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verschiedene: Die Gartenlaube (1895)


An unsere Leser und Freunde!

Es ist ein alter Brauch, daß am Jahresschlusse die Redaktion und der Verlag der „Gartenlaube“ vor ihren weiten Leserkreis treten und ihm mitteilen, was im Laufe des kommenden Jahres an Erzählungen und bildenden Artikeln in der „Gartenlaube“ geboten werden soll. Dreiundvierzig Jahre sind seit der Gründung der „Gartenlaube“ verflossen; rasch emporgeblüht, hat sie seit Jahrzehnten einen Leserkreis, der nach Millionen zählt, um sich geschart, und so fest wurde das Band, das sie mit dem deutschen Hause vereinigte, daß die „Gartenlaube“ wie einst den Großeltern, nunmehr auch den Enkeln eine liebe Freundin ist, an deren Hand sie, nach des Tages Last und Mühe, Herz und Gemüt erquicken, ihr Wissen erweitern können. Der mächtige Stamm eines so weiten Leserkreises wechselt nicht von Jahr zu Jahr, er ist ein unwandelbarer Stamm von Freunden, der seinen eigenen Sinn und seinen eigenen Herzschlag in dem Lieblingsblatte wiederfühlt! So sind wir auch fest überzeugt, daß für unsere Leser und die „Gartenlaube“ ein Jahresschluß keine Trennung bedeutet, daß sie sich auch im neuen Jahre wieder zusammenfinden werden.

Unbeirrt werden wir auch im nächsten Jahre auf unserem einmal gewählten Wege fortschreiten: das deutsche Volkstum sei nach wie vor der Leitstern der „Gartenlaube“! Frei von der Sucht, Fremdartiges nachzuahmen, allerlei menschlichen Schwächen und Leidenschaften zu schmeicheln, wollen wir nach keinem blendenden äußeren Erfolg haschen. Begeisterung für unsre idealen Güter, Vaterlandsliebe und der Geist lebendigen Fortschritts, die vor fünfundzwanzig Jahren in siegreichem Kampfe des Volkes Einheit schufen – sie sollen nach wie vor aus den Spalten der „Gartenlaube“ dem Leser entgegenwehen und das tiefe Gemüt, dessen innige Glut das deutsche Familienleben durchwärmt, soll sich in unsern Erzählungen und Novellen wiederspiegeln.

In diesem Sinne sind wir der Mitarbeiterschaft unsrer hervorragendsten Dichter und Dichterinnen sicher und können für den nächsten Jahrgang folgende Romane und Novellen in Aussicht nehmen:

Fata Morgana. Roman von E. Werner.
Mit diesem längst erwarteten Werke der berühmten Verfasserin beginnt der neue Jahrgang.

Trotzige Herzen. Roman von W. Heimburg.
Der Klageschrei. Erzählung von Rudolf Lindau.
Vielliebchen. Novelle von Ernst Eckstein.
Teckel auf Reisen. Humoreske von Hans Arnold.
Fredy. Novelle von Marie Bernhard.
Böse Zungen. Novelle von Ernst Lenbach.

Ferner Erzählungen von Ludwig Ganghofer, Stefanie Keyser, Jassy Torrund, Anton v. Perfall, Charlotte Niese, Hermine Villinger, Arthur Achleitner, Eva Treu, Karl Wolf-Meran, Johannes Wilda, Ernst Wichert u. a.

Aus dem Nachlaß

Fritz Reuters

werden mit Einwilligung der Schiller-Stiftung dessen tiefergreifende Liebesbriefe an seine Braut zur Veröffentlichung gelangen.

Unter Mitwirkung hervorragender Gelehrten und unsrer besten Volksschriftsteller wird die „Gartenlaube“ ihre wichtige Aufgabe, Bildung und Aufklärung in den weitesten Volkskreisen zu verbreiten, mit Fleiß und Ernst fortsetzen.

Nach wie vor wird sie Sorge tragen für volkstümliche Beleuchtung wahrhaft wichtiger Zeitfragen und Zeitereignisse, für Förderung aller gemeinnützigen und das Volkswohl betreffenden Bestrebungen, für Belehrung auf allen Gebieten des Wissens und Könnens, für Mitteilungen über deutsches Leben und Wirken in allen Weltteilen.

Im Dienste des deutschen Hauses wird die „Gartenlaube“ in altbewährter Weise den Familiengedanken hochhalten und nützliche praktische Kenntnisse verbreiten. Ueber Gesundheits- und Krankenpflege in der Familie, über Hauswirtschaft, Kindererziehung, leibliche und geistige Pflege der Jugend soll ihren Lesern und Leserinnen auch weiterhin reiche Belehrung zu teil werden.

So wird die „Gartenlaube“, gehoben durch einen sorgfältig hergestellten, reichen Bilderschmuck, wie seither

ein echtes deutsches Volks- und Familienblatt

bleiben; in diesem Sinne erhofft sie auch im neuen Jahre ein schaffensfreudiges Gedeihen und sendet ihren Freunden in allen deutschen Gauen und in allen Weltteilen

die herzlichsten Glückwünsche zum Neuen Jahr!


Sylvester 1895. Redaktion und Verlag der „Gartenlaube“. 

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1895, Seite 894. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_894.jpg&oldid=- (Version vom 12.5.2023)