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Blätter und Blüten.

Gedanken und Erfahrungen über Frauenbildung und Frauenberuf ist der Titel einer Abhandlung, welche die Aerztin Dr. med. Anna Kuhnow in Leipzig in Haackes Verlag erscheinen ließ. Diese Schrift hebt sich durch eigenartige Gedanken und vortreffliche Darstellung aus der großen und nicht immer erquicklichen Flut von Broschüren zur Frauenfrage heraus. Es giebt darin die erfolgreiche Aerztin, die Kämpferin gegen naturwidrige Kleidung, mahnende Ratschläge, welche von den Müttern heranwachsender Mädchen ernstlich beherzigt werden sollten. Als Abwehr gegen Hysterie und moralische Trägheit, gegen das Gefühl unnützer Existenz, welche der Mangel an Pflichten notwendig hervorruft, verlangt sie vor allem die ernsthafte Ausbildung jedes erwachsenen Mädchens zu irgend einer beruflichen Thätigkeit, sei diese wirtschaftlicher oder anderer Natur.

Wenn sie auch dabei, wie manche andere bedeutende Vorkämpferin der Frauenbewegung ebenfalls, die Arbeitsleistung der modernen Stadtfrau zu gering anschlägt und die vielen Frauen des gebildetem Mittelstandes außer Augen läßt, die mit einem Dienstmädchen auskommen, also ein reichliches Teil Arbeit selbst leisten müssen, so spricht sie mit vielem Rechte dagegen, daß viele unserer Mädchen die ersten Jahre nach der Schulzeit mit dilettantenhaften Künsten und Liebhabereien vergeuden, statt Hand, Kopf und Charakter für das künftige Leben zu schulen. Nach ihrem Vorschlag soll das junge Mädchen zwischen 16 und 18 Jahren die so gesunde allseitige Hausarbeit erlernen, von da an aber seine besonderen Gaben in einem ernsthaften Lehrgang ausbilden, ein bestimmtes Ziel vor sich sehen, auf das hin sie fest und energisch arbeiten muß: „Sie soll Wäscherin oder Plätterin, Köchin, Schneiderin, Lehrerin, Aerztin oder Juristin werden, je nach Talent und Mitteln, die Eltern sollen es aber mit dieser Ausbildung so ernst nehmen wie mit der des Sohnes. Sie soll irgend etwas tüchtig verstehen, um später Ordnungsliebe und Tüchtigkeit auf das ganze System ihrer Pflichten zu übertragen.“ Daß unter diesen Pflichten die gegen das Elternhaus und die eigene Familie in erster Linie stehen müssen, daß die alternde Mutter die Hilfe wenigstens einer Tochter verlangen kann, braucht wohl keiner besonderen Erwähnung.

Sehr interessant, um aus der Fülle des Gebotenen noch etwas herauszugreifen, ist auch, was die Verfasserin bei Besprechung des medizinischen Frauenstudiums von ihren eigenen Erfahrungen erzählt, wie oftmals dem weiblichen Arzt allein von seiten weiblicher Patienten das unbedingte Vertrauen erschlossen und dadurch drohendes Unheil verhütet wurde. Auch hier mahnt und warnt sie vor den Schädlichkeiten in Kleidung, Lebensführung und üblen Gewohnheiten, indem sie betont, wie eben hier der weibliche Hausarzt anders vorbauend eingreifen kann als der männliche.

So wird wohl die Notwendigkeit des medizinischen Frauenstudiums mit guten Gründen ausführlich gezeigt. Daß aber daneben Wert und Bedeutung der praktischen Berufe so eindringlich hervorgehoben werden, welche doch den Anlagen so vieler Mädchen am besten entsprechen, das ist ein Hauptverdienst der vortrefflich, klar und überzeugend geschriebenen Broschüre. Bn.     

Erste Schlittenfahrt.
Nach einer Originalzeichnung von H. Kaulbach.

