Seite:Die Gartenlaube (1895) 708.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1895)

Berlin SW, Hallesche Str. 20. III. Den Vorstand des Vereins bildet außer Frau Mathilde Weber in Tübingen und Frau Schepeler-Lette in Berlin eine Reihe hochangesehener Frauen und Männer, welche die Notwendigkeck einsehen, den außerhalb der Dienstbotenversicherung stehenden häuslichen Arbeitskräften einen Zusammenschluß zur Sicherung ihrer Zukunft zu ermöglichen und anderseits den Hausfrauen eine Gelegenheit zu schaffen, um gut empfohlene, tüchtige und solide Leute zu bekommen. Bis jetzt ist die Mitgliedschaft vorwiegend von solchen in Anspruch genommen worden und die Hausfrauen haben sich erst in geringer Zahl gemeldet, so daß vorderhand mehr Angebot als Nachfrage ist. Dies wird sich ändern, wenn der Verein bekannter wird und wenn, wie es in Bonn und Tübingen bereits geschehen ist, die Frauen der einzelnen Städte zu Lokalvereinen zusammentreten.

Ausführliches über Ziele und Zwecke des neuen Vereins ist zu finden in einem vortrefflichen Schriftchen von Mathilde Weber: „Unsere Hausbeamtinnen“ (Berlin, Oehmigke), in welchem mit der der Verfasserin eigenen klugen und gemütvollen Darstellung die großen Schäden und Mängel des bisherigen Zustandes, sowie die sichere Abhilfe im Fall recht allgemeiner Beteiligung, nachgewiesen werden. Wir hoffen, durch diesen Hinweis der Ausbreitung des Vereins zu dienen, dessen grosser Nutzen für alle Beteiligten wohl außer Zweifel steht. Bn.     

Kunst auf der Straße. Der Verein zur Förderung des Fremdenverkehrs in Dresden hat sich im Laufe dieses Jahres bedeutend erweitert und sich weitere Ziele gesteckt als bisher. Er hat unter anderm einen Kunstausschuß gebildet, dem eine Anzahl kunstgebildeter Herren angehört. Dieser Ausschuß hat außer zahlreichen anderen Plänen auch den gefaßt, von Zeit zu Zeit Wettbewerbe für die „Kunst auf der Straße“ zu veranstalten. Er hat damit zum erstenmal am diesjährigen Sedantage begonnen, indem er die Hausbesitzer Dresdens aufforderte, an diesem Tage ihre Häuser festlich zu schmücken, und die Veranstalter der hervorragendsten künstlerischen Hausausschmückung durch metallene Ehrentäfelchen auszuzeichnen versprach. Der Kunstausschuß des genannten Vereins wollte durch dieses Preisausschreiben im Verein mit einem zweiten in doppelter Hinsicht kunstfördernd wirken, indem er einmal die landläufige Hausausschmückung auf eine höhere künstlerische Stufe heben, anderseits für Dresden zur Wiedererweckung der Medailleurkunst beitragen wollte. Bekanntlich steht die Medailleurkunst in Deutschland gegenwärtig auf sehr tiefer Stufe, während sie in Frankreich durch Roty, Charpentier u. a. zu hoher Blüte gekommen ist. Dresden war am verflossenen Sedantage in umfassender Weise geschmückt, an dem Wettbewerb des „Fremdenvereines“ hatten sich 19 Haus- und Ladenbesitzer beteiligt. Der Kunstausschuß beschloß, die Dekorationen des Viktorienhauses (Hofjuwelier Mau), des Hotels zu den vier Jahreszeiten (Wilhelm Heinze) und der vier Schaufenster des Band- und Seidenhauses von Carl Schneider durch Ehrentäfelchen auszuzeichnen, dem Hotel Deutscher Herold und der Möbel- und Dekorationsfirma Hartmann und Ebert (Vertreter der Möbelfabrik von Schöttle in Stuttgart) je eine ehrenvolle Erwähnung zu gewähren. Wir geben eine Abbildung des Viktoriahauses in seinem Festschmuck. Dieses Haus ist eines der schönsten neueren Bauwerke Dresdens in deutscher Renaissance; es wurde auf Wunsch des kunstsinnigen Besitzers von den Architekten Lossow und Viehweger nach dem Gewandhause zu Braunschweig und zwar durchweg bis aufs kleinste nur in echtem Material erbaut und seine Giebelschauseite war am Sedantage nach einheitlichem künstlerischen Plane von unten bis oben mit Fahnen, Ranken, Palmwedeln etc. geschmückt, ganz besonders prachtvoll aber am Abende mit Tausenden von Gasflämmchen erleuchtet. – Der Kunstausschuß des Dresdener „Fremdenvereins“ wird seine Wettbewerbe für die Kunst auf der Straße fortsetzen und zunächst solche für Schaufensterdekoration, wozu nur die Ware des betreffenden Hauses verwendet werden darf, eröffnen.P. Sch.     

Das Viktoriahaus in Dresden im preisgekrönten Sedanfestschmuck.

