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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

Auch im elektrisch erleuchtbaren Uhrhalter haben uns die Techniker einen ähnlichen sehr niedlichen und praktischen Apparat geschenkt, der die Verwendung der Zündhölzchen beschränkt und uns unmittelbar in der Nacht zu erkennen erlaubt, was die Stunde geschlagen hat.

Alle diese Einrichtungen sind seit Jahren mehr oder minder erprobt und ziemlich allgemein bekannt. Neu ist dagegen die Verwendung der Elektricität zu Heiz- und Kochzwecken.

Elektrisch beleuchteter Uhrhalter.

Fast sämtliche Lichtquellen, deren man sich seit der Väter Zeiten und auch jetzt bedient, sind zugleich Wärmequellen. Wird doch beispielsweise das Leuchtgas mit Erfolg zum Heizen und Kochen verwendet. In solchen Fällen muß der Techniker die Aufgabe lösen, die Energie der Flamme soviel wie möglich in Wärme umzuwandeln. In je höherem Maße dies gelingt, um so bedeutender ist der Vorteil, mit dem er arbeitet.

Von allen Kräften, die unsere Erde spendet, besitzt keine eine so große Anpassungsfähigkeit wie die Elektricität, sie genügt durchaus jeder Forderung, die wir an sie stellen. Wünschen wir Licht zu haben, so vermögen wir den elektrischen Strom, der uns zur Verfügung steht, in Licht umzuwandeln; bedürfen wir seiner wärmenden Kraft, so erscheint er in neuer Verwandlung nur als Wärme. Das sind, wie man sofort einsieht, ganz hervorragende wirtschaftliche Eigenschaften. Wenn trotzdem noch die Meinung herrscht, daß die Elektricität besonders für Koch- und Heizzwecke zu kostspielig sei, so liegt das nur in der Höhe des Grundpreises, den die elektrischen Gesellschaften gegenwärtig noch wegen zu geringer Zahl der Abnehmer für den Strom ansetzen müssen. Das wird sich sofort ändern, wenn die Zahl der Anschlüsse wesentlich zunimmt.

Die Häuslichkeit, in der die Elektricität herrscht, kann mit allen dabei in Betracht kommenden Verhältnissen wirklich eine ideale genannt werden. Die Bezeichnung ist durchaus nicht überschwenglich, wenn man sich vergegenwärtigt, daß Rauch und Ruß und der schlechte Geruch der Feuerungsgase aus einem solchen Haushalte verbannt sind und daß die umständliche und immerhin unsaubere Art des Feuerns durch einen Handgriff ersetzt werden kann.

Elektrischer Cigarrenanzünder.

Aber wie vermag man denn am besten die Elektricität in Wärme umzuwandeln? Die Frage wurde schon vor einem halben Jahrhundert von den Physikern beantwortet. Wird ein elektrischer Strom durch Drähte geleitet, so erhitzen sie sich, wenn der Strom stark genug ist, bis zur Weißglut. Der Grund für die erzeugte hohe Temperatur liegt in dem Widerstande, den der Draht dem Strom beim Durchfließen entgegenstellt. Die Größe des Widerstandes wiederum wird von der Substanz des Drahtes und der Kleinheit seines Querschnittes beeinflußt. In der freien Luft würde ein in Weißglut gebrachter Draht sehr schnell verbrennen. Man hat ihn deshalb bei den elektrischen Glühlampen in eine luftleer gemachte Glasbirne gesetzt; und so entfaltet er Licht, ohne zu zerfallen. Um nur Wärmewirkungen zu erzielen, muß man den Strom in solche Körper einführen, in denen er nicht zum Leuchten kommen kann. Das veranlassen aber die elektrischen Heizplatten, denen wir in den Heiz- und Kochapparaten in allen Formen begegnen werden.

Die elektrischen Heizplatten bauen sich zumeist in folgender Weise auf. Eine gußeiserne Platte wird mit einer sehr schwer schmelzbaren Emailleschicht überdeckt, in welche man die stromführenden Drähte einbettet, die, um große Wirkungen zu erzielen, zu möglichst engen Spiralen aufgewunden sind. Zum Schluß überstreicht man die ganze Vorrichtung mit einer Deckemaille. Das klingt sehr einfach, und dennoch hat die Herstellung der Heizplatten den Fabrikanten große Schwierigkeiten bereitet. Wie allgemein bekannt, dehnen sich die Körper bei der Erwärmung aus, und zwar in sehr verschiedenem Maße je nach der Art der Körper. Es ist also notwendig, eine solche Emaille herzustellen, die sich in der gleichen Weise ausdehnt wie der eingebettete Draht; geschieht es nicht, dann zerreißen die Drahtspiralen im Innern des Heizkörpers. Die Herstellung der Emailleplatten gilt daher als eine besondere Kunst, die von den Fabrikanten streng geheim gehalten wird.

Kennt man die Zusammensetzung der Heizplatten, so ist nun leicht zu verstehen, wie der elektrische Strom Wärme erzeugt. Die Drähte in ihnen können nicht zur Weißglut gelangen, weil sie fortdauernd ihre Wärme auf die einhüllende Emaille übertragen.

Sehr praktische elektrische Oefen wurden zuerst in England verwendet. Sie setzen sich aus mehreren Heizplatten zusammen, die an die elektrische Leitung angeschlossen sind. Durch einen Handgriff kann die Stromzuführung eingeleitet, aber auch zugleich so reguliert werden, daß die Zimmertemperatur jeder gewünschten Höhe entspricht. Um eine mittlere Zimmerwärme von etwa 15 Grad zu erzielen, müssen die Heizplatten erfahrungsgemäß eine Temperatur, die zwischen 100 und 130 Grad der hundertteiligen Scala liegt, annehmen. Die Erwärmung eines Zimmers von etwa 30 cbm Raum stellt sich dann bei den jetzigen Elektricitätspreisen in Deutschland auf 20 Pfennig für die Stunde.

Eine große Zahl von Gebrauchs- und Luxusgegenständen, die wir in unsern Salons, Arbeits-, Schlaf- und Toilettezimmern vorfinden, sind für den elektrischen Betrieb konstruiert worden. Die Eleganz und Schönheit ihrer äußeren Gestaltung ist meist hervorragend und rückt beim Vergleiche die alten Vorrichtungen, welche entsprechenden Zwecken dienen, weit in den Hintergrund.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_015.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)