Russischer Postkurier. (Zu dem Bilde S. 97). In das östlichste Europa versetzt uns das Bild. Der russische Postkurier hat die Tasche mit Eilbriefen in Empfang genommen und den Befehl zu ihrer Beförderung erhalten. Er schwingt sich auf sein Roß, macht das Zeichen des Kreuzes, das der Russe beim Antreten einer Reise niemals vergißt, und Marsch! Marsch! geht es durch den düstern winterlichen Wald und die öde, verschneite Steppe. Bald ist die Sonne untergegangen und die Abenddämmerung senkt sich über die Landschaft. Wie feierlich still ist die Steppe – der Reiter hört nur das Knirschen des Schnees unter den Hufen seines Pferdes. Doch horch! Aus der Ferne dringen langgezogene Laute an sein Ohr. Er kennt sie wohl; es ist das Heulen hungriger Wölfe. Der Sohn der Steppe ist mit solchen Gefahren vertraut; er macht seinen Revolver schußbereit, späht scharf in die Ferne und vorwärts! heißt es, Gott befohlen!

Die Meute hat ihn gewittert, und bald beginnt ein Ritt auf Leben und Tod. Dem Braven ist es gelungen, zwei der zudringlichsten Mordgesellen niederzustrecken; wenn er aber heil das nächste Dorf erreicht, so hat er es nur der Schnelligkeit und Ausdauer seines treuen Gefährten, des edlen Rosses, zu danken.*      


Inhalt: Trotzige Herzen. Roman von W. Heimburg. (3. Fortsetzung.). S. 85. – Morgenlied im Blindenhause. Gedicht. S. 88 (Zu dem Bilde S. 89.) – Gesundheit und Kleidung. Ein Beitrag zur Hygieine der Kleiderstoffe. Von Professor H. Buchner in München (Schluß) S. 88. – Morgenlied im Blindenhause. Bild. S. 89. – Aus dem Leben Philipp Melanchthons. S. 91. Mit Abbildung S. 91 und Bildnis S. 92. – Die deutsche Hochseefischerei. Von P. Hoeck. S. 92. Mit Abbildungen S. 85 und 93. – Die Hansebrüder. Roman von Ernst Muellenbach (Ernst Lenbach) (5. Fortsetzung) S. 95. – Russischer Postkurier, von Wölfen überfallen. Bild. S. 97. – Blätter und Blüten: Gedanken und Erfahrungen über Frauenbildung und Frauenberuf. S. 100. – Russischer Postkurier. S. 100. (Zu dem Bilde S. 97.) – Erste Schlittenfahrt. Bild S. 100.


Zum hundertjährigen Geburtstag!
Im unterzeichneten Verlag ist erschienen und durch die meisten Buchhandlungen zu beziehen:
Kaiser Wilhelm I.
Ein Gedenkbuch für das deutsche Volk. Von Ernst Scherenberg.
Elegant in Leinwand gebunden (228 Seiten gr. Oktav); Preis 1 Mark.

Inhalt: I. Glückliche Kinderzeit (1797–1806). II. Frühe Leidensjahre (1806–1810). III. Die Tage der Vorbereitung und Erhebung (1810–1813). IV. Während der Befreiungskriege (1813–1815). V. Mannesjahre des Prinzen Wilhelm (1818–1840). VI. Prinz von Preußen (1840–1858). VII. Prinzregent (1858–1860). VIII. König von Preußen (1861–1871). IX. Oberhaupt des Norddeutschen Bundes (1867–1870). X. Deutscher Bundesfeldherr (1870–1871). XI. Deutscher Kaiser (1871–1888) XII. Kaiser Wilhelms Tod (9. März 1888).

Der hundertjährige Geburtstag Kaiser Wilhelms I. ruft dem deutschen Volke das Andenken an seinen edlen Heldenkaiser ganz besonders lebhaft ins Gedächtnis, und wer hätte da nicht das Bedürfnis, sich das Lebensbild dieses ruhmgekrönten Monarchen vor Augen zu führen! Ein solches, mit warmer Begeisterung geschriebenes Lebensbild bietet uns Ernst Scherenberg in seinem Gedenkbuche, welches zur bleibenden Erinnerung an den Gründer des neuen Deutschen Reiches in jedem deutschen Hause eine Stätte finden sollte. Schlichte Wahrheitsliebe und verständnisvolle Darstellung machen das Buch zu einem wahren Volksbuche.

manicula Die Abonnenten der „Gartenlaube“ können das Kaiser-Wilhelm-Gedenkbuch von derselben Buchhandlung beziehen, welche ihnen die „Gartenlaube“ liefert. Wo der Bezug auf Hindernisse stößt, wende man sich unter Beifügung des Betrags in Briefmarken direkt an die Verlagsbuchhandlung von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.  



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner in Stuttgart. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1897, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_100.jpg&oldid=- (Version vom 5.7.2023)