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Die Gartenlaube.

Beilage zu No. 25. 1896.


Joachim Heinrich Campes Geburtshaus. In demselben Jahre wie Pestalozzi, dessen Gedächtnis im Januar des laufenden Jahres begangen wurde, ist auch sein ihm vielfach geistesverwandter Mitstreiter auf dem Gebiete pädagogischer Reformen, J. H. Campe, zur Welt gekommen. Am 29. Juni vor 150 Jahren wurde er in Deensen, einem kleinen Dorfe bei Holzminden, geboren. Von Hause aus ein Bauernkind, gleich manchem anderen deutschen Manne, der späterhin ein großer Geist ward, nahm er mit der ganzen Frische eines naiven Gemütes die Zeitströmungen der Aufklärung und des „Philanthropismus“ in sich auf. Er ward einer der bedeutendsten Vertreter des letzteren und war als solcher praktisch thätig in Dessau, Hamburg und Braunschweig. War Basedow Bahnbrecher, Salzmann das edelste Glied dieser Schule der „Menschenfreundlichkeit“, so war Campe deren fruchtbarster Schriftsteller und damit überhaupt der Begründer unserer Jugendlitteratur. Wir alle sind noch mit Columbus, Cortez und Pizarro dahingesegelt über den Ozean in Campes „Entdeckung von Amerika“, um uns, neben Coopers Lederstrumpferzählungen, aus ihr unsere kindlichen Vorstellungen über das Land der roten Rasse zu holen. Und unsere Kinder wissen alle bis auf den letzten kleinen Mann von ihrem „Robinson dem Jüngeren“ zu erzählen, dem Campe geradezu die gesamte Kinderwelt erobert hat; in alle Kultursprachen ist seine Bearbeitung von Daniel de Foes „Robinson“ übersetzt worden, die noch täglich neue Leser findet. Sein schriftstellerischer Erfolg kam Campe auch materiell zu gute. Er gründete die heute noch bestehende „Schulbuchhandlung“ in Braunschweig, die seine Bücher verlegte.

J. H. Campes Geburtshaus im Camphof zu Deensen.
Nach einer Photographie von Otto Liebert in Holzminden.

In einen anderen, ebenso bedeutenden Erfolg teilt sich Campe mit den übrigen Philanthropen; er bestand in der Beseitigung der damaligen finsteren und mechanischen Unterrichtsmethode durch eine naturgemäße und freundliche Art des Unterrichtens: „Die Schulstuben sollen zu heiteren Sitzen der Gesundheit, des Frohsinns und der Liebe gemacht werden.“ Wie Pestalozzi diese segensvolle Reformation für die breiten Massen des Volkes durchführte, so that es der Philanthropismus für die Begüterten, der damit den späteren „Pädagogien“ und „Instituten“ die nun allgemein anerkannten Grundsätze einer humanen Erziehung übermittelte. Die umfassende Sorge für das körperliche und geistige Wohl der Jugend, die warme und begeisterte Menschenliebe, welche zu jedem persönlichen Opfer für den Fortschritt der Menschheit an das Ziel der Glückseligkeit ständig bereit war, der heilige und reine Glaube an die Macht des Guten bildeten das Ideal, welches seine Wirksamkeit allezeit leitete. Eine Abbildnng seines ländlichen Geburtshauses wird heute gewiß vielen willkommen sein. Auf der nebenstehenden Ansicht ist es dasjenige Haus, vor welchem die Personen und Pferde stehen.

Das russische Kaiserpaar bei der Krönung. Im Hauptblatte dieser Nummer finden die Leser eine ausführliche Schilderung der Krönungsfeier in Moskau mit Abbildungen nach Momentaufnahmen, welche den Zaren Nikolaus II. und seine Gemahlin, die frühere Prinzessin Alix von Hessen, in den großen öffentlichen Aufzügen darstellen. Nach Schluß der Redaktion des Hauptblattes sehen wir uns in der Lage, diese Darstellungen durch das untenstehende Bild zu ergänzen, welches das kaiserliche Paar in jener intimen Scene vorführt, durch die die so glanzvolle Zeremonie der Krönung selbst einen Zug wahrer, von Herzen kommender Innigkeit erhalten hat. Es ist jener Augenblick, da der Zar seine vor ihm knieende, von ihm mit der diamantenen Kaiserinkrone geschmückte Gemahlin zu sich emporhebt, um sie auf die Wange zu küssen. Aus dem Kreis der Zeugen der Krönung läßt unser Bild noch die Kaiserin-Mutter Maria Feodorowna, die Witwe des vor zwei Jahren verstorbenen Kaisers Alexander III., erblicken, welche während der Feierlichkeit in der Uspenskij-Kathedrale neben dem jungen Zarenpaare ihren Thronsitz hatte.

Der Zar küßt die eben von ihm gekrönte Zarin.
Nach Skizzen gezeichnet von R. E. Kepler.

Schirmständer. Die zierlichen Fäßchen, in denen das sogen. Apfelkraut versandt wird, kann eine geschickte Hand zu einem Schirmständer umwandeln. Das Fäßchen muß vor allem außen und innen gut gereinigt werden und wird darauf zweimal innen und außen mit schwarzer oder roter Oelfarbe gleichmäßig gestrichen. Dann werden die Reifen extra erst mit schwarzem Eisenlack gestrichen und, wenn dieser getrocknet ist, goldig bronziert. Das Fäßchen wird mit Japanlackfarben nun außen in Schwarz und Gelb oder Rot und Blau nach japanischer Art mit Vögeln, Blumenranken, Arabesken u. dgl. möglichst originell bemalt, worauf man nach dem Trocknen der Malerei den ganzen Ständer noch mit Kopallack überzieht, damit er ein glänzendes Aussehen erhält. Zu beiden Seiten befestigt man mit Schrauben einen bronzenen oder vernickelten Griff, schraubt große, bunt bronzierte Garnrollen als Füße unter das bemalte Fäßchen und setzt einen Blumentopfuntersatz in den Halter, der das abtropfende Regenwasser der Schirme auffängt. He.     

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 428a. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0428_a.jpg&oldid=- (Version vom 13.7.2023)