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Die Gartenlaube.

Beilage zu No 41. 1896.


Das Grassi-Museum in Leipzig. Es gibt wenig Städte in Deutschland, die sich so überaus freigebiger, für das Wohl und den Glanz der Stadt bedachter Mitbürger rühmen können wie Leipzig. Der am 14. November 1880 verstorbene Franz Dominik Grassi hat der Stadt ein großartiges Vermächtnis von 2300000 Mark zur Verwendung für Annehmlichkeiten und Verschönerungen hinterlassen; der Stadt ist es dadurch möglich gewesen, das städtische Museum für bildende Kunst zu erweitern, das neue Gewandhaus zu erbauen, vor allem aber ein Museum zu gründen, welches den Namen des Geschenkgebers trägt und in erster Linie zur Aufnahme des Museums für Völkerkunde und des Kunstgewerbemuseums bestimmt ward, die beide bisher in beschränkten Räumlichkeiten untergebracht waren. Der Rat beauftragte den Baurat Licht in Leipzig mit der Ausführung des Baues, und vor einiger Zeit konnte derselbe seiner Bestimmung übergeben werden. Das Erdgeschoß des Gebäudes ist aus Rustikaquadern in dunkelgrauem Muschelkalkstein ausgeführt; das rundbogige Mittelportal des Haupteingangs zeigt als Schlußstein den Kopf der Lipsia im Hochrelief; die Schlußsteine der Fenster im Erdgeschoß sind mit Zweigen der Linde, der Pinie, der Eiche und des Lorbeers verziert. Auf dem massigen Erdgeschoß erheben sich zwei Obergeschosse, deren gemeinsame Fassade zwölf stattliche Säulen mit korinthischen Kapitälen und Postamenten aufweist; die Skulpturen darauf beziehen sich auf Völkerkunde und Kunstgewerbe. Die Säulen, welche die Fassade in schöner wirksamer Weise gliedern, tragen das Dachgesims mit einer Attika; in der Mitte der letzteren befindet sich ein giebelartiger Aufbau; den Giebel selbst schmückt die Büste Grassis. Das ganze Gebäude ist im Stil der italienischen Hochrenaissance ausgeführt. Das prächtige Treppenhaus erinnert an die Palastbauten von Genua. Graue Syenitsäulen schmücken das Vestibule; auf gleichen Säulen ruht das Treppenhaus.

Das Grassi-Museum in Leipzig.
Nach einer Aufnahme von Herm. Vogel in Leipzig.

Den Grundstock des Museums für Völkerkunde hat die kulturgeschichtliche Sammlung des Oberbibliothekars Gustav Klemm in Dresden gebildet, welcher durch den verdienstlichen Leiter des Museums, Dr. Obst, nach und nach weitere, reiche und wertvolle Erwerbungen hinzugefügt wurden. Der Rat kaufte dazu die Godeffroysche Sammlung in Hamburg aus den Mitteln der Grassischen Erbschaft. Hierzu kommen noch die Zuwendungen des Dr. Stübel, welcher ein Museum für vergleichende Länder- und Völkerkunde begründete, indem er eine Anzahl seltener Karten, 82 Oelgemälde, 2000 Photographien, Erwerbungen einer Reise in Südamerika, dem Grassi-Museum schenkte. Mit der abschließenden Anordnung war außer Dr. Obst der berühmte Besteiger des Kilimandscharo, Dr. Hans Meyer, beschäftigt. Am 18. September fand die Eröffnung der Sammlung statt. Auch dem Verein für Erdkunde wurde ein Saal in dem neuen Prachtbau eingeräumt. Das Kunstgewerbemuseum, das sich unter der Direktion des leider schon verstorbenen Bildhauers zur Straßen glänzend entwickelt hat und welches, seitdem es hier alle seine Schätze frei zur Schau stellen kann, auf die Fortbildung des Kunsthandwerks einen noch mehr als früher fördernden Einfluß ausüben wird, enthielt bei der Uebersiedelung ins neue Haus 7300 Nummern in der Textilabteilung, darunter 5000 Stück Spitzen, in der keramischen Abteilung 1350, in Metallarbeiten 3000, in Holz- und Elfenbeinarbeiten 500 Nummern. So reiche Schätze in seinem Schoße verwahrend, erscheint das Grassi-Museum als ein glänzendes Denkmal echten Bürgersinns, welcher den verstorbenen Stifter in so hohem Maße auszeichnete. †      

