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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895)

Dogenpalast mit großer Pracht gefeiert. Katharina wurde dazu von adligen Damen aus dem Palaste ihrer Eltern abgeholt. Der Doge übergab dem Gesandten einen kostbaren Ring, und der Gesandte steckte ihn im Namen König Jakobs an den Finger Katharinas. Nach der Feier kehrte das junge Mädchen in den elterlichen Palast zurück und lebte dort nach wie vor in stiller Zurückgezogenheit, wurde aber, wenn sie sich einmal auf den Plätzen oder Kanälen der Stadt zeigte, schon jetzt mit den einer Königin zustehenden Ehren begrüßt. Der Senat faßte den Beschluß, die reiche elterliche Ausstattung der Braut durch Juwelen, durch Landgüter auf Cypern und durch eine Mitgift von 100000 Dukaten von Staatswegen zu ergänzen.

Der Hochzeit stellten sich zunächst Schwierigkeiten in den Weg. Die um diese Zeit beginnenden Kämpfe Venedigs gegen die Türken verliefen meist nicht glücklich, die Insel Negroponte ging der Republik verloren. König Jakob von Cypern fing an, sich zweifelnd zu fragen, ob ein engeres Bündnis mit Venedig sich noch lohne und ob nicht eine andere Familienverbindung vorzuziehen sei. Die zahlreichen Feinde und Neider der Republik benutzten diese Stimmung, namentlich der König Ferdinand von Neapel suchte den König Jakob gegen Venedig aufzureizen. Der Senat ließ darauf den König an die Einlösung des Eheversprechens nachdrücklich erinnern und drohte im Weigerungsfalle mit Krieg. Der König gab nach, stellte sich und sein Königreich unter den Schutz des geflügelten Löwen von San Marco und sandte im Sommer 1472 drei Galeeren nach Venedig, um die Braut abzuholen. Unter großem Gepränge ging Katharina mit stattlichem Gefolge zu Schiffe; vier venetianische Galeeren gaben ihr das Geleit. Sie stand damals mit ihren 18 Jahren in der Blüte jungfräulicher Schönheit, hohe volle Gestalt, blendend weiße Hautfarbe, reiches blondes Haar, dunkle Augen und edles Ebenmaß der Züge zeichneten sie aus. Die Dichter sagteu damals: Venus, die Liebesgöttin, die einst von Cypern ausging, kehrt jetzt dahin zurück.

Die Hochzeit des Königspaares wurde unter rauschenden Festlichkeiten, bei denen man den ganzen Glanz des nun dem Untergange zueilenden Rittertums noch entfaltet sah, in Nicosia gefeiert. Acht Monate lebte Katharina an der Seite ihres Gatten, da wurde dieser, während er dem Jagdvergnügen nachgiug, von einem tödlichen Fieber befallen. Die junge Fürstin, welche Mutterhoffnungen hegte, wurde eiligst herbeigerufen und warf sich in namenlosem Schmerz an dem Sterbelager nieder. König Jakob hatte noch Zeit, ihr und ihrem Kinde das Königtum zu übertragen und einen Regentschaftsrat einzusetzen, dann starb er. Man schrieb den 6. Juli 1473.

Viele Zeitgenossen vermuteten, daß der Tod des im rüstigsten Mannesalter stehenden Fürsten kein natürlicher gewesen sei; es wurde von Vergiftung gesprochen. Die Feinde Venedigs behaupteten, die Venetianer hätten sich des Königs, dessen sie nach der Heirat nicht mehr bedurften, entledigen wollen, um durch Katharina freie Hand auf Cypern zu haben. Andere gaben den Anhängern der vertriebenen Königin Charlotte, die jetzt in Rom lebte, schuld an dem schnellen Tode, und noch andere wollten wissen, der König von Neapel habe sich an König Jakob rächen wollen, weil dieser sich nicht hatte abhalten lassen, sich mit den in Neapel verhaßten Venetianern zu verbünden. Keine dieser Beschuldigungen konnte erwiesen werden, am wenigsten die gegen den Senat von Venedig.

Im August 1473 wurde der Königin ein Sohn geboren, der nun als Jakob III. zum König ausgerufen wurde. Die Schwäche der von der Königin und der Regentschaft im Namen eines Kindes geführten Regierung ermutigte die Parteigänger der Königin Charlotte und des Königs von Neapel zu einem Aufstande, an dem sich selbst der Erzbischof von Nicosia beteiligte. Die Aufständischen gewannen in Famagusta, wo die Königin eben weilte, die Oberhand, drangen in den königlichen Palast, töteten mehrere Leute in der Umgebung der Königin, darunter ihren Leibarzt und ihren Oheim Andreas Cornaro, und raubten ihr, während sie sich und den jungen König mit Mühe in Sicherheit brachte, Juwelen, Silbergeschirr und eine Summe von 60000 Dukaten. Der Admiral oder, wie man damals noch sagte, der Generalkapitän der venetianischen Flotte, welche zum Schutze der Fürstin und ihres Sohnes nach Cypern abgeschickt worden war, kam zu spät, um diese Gewaltthaten zu hindern, konnte aber noch einige der Uebelthäter in Haft nehmen. Die am Aufstand beteiligt gewesenen natürlichen Söhne König Jakobs II., Eugen und Johann, wurden ergriffen, nach Padua geschafft und dort bewacht, entkamen aber ihren Hütern und suchten nun an fremden Höfen Hilfe gegen die Venetianer. Da starb der kleine König Jakob III. im Alter von einem Jahr, und nun sahen Eugen und Johann sich zur Erbfolge um so mehr berechtigt, als die Krone von Cypern ohnehin wiederholt an natürliche Söhne der Könige vererbt worden war, auch die Königin Charlotte erneuerte ihre Ansprüche. Um diesen Anfeindungen und Begehrlichkeiten entgegenzutreten, sandte der venetianische „Rat der Zehn“ Truppen nach der Insel, besetzte die wichtigsten Festungen und ließ die Verwaltung des kleinen Reiches durch drei venetianische Senatoren überwachen. Marco Cornaro und seine Gemahlin Florenza begaben sich mit Erlaubnis des Senates nach Nicosia, um ihrer Tochter tröstend und beratend zur Seite zu stehen. Katharina herrschte nun einige Jahre als Königin über die sagenumwobene, für die Abendländer halb märchenhafte Insel, auf der sie zugleich die schönste Frau war.

