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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

andern verspart. Ich hätte wohl hören mögen, was der Musikante da an dich hingeredet hat – nur um zu lernen, wie man’s machen muß, um dich so zu sehen.“

Hanna atmete tief auf.

„Ich will dir’s sagen, gieb acht. Er sagte, er bliebe mein Freund, trotz der Feigheit, mit der ich ihn unverdientermaßen habe fallen lassen. Er bliebe mein Freund, auch wenn er nicht verstünde, warum ich es thäte, denn er hätte Vertrauen zu mir. Das, siehst du, hat mich beglückt, das hat mich bewegt. Vertrauen! Ich bin das ja nicht mehr gewöhnt. Er hat Vertrauen zu mir, obwohl er’s nicht brauchte, denn ich habe ihn nicht danach behandelt. Unbedingtes Vertrauen. Du nicht, Du niemals.“

„Ich weiß auch warum.“

„Ludwig!“ rief sie gepeinigt.

„Die Leute werden schon auf unser Gespräch aufmerksam,“ sagte er spöttisch, obwohl in der That niemand in der Nähe war. „Gestatte, daß ich dich citiere. Vorhin war ich dir zu laut. Jetzt schreist du selber wie gestochen.“

„So laß uns schweigen – was ja überhaupt das beste wäre.“

„I, fällt mir ein! Seit wann laß ich mir denn von dir den Mund verbieten. Mäßige dich gefälligst, dann wird sich kein Mensch um uns kümmern. Ich gebe den Leuten niemals Veranlassung, zu glauben, daß wir nicht wie die Turteltauben leben. Um also auf deinen geschmackvollen Ausfall gegen mich zurückzukommen. Vertrauen. Für wie dämlich hältst du mich denn eigentlich, daß du glaubst, ich ließe mir einreden, ihr hättet euch da unversehens getroffen?“

„Ich halte dich nicht für dämlich. Wenn ich die Absicht hätte, dich zu hintergehen, müßte ich es klüger anfangen. Wir sind uns in aller Wirklichkeit zufällig begegnet. Nachdem ich dir das dieses eine Mal versichert habe, werde ich es kein zweites Mal mehr thun. Glaub’ es, ober glaub’ es nicht.“

Sie zitterte am ganzen Leib, aber sie sprach nun vollkommen ruhig, fast kalt. Doch eben diese Ruhe verdroß ihn.

„Nett von dir, daß du mir doch wenigstens die Wahl lässest,“ sagte er beißend. „Also ganz zufällig. Und – wie oft sich dieser Zufall schon wiederholt hat, das wirst du bei deiner rührenden Wahrheitsliebe nicht mehr feststellen können?“

„Doch. Sehr leicht. Wir begegneten uns heute zum ersten mal nach ungefähr vier Jahren.

„Potz Henker! Und du verlangst, daß ich das glaube?“

„Gewiß, verlang’ ich das. Aber vergeblich, wie ich wohl weiß.“

„Gut, daß du dir dessen bewußt bist. Vergiß es nur nicht.“

„Ich vergesse es nicht. Du sorgst schon dafür. Daß ich auch nicht müde werde, mich immer noch zu verteidigen! Eigentlich bin ich es ja auch müde. Gründlich müde.“

Er betrachtete sie mit finsterm Blicke von der Seite, während sie nun wortlos nebeneinander weitergingen. Er schien vergessen zu haben, daß er ihr die letzte Erwiderung überlassen hatte, die sonst durchaus seine Sache war; daß er sie diesmal nicht zum Schweigen gebracht hatte, wie es sich gehörte, sondern selbst verstummt war. Der Ausdruck tiefer peinvoller Erschöpfung in ihrem farblosen Gesicht fiel ihm auf, heute mehr als sonst. Schlecht sah sie aus, miserabel, nicht nur krank, sondern auch gealtert, geradezu verblüht. Diese lange Sommerreise war also wieder für die Katz’ gewesen! Warum er nur immer mit ihr in der Welt herumkutschierte, wenn sie ebenso heimkommen wollte, wie sie gegangen war … weder Schwefel, noch Eisen, weder Sole, noch Seebad wollte helfen. Im Gebirge wie am Meeresstrand dasselbe Gesicht. Unsummen hatte er schon verplempert auf diesen Reisen für nichts und wieder nichts. Nicht, daß ihn das Geld reute. „Gnietschig“ war er nicht. Er hatte noch nie einem verjuxten Thaler nachgejammert. Auch keinem verjuxten Tausender. Aber gehabt haben wollte er etwas von dem Mammon, wenn er ihn los war, gelohnt mußte es sich haben! Na ja, sie hatte eine Menge hübsche Dinge gesehen, hatten sich Sachen geleistet, die sich eben nur die ganz Reichen herausnehmen durften. Aber den eigentlichen Zweck, die Auffrischung, die Verjüngung dieser blassen Person da – der blieb unerfüllt. Andre Frauen kamen doch mit roten Backen heim, die nicht halb so lange unterwegs gewesen waren und sich nichts träumen lassen konnten von Nordlandsfahrten und italienischen Seen und Insel Wight und Sicilien und Kairo. Jede andre Frau wäre überhaupt quietschvergnügt gewesen, einen Kerl wie Ludwig Thomas zum Mann bekommen zu haben! Bloß die werte Seinige, die trug ihre Ehe wie ein Kreuz! Als ob nicht vielmehr er zu bedauern gewesen wäre, sein Herz an diese Schneejungfrau gehängt zu haben, die ihm nun noch obendrein langsam zwischen den Fingern zerrann. Besonders seit anderthalb Jahren, seit der verflixten Geschichte, war sie höllisch zusammengerasselt; hatte sich vielmehr immer noch nicht wieder erholt, war immer noch beinahe dasselbe Gespenst von Jammerhaftigkeit, als das sie von dem Krankenlager damals aufgestanden war.

