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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895)


Genuß derselben selbst in kleinen Mengen wohl geeignet ist, Schädigungen der Gesundheit hervorzurufen. Darum sollte die Hausfrau, die Kupfergeschirr benutzt, stets darauf achten, daß es mit peinlichster Sorgfalt gereinigt werde. Bleiben nämlich im Kupfergeschirr auch nur kleine Speisereste übrig, so bilden sich an den Gefäßwänden Kupfersalze, die beim Benutzen des Topfes zum Kochen in dem zur Speisebereitung bestimmten Wasser sich auflösen; ferner ist das Kupfergeschirr völlig ungeeignet, um in ihm saure und salzige Gerichte selbst kürzere Zeit aufzubewahren; die Speisen sollen in demselben nicht länger verbleiben, als es gerade zum Kochen nötig ist.

Seit emiger Zeit ist Nickelgeschirr in die Küche eingeführt. Ueber seine Gefährlichkeit sind die Meinungen geteilt. Nickelsalze sind wohl giftig, wie alle Metallsalze, aber verhältnismäßig wenig gefährlich, da sie von dem gesunden Darm in die Blutbahn nicht aufgenommen werden. Vergiftungen von Menschen durch Nickel sind bislang unseres Wissens nicht bekannt geworden. Trotzdem ist die Verwendung von Nickelgeschirr zu Kochzwecken in manchen Staaten verboten. Wo sie erlaubt ist, sollte die Hausfrau, die an dem schönen und dauerhaften Geschirr Gefallen findet, dieselben Vorsichtsmaßregeln wie beim Kupfer anwenden.

Auch das Eisen im Kochgeschirr kann zu Klagen in hygieinischer Beziehung Anlaß geben. Wird in eisernen Töpfen die Emaille rissig, so wird das Eisen bloßgelegt und wie alle anderen bisher erwähnten Metalle von den Speisen aufgelöst. Geht nun viel Eisen in die Nahrung über, so kann es wohl vorkommen, daß dadurch Magen- und Darmbeschwerden verursacht werden. Zu ernsteren Erkrankungen kommt es aber in diesem Falle nicht.

Am wenigsten schädlich dürften für die Gesundheit die Aluminiumsalze sein. Man kann darum gegen Verwendung des Aluminiums zu Kochgeschirr vom hygieinischen Standpunkte nichts einwenden. Es sei noch schließlich bemerkt, daß auch Zinn und Zink zu Vergiftungen Anlaß geben können. Dies geschieht aber nur dann, wenn Nahrungsmittel, die Säuren oder Salzlösungen enthalten, wie z. B. verschiedene Konserven, lange Zeit in verzinnten Gefäßen verbleiben, so daß in der Speiseflüssigkeit größere Mengen Zinn aufgelöst werden. Bei der üblichen Benutzung von Kochtöpfen kommen jedoch solche Gesundheitsschädigungen schwerlich vor.

Wir ersehen aus dieser kurzen Rundschau, daß das Kochgeschirr an sich die menschliche Gesundheit mitunter bedrohen kann, daß aber dank den Fortschritten der Technik und der Aufsicht der Behörden diese Gefahren gegen früher geringer geworden sind. Die Hausfrau und die Köchin können ihrerseits Weiteres zur Abschwächung dieses Uebelstandes beitragen, wenn sie nur in Metallgeschirr und irdenen Topfwaren kochen, sich der größten Reinlichkeit befleißigen und zum Aufbewahren von Speisen Gesäße aus Porzellan oder Glas benutzen.

Sehr wichtig ist aber ferner die im Laufe der Untersuchungen gewonnene Erkenntnis, daß viele Vergiftungen und Erkrankungen, die man früher auf Metallgifte der Töpfe zurückführte, in Wirklichkeit durch verdorbene oder zersetzte Speisen verursacht wurden. Darauf sollte man in weiten Kreisen des Volkes, mehr als dies bis jetzt der Fall war, die Aufmerksamkeit richten. Die Hausfrauen sollten Speisereste nicht zu lange aufbewahren und, wenn sie einmal verdorben sind oder einen „Stich“ bekommen haben, sie nicht mehr verwenden. Man sucht ja solche Reste durch Klärmittel und Aufkochen zu verbessern. Wohl vertreibt man dadurch vielfach den üblen Geruch, aber nicht immer werden dabei die Gifte zerstört, die sich inzwischen in den Speisen gebildet haben. Dann hat der Genuß solcher Gerichte oft üble Folgen, und wenn es glücklicherweise nur selten zum Schlimmsten kommt, so sind doch leichtere Erkrankungen, wie Magen- und Darmkatarrhe, sehr oft Folgen solcher Mißgriffe in der Küche.


