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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895)

eigenen Lancha da, Dein Bruder muß ihm die Papiere geben. Sobald Enrique ankommt, fahren wir dann alle zusammen hinaus.“

„Nur meine Schwester und Frau Stiffings werden von Ihrer Gastfreundschaft Gebrauch machen können,“ sagte John Arlington, „ich muß leidiger Geschäfte wegen in der Stadt wohnen. Im ‚Hotel Telégrafo‘ sind Zimmer für mich bestellt, Bob bleibt bei mir.“

„O, schade,“ sagte Mercedes, „Papa hatte fest darauf gerechnet, daß ... und es ist doch viel gesünder, Sie wohnen draußen.“

Ihrem Gesichtsausdruck nach schien Fräulein Mercedes anzunehmen, daß ihr Papa es ganz ungemein schmerzlich empfinden würde, daß der Sohn eines alten Freundes nicht bei ihm im Hause wohnen wollte. John Arlingtons Antlitz aber hellte sich daraufhin merkwürdigerweise außerordentlich auf und er sagte schnell: „Wenn sich die Geschäftsangelegenheiten rasch abwickeln, erlauben Sie mir vielleicht, daß ich später noch einige Zeit hinausziehe zu Ihnen.“

Und als die junge Dame eifrig erwiderte: „Aber ja, gewiß, das ist ein sehr guter Gedanke, wir rechnen bestimmt darauf,“ da wurde sein Gesicht noch etwas vergnügter.

„Schön, abgemacht,“ schloß Johny, „dann will ich schnell das Nötige besorgen.“ Und damit verließ er grüßend die beiden jungen Mädchen, wandte sich zunächst mit Pedro, den seine junge Herrin herangewinkt hatte, nach der Luke, wo die Gepäckstücke der Passagiere aus dem Raum heraufgewunden wurden, und nachdem er dort den Diener angewiesen hatte, sah er sich wieder nach Don Antonio Carvajal um.

Als er ihn vorhin verlassen hatte, um Mercedes zu begrüßen, war der schwarzhaarige Herr mit dem spitzen Kinnbart, der unter den Mitreisenden von New York gewesen war, an den jungen Herrn herangetreten mit den Worten: „Guten Tag, Antonio, hüte Dich vor dem Yankee da. Wenn er uns sieht, kennst Du mich nicht. Vorsicht, Vorsicht, ich bin heute abend bei Dir.“

Don Antonios Gesicht war um einen kleinen Schatten gelber geworden, aber keine Muskel hatte darin gezuckt, und als John Arlington jetzt an ihn herantrat, blieb er gleichgültig an der Brüstung lehnen und schnitt die Entschuldigungen des jungen Amerikaners höchst verbindlich und ganz ruhig ab: „Aber ich bitte, Damen gehen immer vor. Namentlich, wenn sie so schön sind,“ fügte er hinzu. „Es scheint, daß ich auch darauf verzichten muß, Ihnen Wohnung in meinem Junggesellenheim anzubieten. Doch ich erkenne bereitwillig an, daß ich zurückzustehen habe.“

„Meine Schwester und Frau Stiffings werden allerdings ihre Wohnung sogleich im Cerro aufschlagen, ich aber will erst in einigen Tagen folgen. Für morgen und übermorgen habe ich mir im ‚Hotel Telégrafo‘ Zimmer bestellt, um Ihr Kontor näher zu haben.“

„Bis dahin werden wir unsere geschäftlichen Angelegenheiten vollkommen beendet haben,“ erwiderte Carvajal, sich höflich aufrichtend. „Ich bitte, jetzt sich durch mich durchaus nicht stören zu lassen. Haben Sie die Güte, sich völlig Ihren Damen zu widmen, denen mich vorzustellen ich Sie demnächst bitten werde. Morgen früh um zehn Uhr, wenn es Ihnen recht ist, werde ich mir erlauben, Sie im ‚Telégrafo‘ abzuholen.“

„Sie sind sehr gütig, ich …“ erwiderte Johny.

„O bitte, bitte,“ unterbrach ihn der Kubaner, und mit einer Verbeugung und grüßender Handbewegung zog er sich zurück.

Kurz darauf sah man ihn in seiner Lancha absegeln, allein. Johny machte seine Schwester auf ihn aufmerksam. „Das ist unser Don Antonio,“ sagte er.

„Ah,“ fiel Mercedes ein, „Don Antonio Carvajal,“ und sie setzte leise hinzu: „man spricht sehr viel von ihm in der Gesellschaft. Er soll ein wilder Spieler und Schlimmeres sein. Seit seines Vaters Tode ist es sehr arg geworden, hör’ ich. Papa fand es dringend nötig, daß einer von Euch einmal hier nach dem Rechten sähe. Das soll Johny wohl besorgen?“

„Allerdings, kleine Weisheit,“ antwortete ihr Kate, „aber wir Mädchen wollen uns darum lieber vorläufig nicht bekümmern und jetzt uns alle beeilen, ins Boot zu kommen. Euer Pedro ist mit dem Gepäck fertig. Da segelt er eben hin mit unserem Bob.“

Bald darauf stieß auch das Boot mit den Freundinnen, den beiden alten Damen und John Arlington ab und Mercedes ließ in der Bai auf und ab kreuzen, um den neuen Ankömmlingen alle Schönheiten des großartigen Landschaftsbildes zu zeigen, bis der mexikanische Postdampfer mit ihrem Bruder ankommen würde.

