Seite:Die Gartenlaube (1897) 479.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

in Eberbach am Neckar und in Eystrup in der Provinz Hannover erwiesen. Die erstere, welche unter der bewährten Leitung des Lehrers und Imkermeisters Roth steht, wurde am 21. Mai 1891 eröffnet. Dieselbe erfreut sich ganz besonders der Förderung durch die Großherzogin von Baden, welche die Anstalt mit ihrem Gefolge besucht und in Augenschein genommen hat. Von 233 Bewerbungen um Aufnahme in diese Schule wurden 54 Männer und 22 Frauen bis 1895 zugelassen. Das Großherzogliche Ministerium des Innern bewilligte an sämtliche Schüler bezw. Schülerinnen, welche um eine Unterstützung eingekommen waren, Reisekosten und eine Tagesgebühr von 1 Mark 50 Pf bis 2 Mark 10 Pf. Nach Beendigung eines Kursus, deren mehrere in einem Sommer abgehalten werden, findet eine Prüfung statt. Ein Kursus dauert 10 Tage bei sieben- bis achtstündiger Arbeit im Schulraume oder auf dem Bienenstande.

Herstellung von Kunstwaben.

Die Imkerschule in Eystrup, welche von dem Imkermeister Rudolf Dathe trefflich geleitet wird, ist in ähnlicher Weise wie die in Eberbach eingerichtet. Sie erfreut sich wie diese der kräftigsten Unterstützung der Regierung und zugleich des Hannoverschen Centralvereines für Bienenzucht. Auch sie wird sehr fleißig besucht.

So ist denn allein durch diese Imkerschulen eine ganze Reihe von Männern und Frauen seitdem zu tüchtigen Imkern und Imkerinnen herangebildet worden, die schon mehr und mehr dafür sorgen werden, daß auch die primitiven Bienenstände nach und nach in moderne und gut rentierende umgewandelt werden. Und wie in Baden und Hannover sorgt man überall in Deutschland für Verbreitung der modernen Bienenzucht. Das kann und muß jeden, der sich überhaupt für Volkswohlfahrt nur halbwegs interessiert, vom Grunde des Herzens freuen, zumal wenn er bedenkt, daß alljährlich noch Millionen von Mark für die Bienenprodukte in das Ausland gehen, während noch riesige Massen des schönsten Nektars, viele Millionen von Wert, aus Mangel an den erforderlichen Bienenvölkern, in den Blüten deutscher Flora nutzlos verkommen müssen.


Unter der Linde.

Novelle von Wilhelm Jensen.

(1. Fortsetzung.)

Das Tageslicht verstärkte sich, den Glockenraum mit einer helleren Dämmerung durchwebend, der Zurückgelassene sah den Türmer mit der Leiter auf der Schulter furchtlos den Balken wieder überschreiten, hinter ihm das Mädchen. Ein kurzer Nachhall ihrer abwärtsverhallenden Tritte – dann war Alban allein. In einer wie von einem phantastischen Traum geschaffenen Welt, einer Einsamkeit, die lautloser und lebenverlassener war als etwa diejenige auf einem in die Wolken entrückten Berggipfel.

Warum das? Ihn wollte bedünken, er wäre drunten genug in Sicherheit gewesen. In die ihm überlassene Schlafkammer des Mädchens würde niemand eindringen. Doch sie und ihr Vater hatten mit Hast gedrängt, ihn hier zu verbergen, so mußten sie es für notwendig halten.

Er schämte sich jetzt, auf dem Balken beim Herüberschreiten gezögert, vor Gerlind Furcht gezeigt zu haben. Was ein junges Mädchen, fast ein Kind noch, ohne jedes Bedenken that, hatte ihn, einen Mann, mit Zaghaftigkeit befallen! Freilich war sie wohl von früh auf dran gewöhnt und kannte keinen Schwindel. Hinunterblickend, sah er sie in der Vorstellung wie leibhaft drunten auf dem Balken, furchtlos den Fuß heben, Schritt um Schritt vorsetzen. Im Ohr klang ihm auch wider, was sie gesprochen und wie sie dazu gelacht hatte, um ihm Mut einzuflößen.

Etwas Lebendiges regte sich doch um ihn: Fledermäuse lösten sich irgendwo von der Mauer und den Balken, schossen lautlos bis an die Schalllöcher der Glocken, kehrten um und verschwanden wieder irgendwo im Dunkel.

Ja, der Alte hatte recht. Um sich das Leben zu erhalten, was that’s, selbst zwischen dem flatternden Getier in solcher Stellung hier auszuharren – denn es war schön, zu leben!

Um nicht einzuschlafen und abzustürzen, solle er immer an etwas denken, hatte Linde gesagt. Er saß unbeweglich, vor sich hinschauend, mehrmals schlug die Uhrglocke, doch nur beim erstenmal ließ es ihn aus seinem Denken auffahren, danach kam’s ihm kaum mehr zum Bewußtsein, als sei sein Ohr schon lange dran gewöhnt. Dann aber ward es von etwas andrem berührt, einem verworrenen Getöse, das, wie er horchte, lauter wurde und merklich näher kam. Kein Zweifel blieb: von unten aus der Kirche her dröhnten vielfältige Fußtritte die Wendeltreppe herauf, Rufe tönten, dann ward die Antwort Toralts verständlich, er habe nichts gesehn, wisse nicht, wonach gesucht werde. Nun trat verhältnismäßige Stille ein, offenbar ward die Behausung des Türmers durchforscht. Danach aber sagte jemand. „Es geht noch weiter hinauf zu den Glocken, und die Stimme Gerlinds erwiderte. „Ja, hier – da fangen die Stufen an. Der zuerst gesprochen, versetzte drauf. „Ist die Luke droben offen? Sonst mußt du den Schlüssel mitgeben!“

Merkwürdig war’s, was da drunten geredet wurde, ging unbedingt Alban sehr nahe an, doch sein Gehör, seine Gedanken faßten daraus nur etwas vollkommen Bedeutungsloses auf, daß jeder in der Stadt Gerlind Toralt noch ebenso, wie er’s gethan mit „du“ anredete. Es konnte auch eigentlich niemand eine andere Anrede auf die Zunge geraten. trotz ihrer Großwüchsigkeit war sie ja noch ein Kind, hatte sich heute morgen völlig als ein solches benommen. Ein junges Mädchen in dem gebräuchlichen Sinne des Worts hätte, um ihn zu wecken, an die Thür geklopft, wäre nicht hereingekommen und hätte sich nicht seinem Bett genähert.

Das mußte er denken; er vernahm nur mit dem äußeren Ohr, wie Tritte zu ihm heraufpolterten, als habe er nichts damit zu thun. Nun erreichten die Suchenden die Leiter, klommen auch diese hinan, und der Vorderste sagte. „Hier sind die Glocken. Er trat auf einen der Balken, setzte den Fuß drauf vor, doch sein Nachfolger hielt ihn am Arm. „Da geht’s kopfunter zu den alten Knochen, die Reise wär’ schnell! Rechts kommt wieder eine Leiter.

Der Sitz Albans barg sich in tiefem Schatten, aber er nahm deutlich die unter ihm Anhaltenden wahr. Sie blickten durch den Glockenraum umher und wechselten einige Worte.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1897, Seite 479. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_479.jpg&oldid=- (Version vom 7.7.2023)