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verschiedene: Die Gartenlaube (1896)

der Löschtaktik nichts verstand, und so bewährte sie sich auch in späteren Zeiten nicht, als die Löschgeräte vervollkommnet wurden, als die Feuerspritze mit Windkessel und beweglichem Schlauch ihren Siegeslauf durch die Welt nahm. Vielerorts geriet diese Pflichtfeuerwehr noch in einen ganz besonderen Verfall; viele behäbige Bürger, fleißige Handwerker wollten von der Mühe und Unbequemlichkeit, bei jedem Feuerlärm auszurücken und in ihrer Arbeit gestört zu werden, entlastet werden, und so wurden Leute in Pflicht genommen, die gegen eine bestimmte geringe Entschädigung zum Rettungswerk erscheinen sollten. Es braucht nicht hervorgehoben zu werden, daß es nicht gerade die besseren Elemente der Stadtbevölkerung waren, die sich zu diesem Dienste herandrängten. Der Belohnung wegen stellten sie sich auf den Brandplätzen ein, aber es fehlte ihnen sowohl der Gemeinsinn als das Geschick, thatkräftig einzugreifen. So wüteten die Brände in den Großstädten, bis endlich, endlich eine bessere Einsicht einkehren sollte. Bis dahin wurde das Löschwesen lediglich als ein „Nebengeschäft“ betrieben: aber in Wirklichkeit ist es eine schwierige Kunst, die wie jede andere gelernt und geübt sein will. Wie man dem Feinde im Kriege nicht einen regellosen Haufen, sondern ein wohlgeschultes Heer entgegenschickt, so muß man auch dem furchtbaren Feuerelemente eine Truppe entgegenstellen, welche in allen Einzelheiten des Rettungswerkes wohlgeübt ist und seinem Führer mit militärischer Pünktlichkeit gehorcht. Diese Grundsätze sind uns heute so geläufig, daß sie uns selbstverständlich erscheinen, aber wie lange mußte man warten, bis sie in der Kulturwelt sich Geltung verschafften!

Einzelne Stimmen, die in diesem Sinne Wandel zum Besseren schaffen wollten, erhoben sich bereits gegen das Ende des vorigen und im Anfang dieses Jahrhunderts, aber sie predigten zumeist tauben Ohren. Nur wenige Großstädte Europas, wie London, Paris und Mailand, hatten ihre ständigen, wohlgeschulten Feuerbrigaden. Auch in Deutschland zeigte sich hier und dort das Bestreben, Besseres zu leisten. Wie Magirus in seiner trefflichen „Geschichte des Feuerlöschwesens“ berichtet, war Meißen eine der ersten Städte, die mit gutem Beispiel vorangingen. Dort wurde am 7. Juli 1841 ein „Freiwilliges Lösch- und Rettungscorps“ errichtet, das aus einer Rettungsschar, einer Löschschar und einer Wachtschar bestand. Erster Hanptmann war der Seifensiedermeister Kentzsch; der Hauptmann und sein Adjutant hatten als Abzeichen den jetzt allgemein gewordenen weißen Roßhaarbusch auf dem Helm. Die Mannschaft hatte als Uniform den grauen Leinenrock mit farbigem Kragen. Die erste Abteilung war mit Helm, Beil, Seil und Laterne ausgerüstet. Das weitere Material bestand aus einer Anzahl Leitern, einem Wasserzubringer und vier großen Spritzen. Schon im Jahre 1842 hatte dieses Corps Gelegenheit, seine Tüchtigkeit bei großen Bränden in rühmlichster Weise zu bethätigen.

Ganz Deutschland wurde indessen durch ein großes Unglück aus seiner Lauheit in allen das Feuerlöschwesen betreffenden Angelegenheiten aufgerüttelt. In den Tagen vom 5. bis 8. Mai 1842 wütete der große Brand in Hamburg, durch den gegen 33000 Menschen obdachlos wurden (vgl. „Gartenlaube“, Jahrg. 1892, S. 314). Nun schickte man sich in vielen Städten an, die Feuerwehren zu reformieren. Eine der ersten Städte, in welchen diese Reformprojekte wirklich in die That umgesetzt wurden, war Durlach in Baden. Dort gründete am 1. Mai 1846 der Baumeister Christian Hengst eine Feuerwehr, die den Namen „Pompiercorps“ erhielt und militärisch eingeübt wurde. In demselben Jahre bezog die Stadt eine neue Spritze von dem um das Löschwesen sehr verdienten Fabrikanten Karl Metz in Heidelberg und das Corps wurde von diesem in deren Handhabung besonders unterrichtet. Schon wenige Monate nach seiner Begründung, am 28. Februar 1847, hatte das Pompiereorps Gelegenheit, seine erste Feuerprobe abzulegen, die es unter der tüchtigen Leitung seines Gründers aufs rühmlichste bestand. An jenem Tage brach in der Residenzstadt Karlsruhe ein furchtbarer Theaterbrand aus, bei dem 68 Menschen auf schreckliche Art ums Leben kamen. Auf Anrufen des Markgrafen Wilhelm von Baden kam das Pompiercorps von Durlach im Sturmschritt herbeigeeilt, und alle Augenzeugen mußten den todesmutigen Feuerwehrmännern Durlachs die höchste Anerkennung zollen, da die kleine Schar, im Funkenregen festhaltend, mit ihren Spritzen und Schläuchen dem Feuer Halt gebot. Durch die Presse wurde der Ruhm des militärisch eingeschulten Corps von Durlach weit und breit bekannt und überall zeigte sich der Wunsch, diese Organisation nachzuahmen. Karlsruhe gründete schon wenige Tage nach dem Theaterbrande ein solches Corps, das als erstes die Bezeichnung „Freiwillige Feuerwehr“ erhielt.