Lehren und Lernen im Blindeninstitute.

Von J. Mohr, Direktor der Provinzial-Blindenanstalt in Hannover. Mit Illustrationen von Colanus.

„O, eine edle Himmelsgabe ist
Das Licht des Auges – Alle Wesen leben
Vom Lichte, jedes glückliche Geschöpf –
Die Pflanze selbst kehrt freudig sich zum Lichte.
Und er muß sitzen, fühlend, in der Nacht,
Im ewig Finstern – ihn erquickt nicht mehr
Der Matten warmes Grün, der Blumen Schmelz,
Die roten Firnen kann er nicht mehr schauen –
Sterben ist nichts – doch leben und nicht sehen,
Das ist ein Unglück – Warum seht ihr mich
So jammernd an? Ich hab’ zwei frische Augen
Und kann dem blinden Vater keines geben,
Nicht einen Schimmer von dem Meer des Lichts,
Das glanzvoll, blendend mir ins Auge dringt.“


So klagt Melchthal, als er die Nachricht erhält, daß sein alter Vater von dem tyrannischen Landenberger geblendet worden ist. Und wir, wir fühlen den tiefen Jammer mit; wir sind noch im Besitz der edlen Himmelsgabe; aber wir zittern bei dem Gedanken, daß irgend ein Unglück uns oder eins der Unsern blind machen könne.

Und es giebt schon so viel Blinde in der Welt. In Deutschland kommt im Durchschnitt auf etwa 1100 Sehende ein Blinder, in Norwegen einer auf 737, in Aegypten gar auf 300 Sehende ein Blinder. – Gottlob, daß unsere Zeit, die fälschlich des engherzigsten Materialismus so sehr angeklagte Gegenwart, sich dieser Unglücklichen mehr und mehr annimmt, daß wenigstens in allen kultivierten Staaten die Fürsorge und Teilnahme für die Blinden immer reger wird.

Es sind jetzt mehr als hundert Jahre, daß in Paris die erste Blin- denunterrichtsanstalt durch den edlen Valentin Hauy im Jahre 1784 eröffnet wurde. Der Anlaß hierzu war folgender. An einem öffentlichen Orte sah Hauy täglich 10 blinde Bettler, die höchst erbärmlich musizierten und, um dennoch Zuhörer anzulocken, sich selbst lächerlich herausgeputzt hatten. Der eine unter ihnen, als Midas mit langen Ohren und einem Pfauenschweife auf dem Rücken, sang, die übrigen begleiteten, äußerst burlesk gekleidet, mit hohen spitzen Mützen auf dem Kopfe und großen Brillen von Pappe ohne Gläser auf der Nase; selbst die Noten, welche vor ihnen lagen, sollten noch das Lächerliche erhöhen. Durch diesen Anblick aufs lebhafteste ergriffen und empört, faßte Hauy den Entschluß, durch Unterricht und Erziehung eine geistige Hebung der Blinden anzustreben. Da er sah, daß die Blinden die ihnen geschenkten Geldstücke an dem Gepräge unterschieden, kam ihm der Gedanke an die Möglichkeit, den Blinden zum Lesen einer tastbaren erhabenen Schrift verhelfen zu können. Das Beispiel Hauys fand überall Nachahmung; heute sind auf der ganzen Erde in civilisierten Staaten etwa 170 Blindenanstalten vorhanden, wobei Deutschland allein deren 33 und Oesterreich-Ungarn 13 besitzt. Und fast alle diese Stätten, in welchen das harte Los der unglücklichen Blinden in so hohem Maße gemildert wird, sind von der Privatwohlthätigkeit gestiftet; sie zeugen beredt von der echte Nächstenliebe und Barmherzigkeit, die unser Jahrhundert durchdringen.

Turnunterricht.

Bezüglich der Aufgabe, welche zu lösen die Blindenanstalt bestrebt sein muß, hat sich im Laufe der Zeit die Auffassung, wie es begreiflich ist, bedeutend geändert. Zwar erkannte

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Leipzig: Ernst Keil, 1895, Seite 732. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_732.jpg&oldid=- (Version vom 21.7.2023)