Verdaulichkeit der Fette. Das Fett zählt zu den unentbehrlichen Nahrungsstoffen des Menschen; aber nicht jedes Fett ist uns gleich bekömmlich. Das eine Fett ist leichter, das andere schwerer verdaulich, und verschiedene Fettspeisen können den Magen gründlich verderben. Einige Regeln über die Bekömmlichkeit der verschiedenen in unserer Küche verwendeten Fette dürfte somit vielen willkommen sein. Zuvörderst ist der Grundsatz aufzustellen, daß tierische Fette leichter zu verdauen sind als pflanzliche. Unter den tierischen steht obenan die frische Butter, sie wird von dem Magen am leichtesten bewältigt und am besten vom Körper ausgenutzt. Nächst ihr ist eine gut bereitete Margarine zu nennen. Für die anderen tierischen Fette gilt die Regel, daß sie um so leichter verdaulich sind, je leichter sie beim Erwärmen flüssig werden. Fette, die bei der Bluttemperatur fest bleiben, wie Stearin, sind völlig unverdaulich. Die Verdaulichkeit aller Fette wird durch Erhitzen beeinträchtigt, denn alsdann bilden sich allerlei brenzlige Stoffe, welche die Verdauung erschweren und den Magen reizen. Noch schlimmer beeinflussen den Magen ranzig gewordene Fette, die vielfach geradezu gesundheitsschädliche Stoffe enthalten, und es ist dabei zu beachten, daß pflanzliche Fette leichter verderben als tierische. Daraus folgt, daß man nicht immer die gewünschte Rechnung findet, wenn man bekömmliche tierische Fette durch schwer verdauliche Pflanzenfette und -Oele ersetzt. Die gemachte Ersparnis muß oft der Magen mit schweren Leiden bezahlen. *      

Ein Sträußchen! (Zu dem Bilde S. 689.) Hundertmal schon hat man über die verwünschte Bettelei gewettert, die einen nirgends zur Ruhe kommen läßt, hundertmal dargethan, welcher wirtschaftliche und moralische Verderb aus diesem Herumlungern der jungen Mädels entsteht, und ebenso oft auseinandergesetzt, wie man es macht, um sie gründlich abzuschrecken. Und wenn dann plötzlich so ein kleines Ding vor einem steht, das mit hübschen bittenden Augen und einem lachenden Mund sein Sträußchen hinhält – da greift man eben doch in die Tasche und holt, durchdrungen von der Verwerflichkeit einer solchen Handlung, sein Nickelstück heraus. Bis die Veilchen aber im Knopfloch befestigt sind, hat man das so notwendige „Abschrecken“ auch noch versäumt, denn nun ist die Kleine fort und nur von fernher tönt es noch: „Ein Sträußchen, ein Sträußchen!“ Br.     

Danke schön! (Zu dem Bilde S. 697.) Was zuviel ist, ist zuviel! Zwei große Tassen hat das Roserl, das mit der Mutter auf Besuch zur „Döte“, der Patin, kam, sich herrlich schmecken lassen und zwei dicke Stücken Kuchen dazu. Es könnte, wenn’s gerade drauf ankäme, noch ganz gut eine dritte zwingen, aber nein! … auch auf dem Dorf giebt es eine Etikette, und die Mutter hat ihr Töchterlein frühzeitig darin unterwiesen. Deshalb kann sie jetzt ruhig dabei sitzen und braucht kein Wörtlein zu sagen, das Roserl wehrt sich, trotz allen dringenden Zuredens der guten Döte, aus Leibeskräften und wird in diesem Wettkampf der Höflichkeit Sieger bleiben. Es ist ein hübsches Stückchen Dorfleben, das hier der Künstler dem Betrachter vor Augen stellt, anheimelnd durch die Sauberkeit des einfachen Stübchens und glücklich in der Charakteristik dieser kleinen Kaffeegesellschaft, die nach der Wochenarbeit hier am sauber gedeckten Tisch so vergnügt beisammen sitzt. Bn.     

0


Inhalt: Die Lampe der Psyche. Roman von Ida Boy-Ed (1. Fortsetzung). S. 689. – Ein Sträußchen! Bild. S. 689. – Puppentheater am Hofe Margaretens von Oesterreich. Bild. S. 692 und 693. – Handwerker von Stande. Von Rudolf Kleinpaul. S. 696. – Danke schön! Bild. S. 697. – Sturm im Wasserglase. Roman aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts. Von Stefanie Keyser (7. Fortsetzung). S. 699. – Ein Herbstmorgen am Rhein. Gedicht von Emil Rittershaus. S. 705. – Zwei Ehrentage eines deutschen Reiterregiments. Die 11er Husaren bey Ligny und Vionville. Von E. Dörffel. S. 705. (Mit den Bildern S. 700 und 701.) – Blätter und Blüten: Unser Aufsatz „Der Seemannsberuf“. S. 707. – Mehr deutsch – bitte! S. 707. – Puppentheater am Hofe Margaretens von Oesterreich. S. 707. (Zu dem Bilde S. 692 und 693.) – Ein Verein für Hausbeamtinnen. S. 707. – Kunst auf der Straße. Mit Abbildung. S. 708. – Verdaulichkeit der Fette. S. 708. – Ein Sträußchen! S. 708. (Zu dem Bilde S. 689. – Danke schön! S. 708. (Zu dem Bilde S. 697.)


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Leipzig: Ernst Keil, 1895, Seite 708. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_708.jpg&oldid=- (Version vom 17.4.2024)