Seit diesem Augenblicke verbreitete sich die Institution der militärisch organisierten wohlgeschulten Feuerwehr über alle deutschen Länder. In den Großstädten wurde in demselben Sinne später eine ständige Berufsfeuerwehr organisiert. Der Segen der neuen Schutztruppe, die über Stadt und Land sich ausgebreitet hat, ist ein unermeßlicher geworden und der grimme „Städtefresser“ hat viel von seinem Schrecken eingebüßt. Behufs Förderung und Ausbildung des Feuerwehrwesens im Deutschen Reiche und in Deutsch-Oesterreich wurde im Jahre 1854 unter der Leitung von C. D. Magirus, dem damaligen Kommandanten der Feuerwehr in Ulm a. D., der „Deutsche Feuerwehrverband“ gegründet, dem gegenwärtig über 10 000 Feuerwehren mit etwa 750 000 aktiven Mannschaften angehören.

Die Feuerwehr zu Durlach beabsichtigt, demnächst das Jubiläum ihrer Gründung festlich zu begehen. Sie wird dabei der großen Verdienste ihres ersten Hauptmanns, des Baumeisters Christian Wilhelm Hengst, gedenken, der am 5. Dezember 1805 zu Durlach das Licht der Welt erblickte und am 5. April 1883 sein im gemeinnützigen Sinne so thatenreiches Leben beschloß. Ein Denkmal soll dem verdienten Manne in Durlach errichtet werden.

Der Gedenktag der Gründung der Durlacher Feuerwehr ist aber, wie wir gesehen haben, ein Festtag, der in ganz Deutschland mitgefeiert werden sollte. Er ist der Ausgangspunkt einer großen segensreichen Bewegung gewesen; die Gründung jenes „Pompiercorps“ war eine Kulturthat ersten Ranges, welche im Kampfe wider die zügellose Macht des Feuers die erhebendsten Heldenthaten gezeitigt hat! Müssen wir nicht mit dankbarer Ehrfurcht zu dem todesmutigen Schutzheere emporblicken, das uns der Zeitgeist des 19. Jahrhunderts in der modernen Feuerwehr beschert hat? Heil ihr, die opferfreudig ihr Leben einsetzt: „Dem Nächsten zur Wehr – Gott zur Ehr’!“ W. Hoepfner.     


Teckel auf Reisen.

Eine Hundegeschichte von Hans Arnold.

     (Schluß.)

Es schien übrigens, als wenn sich Männes Leben im Seebad erträglicher gestalten sollte, als es zuerst den Anschein gehabt hatte.

Jeden Morgen wurde er von den Jungen aus seiner Pension – einem leeren Schuppen – abgeholt und losgebunden; er mußte leider die Nacht über an einem Strick schlummern, da er sonst weggelaufen wäre.

Wurde die unwürdige Fessel gelöst, so benahm sich Männe jeden Morgen ungefähr wie ein Mensch, der zweimal hintereinander das große Los gewonnen hat – er sprang seinen Besitzern bis an die Nasenspitze und gebärdete sich, als wenn er sie seit vielen Jahren nicht gesehen hätte.

Dann lief er mit ihnen an den Strand, wo er sich herrlich amüsierte, mit rasendem Eifer Quallen ein- und ausgrub, die Wellen anbellte oder unter dem brausenden Beifall einer großen Zuhörerschaft eine wilde, oft viertelstundenlange Treibjagd auf seinen eigenen Schwanz zum besten gab.

Hatte er sich dann müde gespielt, so legte er sich platt vor dem Strandkorb seiner Eigentümer oder vor demjenigen nieder, in dem der „eingehakte Pastor“ und seine Frau gemeinsam der Lektüre irgend eines Buches oblagen.

Dann sah Männe mit der Kennermiene eines tiefen Sachverständigen zu, wie Karl und Ludwig mit gleichgesinnten Freunden die schönsten Burgen und Bauten im Sande errichteten, und fühlte sich behaglich.

Nur eine entsetzliche Stunde hatte jeder Tag für Männe, und das war diejenige, wo seine beiden Herren badeten und in den hochaufspritzenden Wellen auf Sekunden verschwanden. Dann heulte Männe jedesmal wie eine Windsbraut und rang, nach Ludwigs Versicherung, am Ufer die Pfoten vor Angst um die

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verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 302. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0302.jpg&oldid=- (Version vom 13.7.2023)