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verschiedene: Die Gartenlaube (1896)

Und Walden beugte sich über ihre Hand, führte sie an seine Lippen und wiederholte: „Wir sind glücklich – unaussprechlich glücklich.“

„Nun,“ sagte Lisbeth, die sich gewaltsam gefaßt hatte, Elfe in ihre Arme schließend, „dann kann ich nur einen Wunsch für euch haben: Gott erhalte euch immerdar die Liebe füreinander!“

Die Frau Geheimrätin zuckte leicht die Achseln. „Wie steif und gezwungen,“ dachte sie, „hätte sie nicht auch ein wärmeres Begrüßungswort für solchen Schwager haben können!“

Elfe aber hielt ein schimmerndes Kleinod gegen die Lampe und rief triumphierend: „Papa, Mama, seht her: wieder ein neues Armband, welch eine Pracht – ist es nicht entzückend?“

(Fortsetzung folgt.)


Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit.

Neue Bahnen.

In unserm verkehrslustigen Zeitalter häufen sich mit fast erschreckender Geschwindigkeit die Erfindungen für die Personenbeförderung. Wagen, Bahnen, Schiffe, Fahrräder und Fahrstühle erhalten neue Formen oder neue Verwendungszwecke. Viele dieser Erfindungen haben sich die Anerkennung noch nicht erstritten. So suchen die Erfinder denn ihre Neuerungen im kleinen dem Publikum vorzuführen und wählen dazu mit Vorliebe die modernen Ausstellungen in unseren Großstädten. Andere Neuerungen wiederum sind im Grunde genommen weiter nichts als geistreiche Spielereien, dazu bestimmt, die Volksmassen zu belustigen und zu unterhalten. Auch die Erfinder dieser „Neuheiten“ stellen sich auf den Ausstellungen ein und finden dort in der That ein dankbares Publikum und – was ihnen die Hauptsache ist – ihre Rechnung.

Die große Berliner Gewerbeausstellung hatte auf diesem Gebiete manches Originelle aufzuweisen. Es tauchten auf ihr einige neue oder bisher nur wenig bekannte Bahnen auf, die, sei es im Ernst, sei es im Spiel, ein so großes allgemeines Interesse erweckten, daß sie eine nähere Betrachtung wohl verdienen.

Die elektrische Turmbahn.
Nach einer Photographie von Max Ziegra in Berlin.

Unsere Zeitgenossen streben gern empor und sind eifrige Freunde schöner weiter Aussichten. Auf allen Berggipfeln baut man Aussichtstürme und auch auf den Ausstellungen dürfen dieselben nicht fehlen. Je höher sie sind, je weiter und umfassender sich der Ausblick von ihren Zinnen gestaltet, desto größer ist der Zulauf. Das Treppenklettern ist jedoch nicht jedermanns Liebhaberei und für den müden Ausstellungsbesucher auch zu beschwerlich. Er will mühelos hinaufbefördert werden, und darum müssen die Türme mit Fahrstühlen ausgestattet werden. Einen besonderen Reiz übt aber ein solcher Aussichtsturm aus, wenn der Fahrstuhl von den gewöhnlichen Mustern abweicht und das Verweilen in demselben während der Auffahrt Bequemlichkeit und einen „noch nie dagewesenen“ Genuß bietet. Etwas derartiges ist nun in diesem Jahre auf der Berliner Ausstellung durch die elektrische Turmbahn geschaffen worden. Unsere nebenstehende Abbildung giebt eine Ansicht derselben wieder. Inmitten einer großen Rotunde, die natürlich eine Restauration enthält, steigt ein schlanker Turm bis zu der Höhe von 60 m auf. Um den Turm hängt, wie der Ring um einen Finger, leicht und elegant ein kreisförmiger Fahrstuhl. Das Eigentümliche der neuen Beförderung liegt in der doppelten Bewegung, die der Fahrstuhl ausführt. Während er langsam seiner stolzen Höhe zustrebt, beschreibt er eine aufsteigende Schraubenlinie und dreht sich somit fortdauernd um seine Axe. Der Beobachter, der in dem Fahrstuhl sitzt, ist somit in der Lage, während sein Blick weiter und weiter schweift, stets neue Landschaftsbilder zu bewundern, die sich vor ihm aufschließen. Er empfängt geradezu den Eindruck, als ob er frei im Raume schwebe.

Der schlanke Turm, der in der luftigen Eisenkonstruktion einen äußerst eleganten Eindruck macht, wurzelt in energischer Weise in dem Erdboden. Und wenn der Sturm noch so stark an seinem Fuße rütteln wollte, er würde nichts vermögen; denn der Turm ist an 90 stählernen Ankern und mächtigen Trägern gefesselt, und schon das Gewicht seines Fundamentes, das allein 400000 kg ausmacht, widerstrebt jeder Erschütterung. Außerdem wurden noch 350000 kg Eisen zum Aufbau des Turmes verwendet. In dem Fahrkorb, der von acht mächtigen Stahldrahtseilen gehalten wird, können 60 Personen befördert werden; er hat einen Durchmesser von 12 m und wird durch ein Gegengewicht von 38000 kg, das aus Bleiplatten besteht, im Gleichgewicht erhalten. Zur Bewegung der fast 1500 Centner wiegenden Last dienen Elektromotoren, welche 40 Pferdekräfte entwickeln.

Wenn die elektrische Turmbahn die Schaulust in hohem Maße befriedigt, so ist eine andere Erfindung, die Wasserbahn, wohl geeignet, das Entzücken derjenigen hervorzurufen, die ihrem Vergnügen gern etwas Uebermut beizumengen pflegen. Im Vergnügungsparke der Berliner Ausstellung lag das Wirtshaus zur Alm. Von seinen geschnitzten Balkons aus konnte der Besucher erstaunt oder belustigt auf ein merkwürdiges Schauspiel herabschauen, das durch unsere Abbildung auf S. 716 vergegenwärtigt wird. An einer künstlichen „Gebirgswand“ erhebt sich unter bedeutender Steigung eine 36 m lange Bahn bis zur Gipfelhöhe von 12 m. Der Neugierige, der die Wunder der Wasserbahn an seinem eigenen Leibe erfahren möchte, besteigt ein Boot am See und wird mit wenigen Ruderschlägen der auf unserm Bilde am Drahtgitter befindlichen Stelle zugeführt, von der aus ein Fahrstuhl das Boot in die Höhe trägt. Außerdem führt eine Treppe zum obersten Stockwerk der Bahn. Das Boot besitzt vier am Rande ausgekehlte Rollen und bildet gewissermaßen den Uebergang zwischen Land- und Wasserfahrzeugen. Auf der Höhe des Fahrstuhles setzen die Bootsrollen in Schienen ein und dann saust das Fahrzeug mit großer Geschwindigkeit in die Tiefe. Mit gewaltigem Geräusch und wildem Aufschäumen des Wassers stürzt es endlich in den See. So ist hier die Wasserbahn mit der Rutschbahn verbunden.

Viel wichtiger ist die dritte Bahn, die wir unseren Lesern vorführen: die elektrische Stufenbahn, die zuerst auf der Weltausstellung in Chicago und dann auch auf der Berliner Gewerbeausstellung in Betrieb gesetzt wurde. In ihr haben wir keine bloße Spielerei vor uns, sondern vielmehr ein neues

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 714. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0714.jpg&oldid=- (Version vom 14.7.2023)