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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

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Blätter und Blüten.

Das Washington-Denkmal in Philadelphia. (Zu dem Bilde S. 713.) An Philadelphia knüpfen sich die glänzendsten Erinnerungen aus der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika. In dieser Stadt wurde am 4. Juli 1776 die Unabhängigkeitserklärung erlassen und in ihren Mauern tagte im Jahre 1787 der Verfassungskonvent, der die noch heute gültige Verfassung der Vereinigten Staaten entwarf. Kein Wunder, daß man seit lange den Wunsch hegte, in Philadelphia dem großen Volkshelden Georg Washington ein Denkmal zu errichten. Erst in der jüngsten Zeit sollte indessen dieser Wunsch in Erfüllung gehen, und nun erhebt sich am Eingang zum Fairmountpark ein Reiterstandbild des Befreiers der Vereinigten Staaten, das zu den schönsten Denkmälern der Neuen Welt zählt. Es ist nach dem Entwurf eines Deutschen, des Professors Rudolph Siemering, ausgeführt. Die große Plattform aus schwedischem Granit, die auf unserem Bilde nur zum Teil sichtbar ist, bildet seine Unterlage. Sie weist dreizehn Stufen auf, die symbolisch an die dreizehn Urstaaten erinnern sollen. An den Ecken befinden sich vier Springbrunnen, welche die vier großen Ströme der Vereinigten Staaten, den Delaware, Hudson, Potomac und Mississippi versinnbildlichen. Allegorische Indianergestalten und amerikanische Hirsche sind über ihnen angebracht. Auf der Plattform steht ein Piedestal, das von dem Reiterstandbild gekrönt wird. Washington ist in der Uniform der Revolutionsarmee dargestellt. An der Frontseite des Piedestals sitzt die Gestalt der „Amerika“, in der Rechten ein Füllhorn und in der Linken den dreizackigen Speer. Zwei Gestalten knieen zu ihren Füßen, die eine hält eine Urkundenrolle, die andere hebt einen Kranz empor; unter dieser Gruppe sitzt der amerikanische Adler. Rechts und links von der Amerika sind zwei Bronzereliefs in das Piedestal eingefügt, von denen das eine einen Kriegerzug, das andere eine Gruppe von Einwanderern darstellt.

Die Enthüllung des Denkmals fand am 15. Mai im Beisein des Präsidenten Mc. Kinley statt.*      

Der Stapellauf des Panzerkreuzers „Fürst Bismarck“.
Nach einer Photographie von Hans Breuer in Hamburg.

Der Stapellauf des Panzerkreuzers „Fürst Bismarck“. Der 25. September war ein bedeutungsvoller Tag für unsere Kriegsmarine; denn an ihm ist in Kiel der erste deutsche Panzerkreuzer vom Stapel gelaufen. Das Schiff sollte allen modernen Anforderungen genügen und sein Bau nahm darum eine lange Zeit in Anspruch; zwei Jahre waren von der Kiellegung bis zum Stapellauf erforderlich. Die Panzerkreuzer, die Geschwindigkeit, Stärke und Selbständigkeit in sich vereinen, gelten als die besten Kampfschiffe für den überseeischen Dienst. Der neue deutsche Panzerkreuzer ist das längste Schiff unserer Marine. Er ist 120 m lang und 20,4 m breit, hat einen Tiefgang von 7,9 m und ein Deplacement von 10 650 t. Der Panzerschutz besteht in einem Gürtelpanzer aus gehärtetem Stahl, dessen Stärke an den Seiten des Schiffes 200 mm, vorn und achtern 100 mm beträgt. Mit demselben Panzermaterial sind die Geschütztürme, Kasematten usw. geschützt. Das Schiff ist mit 44 Geschützen ausgerüstet und seine Geschwindigkeit soll 19 Seemeilen in der Stunde betragen. Der Kaiser ordnete an, daß der neue Panzerkreuzer den Namen „Fürst Bismarck“ führen solle. Fürst Bismarck selbst konnte an dem Feste des Stapellaufes nicht teilnehmen, wohl aber erschienen zu demselben die Grafen Bismarck und Rantzau sowie die Gräfin Wilhelm Bismarck. Vor dem Stapel war eine reichgeschmückte Tribüne für die Ehrengäste erbaut worden; in der Mitte des überdachten Raumes stand unter Glas ein Modell des Panzerkreuzers „Ersatz Leipzig“, der nunmehr „Fürst Bismarck“ heißt. Hinter dem Schiffe befand sich die Taufkanzel, ein gerüstartiger Bau, zu dessen balkonartiger Spitze 40 Stufen emporführten. Punkt 12 Uhr erschienen die Ehrengäste. Nach kurzem Aufenthalt in dem Ehrenzelt bestieg die Gräfin Bismarck, geleitet vom Admiral Tirpitz, die Taufkanzel. Mit den Worten „Auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers taufe ich dich ‚Fürst Bismarck’“ und durch das übliche Zerschellen einer Flasche Schaumwein vollzog die Gräfin den Taufakt. Wenige Minuten darauf wurde das Zeichen zum Ablauf gegeben; die letzten Stützen fielen und unter brausenden Hurrarufen der Anwesenden glitt der Panzerkoloß majestätisch in die Fluten.