(Fortsetzung folgt.)




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Die Regenmacher der Neuzeit.

Von M. Hagenau.

Es giebt Wünsche des Menschengeschlechtes, die von Jahrtausend zu Jahrtausend fortleben, obwohl sie niemals in Erfüllung gegangen sind. Ein solcher Wunsch war das kühne Vorhaben, den Flug der Vögel nachzuahmen und sich in die Lüfte emporzuschwingen. Jahrtausendelang wurde an der Lösung dieser Aufgabe ohne den geringsten Erfolg gearbeitet und die „Verständigen“ schauten mit aufrichtigem Mitleid auf die Schwärmer herab, die ihre ersten Flugversuche gleich dem Ikarus der Sage mit ihrem Leben büßen mußten. Aber die jahrtausendelange Arbeit des Menschengeschlechtes hat doch Früchte gezeitigt, und es unterliegt heute keinem Zweifel, daß einmal eine Zeit kommen wird, in der geflügelte Menschen und das lenkbare Luftschiff sicher durch die Lüfte kreuzen werden. Ja, der Mensch, der Beherrscher von Land und Wasser, schickt sich an, auch das Luftreich zu erobern! Ein anderer uralter Wunsch des Menschengeschlechtes geht noch weiter. Der Mensch möchte auch den Wolken, die da hoch am Himmelszelt jagen, gebieten, das ewig wechselnde Wetter regeln, Regen und Sonnenschein nach Belieben verteilen! Im Laufe der Jahrtausende ist dieser vermessene Wunsch ein frommer, unerfüllbarer geblieben, aber trotzdem hat er an seiner das Innere des Menschen bewegenden Gewalt nichts eingebüßt; denn auch am Ende des neunzehnten Jahrhunderts beschäftigt man sich lebhaft mit der Kunst, Regen zu machen. Der Erfolg ist auf diesem Gebiete bisher völlig ausgeblieben, aber ein Fortschritt ist doch zu verzeichnen; man hat im Laufe der Jahre der Natur so viele Rätsel abgelauscht, hat auch die Natur des Regens besser erkannt und man ist in der Lage, über den Wert vieler der vorgeschlagenen Mittel ein sicheres Urteil abzugeben. Dadurch ist es uns möglich geworden, die Erörterungen über das Regenmachen zweckmäßiger zu gestalten, und in diesem Sinne möchten wir heute auch den Lesern der „Gartenlaube“ einen Ueberblick über die Bestrebungen der modernen Regenmacher bieten. Zunächst aber müssen wir uns vergegenwärtigen, wie der natürliche Regen zustande kommt.

Der allgemeine Kreislauf des Wassers auf Erden ist jedem aus der Schule bekannt: das Wasser der Meere, Seen, Teiche, Flüsse etc. verdunstet und zerteilt sich als Wasserdampf in der Atmosphäre, hier verdichtet es sich zu Nebel und Wolken und fällt wieder als Tau, Regen, Schnee oder Hagel zur Erde. Wie kommt es aber, daß nicht jede Wolke Regen bringt, wie kommt gerade diese Naturerscheinung zustande? Das sind Fragen, die schon ins Einzelne gehen, nicht in jeder Schule erläutert werden und darum auch nicht allgemein bekannt sind. Und doch muß man über diese Fragen eine gewisse Klarheit erlangt haben, bevor man daran geht, Pläne zur künstlichen Erzeugung des Regens zu entwerfen.

Von Bedeutung ist es für unsere Zwecke zunächst, die Beziehungen der Luft und des Wassers zu einander kennenzulernen. Was geschieht, wenn ein Wassertropfen vor unseren Augen verdunstet? Das tropfbar flüssige Wasser verwandelt sich in gasförmiges Wasser, in Wasserdampf, der sich in der Luft zerteilt. Dieser Wasserdampf ist aber völlig klar und durchsichtig und durchaus verschieden von den weißen Wölkchen, die dem kochenden Wasser entsteigen, und die wir im gewöhnlichen Leben Wasserdampf nennen.

Das Vermögen der Luft, Wasserdampf aufzunehmen, ist jedoch beschränkt. In einem Kubikmeter Luft kann sich nur eine bestimmte Menge Wasser in Dampfform auflösen, und zwar hängt diese Menge von der Wärme der Luftmasse ab. Durch genaue Versuche hat man ermittelt, daß 1 cbm Luft bei 0° C. höchstens 4,9 g Wasser aufnehmen kann; ist dies geschehen, dann hört die Verdunstung auf. Je wärmer nun die Luft ist, desto mehr Wasserdampf vermag sie aufzunehmen, so ist sie z. B. bei + 15° C. erst dann gesättigt, wenn in 1 cbm 12,8 g Wasser verdampft sind, und

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Leipzig: Ernst Keil, 1895, Seite 384. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_384.jpg&oldid=- (Version vom 15.5.2021)