Seite:Die Gartenlaube (1896) 0636.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1896)

gelangt zu der Einsicht, daß es in absehbarer Zeit möglich sein dürfte, in dieser Weise um die ganze Erde herumzusprechen.

Die großen elektrischen Maschinen selbst, die in der Praxis gebraucht werden, haben aus guten Gründen ihre Aufstellung in einem besonderen Maschinensaale gefunden. Unser oberes Bild auf S. 637 zeigt z. B. die gegenwärtig so viel verwendete Wechselstrommaschine. Eine schon recht bedeutende Gleichstrommaschine befindet sich im Maschinensaale fast fortwährend in Thätigkeit; sie ladet eine umfangreiche Accumulatorenbatterie, die wiederum des Abends die elektrischen Glühlampen in den Ausstellungssälen speist. Natürlich ist auch eine Drehstrommaschine als Dritte im Bunde hier vorhanden.

Von allen Errungenschaften der neueren Technik erfreuen sich augenblicklich die elektrischen Bahnen zumeist der Gunst weiterer Kreise. Im Maschinensaale finden wir ein neues System in voller Thätigkeit vorgeführt. Der kleine Wagen, der seinen Betriebsstrom von der Gleichstrommaschine empfängt, erleuchtet sich bei der Einschaltung und umfährt mit ziemlicher Geschwindigkeit einen etwa 30 Meter langen Schienenweg. Man hat es hier mit einer sehr gelungenen Wiedergabe der Langenschen Schwebebahn zu thun, die sich vorzüglich zur Entlastung sehr verkehrsreicher Straßen eignet und die neuerdings auch für Kolonialzwecke in Vorschlag gebracht wurde. Wie das Bild zeigt, rollt der Wagen nicht mittels seiner Räder auf den Schienen, sondern er hängt an den Radachsen. Hierdurch können die Geleise und der gesamte Oberbau verhältnismäßig leicht gebaut werden, und den Straßen wird nur wenig Licht entzogen. Die Maschinenhalle verdient ihren Namen durchaus; denn es wirken in ihr fast alle Kräfte. Man kann Nähmaschinen beobachten, die durch das Druckwasser der Wasserleitung in Thätigkeit versetzt werden, und Benzin-, Petroleum- und Heißluftmaschinen wirbeln hier ihre gewaltigen Schwungräder mit großer Geschwindigkeit. Thätige Dampfmaschinen dem Ganzen einzufügen, war nicht gut möglich, man hat sich daher mit Modellen begnügt, die durch Druckluft oder durch eine Kurbel mit der Hand in Bewegung zu versetzen sind. Der Maschinensaal in der „Urania“ könnte in der That einem Polytechnikum mittleren Grades als Ausstattung dienen.

Auch der Chemie ist ein eigener Saal im Berliner Institute gewidmet. Wenn diese Wissenschaft dem Laien bisher trocken und schwer zugänglich erschien, so kann er sich in diesen Räumen leicht davon überzeugen, daß seine Meinung irrig war. Gleich beim Eintritt erblickt er beispielsweise eine große Zahl von Lampen; von der ältesten Oellampe bis zur modernsten Gasglühlampe mit Strumpf. Es verkörpert sich hier gleichsam ein Kapitel aus der Kulturgeschichte.

Zweifellos sind diejenigen chemischen Prozesse am interessantesten, bei denen der elektrische Strom in seiner eigentümlichen, geheimnisvollen Weise eine Rolle spielt. Diesen Vorgängen ist denn auch ein sehr weiter Raum zugebilligt. Das gleiche gilt für die spektralanalytischen Untersuchungen. Es kommt hier auch dem Nichtfachmanne zum Bewußtsein, wie einfach und bewundernswert diese Forschungsmethode ist, die es ermöglicht, den chemischen Aufbau der Sonne und der fernsten Fixsterne zu ermitteln.

An einem recht drastischen Beispiele mag noch klargelegt werden, mit welchem pädagogischen Geschick man in der „Urania“ Naturwissenschaft treibt. Ein Erwachsener atmet 500 Liter Kohlensäure in 24 Stunden aus. Das entspricht genau 280 Gramm reiner Kohle. Um die Thatsache recht deutlich zu machen, hat man hier ein Tellerchen mit 280 Gramm reiner Holzkohle aufgestellt und daneben ein Zettelchen gelegt, welches besagt, daß das die tägliche Kohlenproduktion eines Menschen sei!

Auch die organischen Naturwissenschaften haben in der neuen „Urania“ eine Stelle gefunden. So ist z. B. dafür gesorgt, und zwar zumeist durch bewegliche und geschickt beleuchtete Modelle, daß der Besucher eine Vorstellung von den Funktionen der Sinnesorgane empfängt. Das Nah- und Fernsehen durch die Veränderung der Linse im Auge, die Lage und Thätigkeit der Gehörknöchelchen in der Paukenhöhle des Ohres kann leicht verfolgt werden.

Das Glanzstück im „organischen“ Saal bildet ein künstlicher, auf S. 637

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 636. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0636.jpg&oldid=- (Version vom 10.2.2023)