauchen, Grete –“

„O, ums Himmelswillen, gnä’ Fräulein, nein, ich danke!“ antwortet sie, und ihr gelbliches Gesicht wird wirklich rot – Ditscha hält es für Scham und entschuldigt sich, und Grete und Hanne verschwinden.

In der Wäschekammer jammert Grete über den schweren Pack, und daß es doch so enge ist im Stübchen von der Mutter, und wie es denn wäre, wenn sie hier nähen thät? Und ob Hanne nicht gnädig Fräulein vorschlagen will, wenn ihre Arbeit zur Zufriedenheit sei, daß sie, Grete, hier in der Nähstube sitzen könnt’ und arbeiten? Eine Schlafstelle fände sich ja auch wohl für sie und das Gör? –

Hanne, die Grete Busch nie hat leiden können, brummt: „Na, dato kann ick nix seggen. Hier is ’n Dutzend Salvietten, daran werden Se sich woll nich dod sleppen, un wenn se fertig sind, dann kriegen Se wedder ’was.“

Ditscha ist beim Abendessen stiller und zerstreuter als seit langer Zeit, so daß der alte Herr sie fragt, ob es einen Liebeszank gegeben habe. Sie verneint lächelnd, in der Nacht aber kommen die alten Erinnerungen furchtbar deutlich, daß sie kein Auge zuthut und ganz elend aussieht am andern Morgen.

(Fortsetzung folgt.)




Katharina Cornaro als Königin von Cypern.

Von Eduard Schulte.
(Mit dem Bilde S. 377.)

Die schöne venetianische Patrizierin, die einst die Königskrone von Cypern trug, wandelt durch die Jahrhunderte in dem verklärenden Strahlenkranz, den die Kunst für sie gewunden hat; wir wollen hier ihre Geschichte so erzählen, wie sie sich nach den neuesten Forschungen in Wirklichkeit darstellt.

Als das seemächtige Gemeinwesen der Venetianer, den Handel ausbreitend und durch befestigte Hafenplätze schützend, im östlichen Mittelmeere festen Fuß faßte, richtete es seine begehrlichen Augen auch auf Cypern. Diese reiche Insel, von Phöniziern und Griechen als Geburtsstätte und Wohnsitz der Liebesgöttin gefeiert, hatte vermöge ihrer Lage zwischen Morgenland und Abendland im Verkehrsleben der Völker früh eine glänzende Rolle gespielt. Sie war dann von den Aegyptern, den Persern, den Römern abhängig gewesen. Während des dritten Kreuzzuges, der von 1189 bis 1193 dauerte, hatte König Richard Löwenherz von England, erbittert über die feindselige Haltung des oströmischen Kaisers, diesem die Insel entrissen. Richard überließ seine Eroberung an Guido von Lusignan, der über das von den Kreuzfahrern errichtete Königreich Jerusalem geherrscht hatte, und nun bestand in Cypern für mehrere Jahrhunderte das Königtum der aus Frankreich stammenden Dynastenfamilie Lusignan. Der jeweilige Herrscher nannte sich König von Cypern, Armenien und Jerusalem. Unter dieser Herrschaft erreichte die Insel, deren Einwohnerschaft übriges zu einem Drittel aus Sklaven bestand, einen hohen Grad von Wohlstand, besonders um die Mitte des 14. Jahrhunderts; in einigen Häfen legten die Venetianer, in anderen die Genuesen Handelshäuser an, und die Genuesen bemächtigten sich sogar der cyprischen Hafenstadt Famagusta. Im Jahre 1458 starb mit Johann II. die Königsfamilie im Mannesstamm aus, und Charlotte, die einzige Tochter Johanns, bestieg nun den Thron. Der Halbbruder dieser Fürstin, ein außer der Ehe geborener Sohn Johanns, Jakob mit Namen, suchte seiner Schwester den Thron streitig zu machen und legte darum das ihm übertragene Amt eines Erzbischofs der cyprischen Hauptstadt Nicosia nieder. Als die Königin seine Verhaftung befahl, flüchtete er zu dem Sultan von Aegypten.