Schlagfertig. (Zu dem Bilde S. 721.) Donnerwetter noch einmal! … Die hat ja auch ein Mundwerk, nicht nur schöne Augen und rote Backen! Was hat sie sich unterstanden, ihm zu antworten? Ihm, dem fleißigen, gelehrten, jungen Doktor, der nur sehr ungern mit den andern die Pfingstreise ins Hochgebirg machte, aber droben im Blauen, in freier Luft und Alpenherrlichkeit ganz fabelhaft auflebte, so daß er über Stock und Stein springend jodelte, Alpenrosen pflückte und voll Enthusiasmus in der Sennhütte auf Heu schlief! Mit der Sennerin hat dieser Stadtherr gescherzt und ihre lachenden Kehllaute als vergnügte Antwort gedeutet. Und nun auf dem Rückweg im Thal, wo er sich nochmals herablassend spaßhaft an dieses blumenpflückende Naturkind wendet, nun erlebt er eine „Abfuhr“ so gesalzener Art, daß ihm buchstäblich der Verstand für einige Augenblicke stillsteht. Die Kameraden wollen sich vor Lachen ausschütten über seine ratlose Verblüfftheit, die Siegerin geht mit triumphierendem Hohn davon, und seitwärts auf dem Bock des Bierfahrzeugs dreht sich auch noch einer schmunzelnd um, den der Vorfall zwar nicht betrifft, aber mit großem Vergnügen erfüllt. Ja, ja, so kann’s den klügsten Leuten im Hochgebirg gehen, es ist dort fast vorzuziehen, nur ein ganz harmloser und natürlicher Mensch zu sein! Br.     

Angenehme Nachrichten. (Zu unserer Kunstbeilage.) Wer an stillen Nachmittagen in das kleine Kanalgewirr von Venedig eindringt und seine Gondel zwischen den halbverfallenen Mauern durchlenkt, der sieht an jeder Hausthür Scenen ähnlicher Art wie die hier dargestellte. Licht und Luft ist nur draußen auf dem schmalen Plattenstreifen längs des Wassers zu finden, drinnen im Hause ist’s dunkel und kühl: Grund genug, alle mögliche Arbeit und Erholung aus ersteren heraus zu verlegen! Gefährlich ernst ist es freilich mit der Arbeit niemand: die schwarze Luisa aber bedarf reichlich das Fünffache an Aussprache als etwa eine deutsche Kollegin während ihres Nähgeschäftes und kommt deshalb ziemlich langsam vorwärts. Jetzt freilich verzichtet sie überhaupt aufs Weitersticheln, denn was ihr da die blonde Nachbarin Carlotta vorliest aus dem Brief ihres Bersagliere, der jetzt in Cremona steht und nächstens auf Urlaub kommen darf, das ist zu interessant, das muß mit Sammlung angehört werden! Vielleicht auch noch mit etwas anderer Empfindung – wenigstens möchte man, wenn man sie so ansieht, darauf wetten, daß es nicht lange Zeit mehr dauern wird, bis Luisa auch einen Brief in der Tasche hat und der Freundin die Vorlesung vergilt! Das sprechen die sehnsuchtsvollen Schwarzaugen so deutlich aus, daß man kein Prophet zu sein braucht, um es vorherzusagen! Bn.     


manicula      Hierzu Kunstbeilage XXIII: „Angenehme Nachrichten.“ Von E. von Blaas.

[Inhaltsverzeichnis dieses Heftes, hier nicht transkribiert.]



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner in Stuttgart. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 724. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_724.jpg&oldid=- (Version vom 8.7.2023)