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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

Wenn auch auf diesem Plane des friedlichen Wettkampfes zahlreiche auswärtige Gärtner mit ihren Erzeugnissen erschienen waren, so zeigte die Ausstellung doch vorwiegend die Leistungen der Berliner Kunstgärtnereien, war eine Berliner Ausstellung und stellte dem Gewerbefleiß der deutschen Reichshauptstadt das glänzendste Zeugnis aus. Der norddeutsche Gärtner muß vielfach gegen die Unbill des rauhen Klimas ankämpfen, und doch hat er in vielen seiner Leistungen seine Rivalen in dem sonnigeren Frankreich erreicht, auf manchen Gebieten sie sogar überflügelt!

Den besten Beweis für den Fortschritt unseres Gartenbaues lieferte ein Blick auf den Mittelraum der Ausstellungshalle, die den Besuchern der vorjährigen Industrieausstellung als das Chemiegebäude bekannt ist. Der ganze Platz war in ein herrliches Rosenparterre verwandelt. Die Zeiten, wo wir unseren gesamten Bedarf an Frührosen aus Frankreich und Italien bezogen, liegen noch nicht weit zurück; aber in unermüdlicher Ausdauer erreichten unsere Gärtner das schwierige Ziel, auch im Norden die Rosenblüte im Winter zu erzwingen, und auf der Ausstellung sah man nicht nur die leichter treibenden Theerosen, sondern auch prächtige Remontantrosen in großer Zahl. Einem Rosenzüchter, dem Gartenbaudirektor Bunzel in Nieder-Schönweide, wurde auch der Ehrenpreis des Kaisers zuerkannt. Er bestand in einer prächtigen Bowle, einem Meisterstück der Königlichen Porzellanmanufaktur, das unsere obenstehende Abbildung wiedergiebt.

Der Kaiserpreis für die Berliner Gartenbau-Ausstellung.
Nach einer photographischen Aufnahme von Hugo Rudolphy in Berlin.

In derselben Halle fesselten die von Spindler-Spindlersfeld ausgestellten Pflanzengruppen das Auge. Neben herrlichen vielfarbigen Croton- und Caladiumarten sah man hier prächtige Nepenthesarten und duftende großblütige Orchideen. Die mustergültigen Leistungen dieser Privatgärtnerei wurden durch den Ehrenpreis der Kaiserin ausgezeichnet, der in einer schönen Porzellanvase bestand. Eine dritte Sehenswürdigkeit desselben Raumes bildeten die Pfleglinge eines Dresdener Gärtners T. J. Seidel. Auf einer steilen Bergwand, die durch einen Wasserfall belebt wurde, befand sich eine Sammlung, von Rhododendronbüschen, die in glühendem Rot, Gelb und Purpur blühten; nur selten kann man in Europa die Pracht dieser asiatischen Alpenrosen in solcher Vollkommenheit bewundern, wie sie hier zu schauen war. Es fehlte aber in der Ausstellung auch nicht an der leuchtenden Blütenpracht der deutschen Alpenpflanzen. Th. Echtermayer von der Gärtnerlehranstalt in Wildpark stellte viele von ihnen in prachtvollen Exemplaren aus: da sah man den citronengelben Polarmohn neben dem hellroten Alpenveilchen, schneeige Ranunkeln neben tiefblauem Enzian.

In unseren Gewächshäusern gedeihen unter sorgsamer Pflege auch die stolzen Kinder der Tropen, die vielgestaltigen Palmen. Eine der herrlichsten Gruppen dieser Pflanzen war in der zweiten Haupthalle arrangiert. Eine breite Wandfläche war hier mit prächtigsten Palmen und ihren Verwandten dekoriert. Neben der Kokospalme der Südsee sah man die Schirmpalmen Ostindiens; Java, Brasilien, das Kapland waren durch die schönsten Arten vertreten, und zwischen den Palmen waren Cycadeen und wunderbar geformte Baumfarren zu sehen. Der Aussteller dieser Mustergruppe, die eine unserer Abbildungen veranschaulicht, war Th. Jawer in Niederschönhausen; für diese treffliche Leistung wurde ihm der Ehrenpreis der Stadt Berlin zuerkannt.

Eine besondere Beachtung verdiente endlich die Gruppe der Blumenbinderei, in welcher Blumensträuße zu sehen waren, die man als kleine Kunstwerke bezeichnen konnte, Sehr anziehend wirkte auch eine Anzahl geschmackvoller Tischdekorationen, so z. B. eine Konfirmandentafel, die über und über mit Maiglöckchen, Lilien und weißen Orchideen geschmückt war.

Die Palmengruppe von Th. Jawer in der Berliner Gartenbau-Ausstellung.
Nach einer photographischen Aufnahme von Zauder und Labisch in Berlin.

Die Ausstellung lehrte auf Schritt und Tritt, welche Fülle von Blütenpracht durch menschliche Ausdauer in der einst so verrufenen, sandigen Mark erzeugt werden kann. Berlin hat sich längst zu einem weltberühmten Mittelpunkt des Gartenbaues emporgeschwungen; möge der rastlosen Arbeit seiner Gärtner auch fernerhin der Segen des Himmels in reichstem Maße beschießen sein!

Nicht weniger anziehend als die Berliner ist die Hamburger Ausstellung. Ja, an Eigenart übertrifft sie die meisten ihrer Vorgängerinnen. Man behauptet sogar, daß die diesjährige Hamburger Ausstellung, wenigstens in solchem Umfange, ihresgleichen nicht gehabt hat, seit es Gartenbau-Ausstellungen giebt.

Denn Eintagsfliegen pflegen sie zu sein, glänzend, farbenschillernd, aber ach, so kurzlebig …

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 379. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_379.jpg&oldid=- (Version vom 6.7.2023)