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verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

heraufdringt, wird vom Hochgebirge der Karawanken abgehalten, die den südlichen Grenzwall des Landes bilden, während es durch die Mittelgebirgskette der Muraner und Judenburger Alpen, welche die Schneegrenze nicht erreichen, vor den rauhen Nordwinden geschützt wird.

Landungsplatz der Dampfschiffe in Pörtschach.

Infolge dieser günstigen Lage hat Kärnten ein mildes und beständiges Klima und die günstigsten Witterungsverhältnisse, so daß die zwischen den Höhenzügen eingelagerten Thäler die reizvollsten Landschaftsbilder entfalten, welche die Naturschönheiten diesseit und jenseit der Alpen in sich vereinigen. Der tiefblaue Himmel des Südens leuchtet in das nordische Grün der Buchen- und Tannenwälder, und die lebhaften Farben eines wärmeren Landes vermischen sich mit der kräftigenden Waldfrische des Hochgebirges. Dieser Gegensatz verleiht insbesondere den Gebirgen und Thälern Mittel- und Unterkärntens jene eigenartige landschaftliche Schönheit, welche sich vom Lieblichen und Anmutigen des Vordergrundes in reichem Wechsel bis zum Großartigen und Erhabenen des Hintergrundes erhebt. Die mit Laub- und Nadelholz bestandenen Vorberge steigen in der Regel sanft an und tragen in bunter Mannigfaltigkeit die Häuser und Hütten der Bergdörfer, unterbrochen von Feld-, Wiesen- und Obstkulturen, und im Schatten herrlicher Buchen-, Lärchen- und Kiefernwälder eilen muntere Bächlein zu Thal. Dazwischen stehen auf aussichtsreichen Punkten zahlreiche alte Burgen und Abteien, Kirchen und Kapellen mit einer reichen geschichtlichen Vergangenheit, um deren verblichene Gestalten Dichtung und Sage ihren duftigen Schleier weben. „Innerhalb der Grenzen Oesterreichs,“ sagt Heinrich Noé, „giebt es kein Land, in welchem das Gold des Dichtungsstoffes in so wunderbarer Umgebung gleich reichhaltig zu Tage liegt als in dem kleinen Herzogtum zwischen den eisigen Tauern und den blauen Zuflüssen der Save. Die Nachbarländer stehen hierin zurück.“ Und noch eine Schönheit ersten Ranges besitzt Kärnten: seine herrlichen Seen, die schönen „Augen der Landschaft“. Gewöhnlich heißt es, wenn man im Gebirge nach einem Fluß- oder Seebad fragt. „Wo ein Luftbad ist, dort ist kein Wasserbad“. In Kärnten trifft dies nicht zu. die meisten seiner Seen sind warm und „badsam“ und üben daher eine gewaltige Anziehungskraft auf die Sommerfrischler, welche mit dem stärkenden Luftbad auch ein erfrischendes Wasserbad vereinigen wollen.

Von den vielen Seen seien nur die drei größten und bekanntesten genannt: der Millstätter, der Ossiacher und die „Perle von Kärnten“: der Wörther oder Klagenfurter See.

Ernst Wahliß’ Villa IX in Pörtschach.

Dies ist der wärmste Alpensee und der größte und schönste unter den Seen Kärntens. Er liegt 470 m über dem Meere und zieht sich als langgestrecktes, schmales Wasserbecken von Velden im Westen in einer Länge von fast fünf Stunden und einer Breite bis zu 1600 m nach Maria Loretto im Osten, eine Wegstunde westlich von Klagenfurt, der Hauptstadt Kärntens, mit welcher er durch den Lendkanal verbunden ist. Der See ist fast ganz von Hügeln und Bergen umschlossen, welche sowohl die rauhen Nordwinde als auch die heißen Lüfte des Südens vollständig abhalten. Es herrscht auf ihm daher fast immer Windstille, und Stürme sind äußerst selten. Wir haben hier keine stark bewegte, staubige und trockene, sondern stets eine milde, ruhige Luft mit großem Feuchtigkeitsgehalt ohne die gefürchteten Niederschläge. Die Gewitter sind nur von kurzer Dauer, und das Wasser wird vom Kiesboden rasch aufgesogen, so daß man fast den ganzen Tag im Freien zubringen kann. Der See ist von einer ganz reizenden, abwechslungsreichen Uferlandschaft umrahmt, welche in ihren poesievollen Buchen- und Tannenwäldern die mannigfaltigsten Spaziergänge bietet. Die bewaldeten Hügel erheben sich nur allmählich zu schöngeformten, mit Kulturland und verschiedenen Ortschaften bedeckten Mittelgebirgen von mäßiger Höhe, hinter denen sich dann erst der großartige Hintergrund des Hochgebirges aufbaut. Das Ernste und Wild-Erhabene der Gebirgsnatur fehlt also nicht, es tritt hier nur mehr zurück.

Viele unserer Gebirgsseen sind von steil aus der Flut aufsteigenden Felsen eingeschlossen, welche ihren Schatten auf das Wasser werfen und die Sonnenstrahlen einen Teil des Tages davon abhalten, sie machen daher meist einen ernsten, oft düsteren und beengenden Eindruck. Der Wörther See dagegen hat einen heiteren und freundlichen Charakter, sein weites Becken liegt frei und offen und ist den ganzen Tag der unmittelbaren Einwirkung der Sonne ausgesetzt. Es ist ein liebliches Idyll von zauberhaftem Reiz, und man kann mit Recht von ihm sagen: „Es lächelt der See, er ladet zum Bade“, und zwar zu einem ganz köstlichen.

Schwimm- und Badeanstalt in Pörtschach.

Wir sagten, der Wörther See ist der wärmste aller Alpenseen, er hat von Mitte Mai bis Ende September eine Temperatur von 18 bis 22° R (22 bis 27° C.), welche nur im Hochsommer um ein paar Grade steigt. Man kann hier fast volle fünf Monate im Freien baden und braucht eine Badekur nicht zu unterbrechen. Und wie angenehm, wie genußreich sind diese Bäder! Daß aber das wunderwirkende

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verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1897, Seite 493. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_493.jpg&oldid=- (Version vom 8.7.2023)