Um diese Zeit konnte dem venetianischen Staate, damals der ersten Seemacht im Mittelmeer, das Schicksal der Insel um so weniger gleichgültig sein, als die Türken inzwischen Konstantinopel erobert hatten und zu einer drohenden Gefahr für das Abendland wurden. Eine abendländische Seemacht, welche Cypern erwarb, gewann nicht nur wichtige Handelshäfen, sondern auch einen Stützpunkt gegen den vordringenden Islam. Gewaltthätiges Eingreifen ersparte sich der bei aller Thatkraft doch vorsichtige Senat von Venedig gern, ebenso der von ihm gebildete Regierungsausschuß, der als der „Rat der Zehn“ berühmt oder richtiger gesagt: berüchtigt geworden ist. Man wollte zunächst den Ausgang der Thronstreitigkeiten abwarten und dann seine Maßregeln treffen. Die Königin Charlotte von Cypern, die sich erst mit einem portugiesischen und nach dessen Tode mit einem savoyischen Prinzen verheiratet hatte, war außer stande, sich gegen ihren Stiefbruder Jakob zu behaupten. Mit Hilfe des Sultans von Aegypten landete er im Jahre 1460 in Famagusta, eroberte die Hauptstadt Nicosia und belagerte die Königin Charlotte mit ihrem Gatten Ludwig von Savoyen in der Seefestung Cerina. Die Königin rief vergebens den Beistand der ihr verwandten Höfe und selbst des türkischen Sultans an; sie mußte mit ihrem Gatten flüchten. Ihr Halbbruder, der dem ägyptischen Sultan einen Tribut zu zahlen hatte, herrschte fortan als König Jakob II. über Cypern. Mit ihm, der sich als der stärkere Teil erwiesen hatte, traten nun die Venetianer in freundschaftliche Beziehungen, um so mehr, als es ihm gelang, ihre Nebenbuhler zur See, die Genuesen, aus Famagusta zu vertreiben. Es wurde der Plan gefaßt, sein Interesse mit dem Venedigs dadurch zu verschmelzen, daß man ihm die eheliche Verbindung mit einer Tochter der venetianischen Adelsgeschlechter vorschlug.

Zu den fürstlichen Kaufleuten der Republik, welche Handelshäuser auf Cypern besaßen und zugleich mit der Königsfamilie befreundet waren, gehörten die Cornaro. Ein Cornaro hatte für Dienste, die er dem König Peter I. von Cypern erwiesen, von diesem das Recht erhalten, das Wappen des Hauses Lusignan in seinen Schild aufzunehmen, und der König war in den Jahren 1363 und 1366 der Gast der Cornaro in deren Palast in Venedig gewesen. Marco Cornaro gewann durch Reichtum, Ansehen und Gewandtheit Einfluß auf König Jakob II. und übte diesen Einfluß in Uebereinstimmung mit den geheimen Weisungen des Senates aus. Cornaros schöne Frau Florenza war eine Tochter des Fürsten Nikolaus von Naxos, aus dessen Ehe mit einer Prinzessin aus dem Kaiserhause der Komnenen. Cornaro und Florenza hatten acht Kinder, und als die schönste unter ihren Töchtern galt die im Jahre 1454 geborene Katharina. Als König Jakob II. nun im Jahre 1468 einen Gesandten nach Venedig schickte mit dem Auftrage, ihm eine Venetianerin zur Gattin auszuwählen, lenkte sich nicht ohne Zuthun des Vaters und des Senates der Blick des Gesandten auf diese damals vierzehnjährige Katharina Cornaro. Die Erzählung, es seien vor dem Gesandten im Dogenpalast 72 Patriziertöchter versammelt worden, unter denen er Katharina als die schönste ausgesucht habe, hat sich als eine Erdichtung erwiesen. Katharina war seit vier Jahren in einem Kloster erzogen und unterrichtet worden und trat jetzt zum erstenmal in die Oeffentlichkeit. Die feierliche Verlobung mit dem König Jakob, der sich dabei durch seinen Gesandten vertreten ließ, wurde im Juli 1468 im

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Leipzig: Ernst Keil, 1895, Seite 378. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_378.jpg&oldid=- (Version vom 21.8.2021)