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verschiedene: Die Gartenlaube (1896)

Nr. 20.   1896.
Die Gartenlaube.


Illustriertes Familienblatt. – Begründet von Ernst Keil 1853.

Abonnements-Preis: In Wochennummern vierteljährlich 1 M. 75 Pf. In Halbheften, jährlich 28 Halbhefte, je 25 Pf. In Heften, jährlich 14 Hefte, je 50 Pf.


Fata Morgana.

Roman von E. Werner.

     (19. Fortsetzung.)

Helmreichs Leiden hatte in der letzten Zeit rasende Fortschritte gemacht. Der Kranke lag gebrochen im Lehnstuhl, von Kissen gestützt. Er hatte sich sehr verändert in den letzten beiden Monaten und der gänzliche Verfall seiner Züge deutete auf das nahe Ende hin. Nur die Augen allein hatten ihre alte durchdringende Schärfe behalten, es war, als drängte sich die ganze schwindende Lebenskraft nur noch in dem Blick zusammen.

„Du bist allein, Großpapa?“ fragte Elsa überrascht, als sie jetzt, noch sichtlich erregt von dem Zusammentreffen mit Reinhart, ins Zimmer trat. „Ich glaubte, Lothar sei bei Dir. Wo ist er denn?“

„In seiner Wohnung, er schreibt die Antwort auf den Brief, die noch mit der heutigen Post fort muß. Du kümmertest Dich natürlich nicht um mich, hattest ja so angelegentlich zu reden mit dem da draußen!“

„Du hast mich ja selbst fortgeschickt, und Lothar bat mich ausdrücklich, seinem Freunde Gesellschaft zu leisten.“

„Seinem Freunde!“ wiederholte Helmreich mit höhnischer Bitterkeit. „Freilich, er kann ja nicht leben, wenn er den nicht täglich sieht. Er hat schon einmal Unglück gehabt mit einem Busenfreunde und sollte sich diesmal besser vorsehen.“

„Mit welchem Freunde? Wen meinst Du?“

„Deinen Vater meine ich, dem er auch so blind vertraute und der ihn dann hinterging, ihm Wort und Treue brach –“

„Großpapa, laß das!“ fiel die junge Frau erregt ein. „Du


Bestrittene Jagdbeute.
Nach dem Gemälde von F. Jimenez.


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verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 325. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0325.jpg&oldid=- (Version vom 12.7.2023)