Ein Elend, mit so einem Waschlappen behaftet zu sein! Ein einziger Ruck, und sie lag da. Gott bewahre, andre Frauen rappelten sich doch nach so einer Sache wieder auf und thaten nicht dergleichen, als wenn es damit nun ein für alle mal aus sein müßte. Eine schöne Zukunft! Das Geschlecht der Thomasse am Aussterben. Stand ja nur noch auf seinen zwei Augen. Was hatte er nun von dieser Ehe, auf die er so wütend versessen gewesen war! Enttäuschungen nach allen Himmelsrichtungen. Anders, anders, anders hatte er sich die Geschichte gedacht! Zwar – in ihrem Betragen hatte sie sich im Laufe der Zeiten im großen und ganzen einigermaßen gebessert. Sein Verdienst! Mühe genug hatte ihn die Erziehung der Frau Eheliebsten gekostet. Das Aufmucken wenigstens hatte er ihr gründlich abgewöhnt. Den Mund zu halten, hatte sie nach und nach gelernt. Höchste Zeit! Bloß so ein Scharmützel, wie eben das letzte, das lieferte sie ihm noch zuweilen. Das Schuldbewußtsein, das andre stumm machte, das schärfte ihr die Zunge. Mochte wohl die Angst sein. Denn wenn er ihr einmal auf die Schliche kommen würde – wehe ihr! Wehe ihnen allen beiden! Verfluchter Kerl, dieser Zwischenträger. Denn das war er, darauf wollte er getrost Gift nehmen. Der Teufel mochte wissen, was sie einander da wieder alles auszurichten hatten. Zufällig! Und zum erstenmal! Vorzüglich! Hätte er sich nur näher heranmachen können um zuzuhören. Aber wartet nur, ihr Kanaillen, euch werd’ ich’s besorgen. Wundern sollt ihr euch noch, daß euch die Augen übergehen!

(Fortsetzung folgt.)


Katzenrassen.
Von J. Bungartz.
(Zu dem Bilde S. 745.)

Uralt ist die Vorliebe der Menschen für die Katzen; bei manchen Völkern erfreuten sich diese Haustiere eines weitgehenden Schutzes und genossen eine geradezu abgöttische Verehrung. Besonders war dies im alten Aegypten der Fall. Die Katzen galten im Pharaonenlande als heilige Tiere; ihre Leichen wurden mumifiert, mit Pomp beerdigt; ihnen zu Ehren errichtete man Tempel und man stiftete Vermächtnisse zu ihrer Unterhaltung. Starb eine Katze eines natürlichen Todes, so legten die Bewohner des Hauses Trauer an, rasierten sich die Augenbrauen, mumifierten die Leiche mit den kostbarsten Spezereien und trugen sie im Trauerzuge zu Grabe. Die Wartung der heiligen Katzen wurde als eine besondere Ehre betrachtet, auch die Achtung vor ihren Wärtern ging so weit, daß die Bürger sich zum Gruße vor ihnen auf die Erde neigten. Alle Handlungen der alten Aegypter wurden durch die Verehrung dieser Tiere beeinflußt. Wer eine Katze tötete, selbst wenn aus Versehen, verfiel unerbittlich dem Tode.

Die Göttin „Pacht“ oder „Baß“ wurde mit einem Katzenkopf dargestellt; ihr war in Bubastis im östlichen Delta ein Heiligtum geweiht und dorthin wurden auch gewöhnlich die

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 746. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_746.jpg&oldid=- (Version vom 31.3.2018)