Waldverwüstung in Australien. Weite Strecken Australiens werden von den eigenartigen Eukalyptuswäldern überzogen. Dieselben sind mehr einem Parke als einem dichtgeschlossenen Walde ähnlich; die Bäume stehen nämlich in Abständen von 10 bis 20 m und dulden keine Nachbarn und auch kein Unterholz in ihrer Nähe. Ihr weithin ausgebreitetes und in eine Tiefe von 60 bis 70 m dringendes Wurzelwerk bemächtigt sich rasch aller Feuchtigkeit, die dem Boden in einem gewissen Umkreis zugeführt wird, und unterdrückt das Aufkommen jedes ansehnlichen Konkurrenten. Nur die Gräser und solche Pflanzen, die ihre Wurzeln nicht über eine oberflächliche Erdschicht hinab in die Tiefe erstrecken, vermögen zwischen ihnen zu gedeihen. Ansiedler, die in jenen Gebieten Viehzucht betreiben, haben nun gefunden, daß man den Graswuchs auf das Doppelte steigern kann, wenn man in einem gewissen Umkreis die Bäume tötet. Sie machen auch von diesem Mittel, ihre Weiden ertragreicher zu gestalten, den ausgiebigsten Gebrauch und vernichten die Wälder, indem sie die Bäume „ringeln“. Wie Professor Richard Semon in seinem hochinteressanten Werke „Im australischen Busch“ berichtet, geschieht das Ringeln in zwei Weisen. Entweder entfernt man etwa in halber Mannshöhe über dem Boden bloß die Rinde in einem Gürtel von 30–40 cm Breite, oder man entfernt einen viel schmäleren Ring, schlägt aber noch tief in das junge Holz, den Splint, hinein. So geringelte Bäume sterben in einigen Monaten ab. Da das Holz der Eukalypten aber ein sehr festes und widerstandsfähiges ist, bleiben die Baumleichen noch viele Jahre aufrecht stehen. Es giebt keinen trostloseren Anblick, als eine Landschaft mit solchen abgestorbenen Bäumen, wo meilenweit die Baummumien ihre dürren blattlosen Aeste über das frisch unter ihnen grünende Gras emporrecken, ein Vorzeichen dafür, daß die Tage der ungeheuren Buschwälder Australiens selbst gezählt sind.

Topfschoner. Um das lästige Verrußen und Durchbrennen der in das Feuer eingehängten Kochgeschirre zu verhüten, hat die Firma F. Dreifürst & Co. in Leipzig die nebenstehend abgebildete Vorrichtung in den Handel gebracht. Dieselbe besteht aus einem flachen aus Stahlblech gefertigten Behälter mit breitem Rand. Dieser Topfschoner wird in die Ringplatte des Herdes eingelassen und der Kochtopf in denselben gestellt. Das Kochgeschirr bleibt dabei sauber und das Kochen erfolgt rascher als auf der geschlossenen Herd- oder Ofenplatte.


An unsere Leser.

manicula Um den praktischen Interessen der Familie zu dienen, haben wir in dem Anzeigenteil der „Gartenlaube“ eine besondere Rubrik, den „Kleinen Vermittler“, eingeführt. In denselben werden Anzeigen, welche Stellengesuche und Stellenangebote, Unterricht und Pensionatswesen betreffen, Inserate über Kauf und Verkauf von Grundstücken, sowie überhaupt Ankündigungen aus dem täglichen Kleinverkehr zu besonders ermäßigtem Insertionspreise aufgenommen. Das Wort in gewöhnlicher Schrift kostet 15 Pf., in fetter Schrift 20 Pf. Wir empfehlen den „Kleinen Vermittler“ der freundlichen Beachtung unserer Leser. Die Anzeigen sind an die Annoncen-Expedition von Rudolf Mosse in Leipzig, Berlin oder deren Filialen, also nicht an den unterzeichneten Verlag, zu richten. Der Verlag der „Gartenlaube“.     

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verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 708a. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0708_a.jpg&oldid=- (Version vom 15.7.2023)