Doch die Lage, welche durch die Anordnungen des venetianischen Senates auf Cypern geschaffen worden war, erwies sich auf die Dauer als unhaltbar. Katharina sah sich in der Ausübung ihrer königlichen Machtbefugnisse mehr und mehr eingeengt. Anfangs äußerten die venetianischen Bevollmächtigten ihr gegenüber nur Wünsche und erteilten ihr Ratschläge; aber bald erließen sie Verbote und Befehle. Es ist wahrscheinlich, daß der „Rat der Zehn“ die Bevollmächtigten im geheimen angewiesen hat, der Königin das Regieren zu verleiden. Zeitweilig gingen sie darin weiter, als sie sollten, wie denn die Königin und ihr Vater in ihren an den Dogen gerichteten Briefen sich bitter über die Rücksichtslosigkeit der Senatoren beklagten. Diese zahlten ihr nicht einmal die Summe von 8000 Dukaten pünktlich aus, welche ihr von den Landeseinnahmen jährlich zufließen sollten, behinderten sie in der Wahl ihres Aufenthaltsortes und ihrer Spaziergänge und verlangten die Einsicht in alle Briefe, welche sie empfing oder abschickte. Auf ihre wiederholten Klagen sorgte der „Rat der Zehn“ für pünktliche Auszahlung des Jahrgeldes und für größere Rücksicht der Bevollmächtigten im persönlichen Verkehr mit der Königin, aber die Ueberwachung, unter der man sie hielt, verschärfte sich nur. Um die völlige Besitzergreifung der Insel seitens der Venetianer zu hintertreiben, faßten die Feinde der Republik den Plan, die junge königliche Witwe mit einem natürlichen Sohne des Königs von Neapel zu vermählen und dieses Paar unter Ausschluß der Venetianer über die Insel herrschen zu lassen. Vielleicht hat Katharina, der die Bevormundung durch die venetianischen Senatoren immer drückender wurde, dem Plan zugestimmt, eine der Frauen in ihrer Umgebung unterhielt Beziehungen zur neapolitanischen Partei. Aber der venetianische „Rat der Zehn“, der seine Spione überall hatte, erfuhr von der Sache, und nun waren die Tage der Herrschaft Katharinas gezählt. Da ihre Eltern inzwischen nach Venedig zurückgekehrt waren, sandte der Senat ihren Bruder Georg zu ihr mit dem Auftrage, sie zur Abtretung ihres Reiches an den venetianischen Senat zu überreden. Der venetianische Admiral vor Cypern erhielt gleichzeitig den geheimen Befehl, die Königin im Notfall zwangsweise nach Venedig zu schaffen.

Der 26. Februar 1489 war der Tag, an dem die Königin Katharina, den Vorstellungen ihres Bruders nachgebend, auf dem Hafenplatze von Famagusta ihrer Thronrechte feierlich entsagte. Sie überreichte dem Admiral eine venetianische Flagge, die dieser nun auf dem Platze aufhissen ließ. In demselben Augenblicke sank auf allen Festungswerken und Schiffen das Königsbanner der Lusignan für immer nieder und wurde durch das Löwenwappen der venetianischen Republik ersetzt. Am 19. März schiffte sich Katharina nach Venedig ein; schluchzend geleiteten viele Cyprioten ihre schöne blonde Königin, mit der sie ihre Unabhängigkeit verloren, bis an das Schiff.

In der Nähe von Venedig erwarteten dann Hunderte von Galeeren und Gondeln, das Staatsschiff des Dogen an der Spitze, die entthronte Königin. Glockengeläut, Geschützsalven und Beifallsrufe ertönten, als der Doge mit der in schwarzen Sammet gekleideten und mit Juwelen geschmückten Fürstin am Marcusplatze landete. In feierlicher Versammlung erklärte sie noch einmal, daß sie ihr Reich dem venetianischen Staate schenke. Nach einem Prunkmahle kehrte sie in den Palast ihrer Eltern zurück.

Der venetianische Senat ließ der Königin ihre Titel und ihr Jahrgeld und beschenkte sie außerdem mit der reichen, in den

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Leipzig: Ernst Keil, 1895, Seite 379. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_379.jpg&oldid=- (Version vom 19.5.2021)