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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895)


Tänze der Südseeinsulaner.

Von C. Falkenhorst.0 Mit Illustrationen von F. Müller-Münster.

Zum Tanz! Ertönt diese Aufforderung, wie schlagen da alle jungen Herzen, gleichviel ob sie unter weißer, gelber, roter oder schwarzer Haut verborgen sind! Die Tanzlust ist ja dem Menschen angeboren und der Tanz bildet zweifellos die urälteste aller Belustigungen. Man springt auf vor Lust und Freude, das gilt von dem civilisiertesten und von dem wildesten Menschen – ja, der Wilde, das Naturkind, ist noch mehr als der von des Gedankens Blässe angekränkelte Kulturmensch zum pantomimischen Ausdruck seiner Gefühle geneigt. Darum ist der Tanz um so mehr beliebt, je mehr ein Volk auf der untersten Stufe der Entwicklung geblieben ist. Naturvölker schwärmen bei weitem mehr fürs Tanzen als die Träger der Kultur!

Es ist geradezu erstaunlich, wie viel z. B. in unseren afrikanischen Kolonien getauzt wird. Ein Tanzverbot würde dort zweifelsohne eine Revolution hervorrufen. Der Afrikaner braucht nicht einmal einen besonderen Tanzboden, um seinen Ball zu arrangieren; er tanzt auf jedem Terrain, und wenn die Karawane den ganzen Tag über marschiert und schwere Lasten geschleppt hat, so tritt die Mannschaft des Abends im Lager zu frohem Tanz zusammen. Die rhythmische Bewegung erquickt ihr die müden Glieder.

Auch in dem fünften Weltteil und auf den Inseln, die so zahlreich über den Stillen Ocean wie Sterne am Himmel ausgesät sind, nimmt der Tanz im Leben der Eingeborenen einen höchst wichtigen Platz ein. Und wie auf den verschiedenen, oft weit voneinander getrennten Inseln sich ganz eigenartige Sitten ausgebildet haben, so sind auch die Tänze einzelner Volksstämme einander nicht gleich.

Man begegnet unter den Südseeinsulanern einer schier unermeßlichen Fülle von Tanzweisen und ein Ballettmeister, der dort von Insel zu Insel eine Studienreise machen wollte, würde seine Freude an den fröhlichen Leuten haben und manchen Stoff für ein nettes Ballett heimtragen. Die Eingeborenen suchen ja alles mögliche durch Tänze zu verherrlichen. Obenan steht der Tanz natürlich im Dienst der Minne; die Liebessehnsucht, das heiße Werben, das kokette Fliehen – sie werden realistisch derb oder auch mit feineren, verschämten Gesten in den meisten dieser Tänze wiedergegeben. Man schwingt dort aber den Körper auch im Dienste des harten Kriegsgottes und in wildem Aufputz vollführeu die Krieger „schreckenerregende“ Aufzüge. Selbst im Angesichte des Todes pflegt man in jenen Ländern zu tanzen. Wundersame Tänze bilden oft einen Bestandteil der Begräbnisfeier. Daß bei solchen Gelegenheiten die Wilden Larven aufsetzen und regelrechte Maskeraden aufführen, ist nicht zu verwundern, ist doch unser europäischer Mummenschanz ein Erbstück aus alter Zeit, in welcher unsere Vorfahren gleichfalls noch ein Naturvolk waren. Maskentänze stehen häufig mit dem Dämonenkultus in Verbindung, werden von Priestern geleitet und die Volksmenge erfährt dabei, wie etwa die Teufel aussehen. Die Südseeinsulaner sind aber heitere Menschen und sie kennen auch lustigere Maskeraden, bei denen man kein Gruseln empfindet, sondern herzlich lachen kann. Scenen aus dem Tierleben bieten einen dankbaren Stoff für derartige Ballette. Da erscheinen das Känguruh oder der Kasuar, der Hund und das Schwein auf der Schaubühne. Auf manchen Inseln kennt man einen Rattentanz, der den flinken Nagern abgelauscht wurde, auf anderen wieder stehen Hahnentänze im Flor, in welchen komische Scenen aus den auch dort üblichen Hahnenkämpfen wiedergegeben werden.

Damit ist die Mannigfaltigkeit der australischen Tanzvergnügungen noch lange nicht erschöpft. Die Südseeinsulaner haben der Terpsichore alle möglichen Künste abgelaunscht. So kann man dort Solotänzer und Solotänzerinnen sehen, die im Kreise der Zuschauer und Kritiker ihre Fertigkeit entwickeln und bis zur Atemlosigkeit sich einen rauschenden Beifall zu ertanzen suchen. Auch Paare treten dort zum Reigen an und sehr beliebt sind die bei einem rhythmischen Gesang ausgeführten Gruppentänze. Neben würdigen Gehtänzen gewahrt man auch allerlei tolle Hüpferl, gegen die

unser Galopp ein Kinderspiel ist. Die glücklichen Leutchen unter

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Leipzig: Ernst Keil, 1895, Seite 780. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_780.jpg&oldid=- (Version vom 30.4.2023)