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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

der Heranbildung brauchbarer Kriegshunde. Vor allem wird erstrebt, die äußerst gut entwickelten Sinne des Hundes, seine Wachsamkeit, leichte Auffassungsgabe, seine Treue und Ausdauer, dem Heere und besonders auch dem Kriegs-Sanitätswesen dienstbar zu machen.

Die Verwendung des modernen Kriegshundes ist eine vielseitige; er soll Vorposten-, Boten- und Rekognoscierungsdienst versehen, Munition in die Feuerlinie tragen, Gepäckstücke bewachen etc. Eine seiner schönsten Aufgaben ist aber das Aufsuchen von Verwundeten.

Diese vielseitige Verwendung im Dienste verlangt allerdings einen äußerst befähigten und auch den Witterungseinflüssen standhaltenden Hund. Weichliche, ängstliche und nervös veranlagte Rassen sind daher schon von vornherein zu dem strapaziösen Dienste nicht berufen, da Anforderungen an sie herantreten können, die nicht allein die Anwendung der äußersten Kraftanstrengung sondern auch Entbehrungen aller Art erfordern.

Der schottische Terrier als Kriegshund.

In den verschiedensten Staaten hat man mit allen möglichen Rassen Versuche angestellt und diese haben ergeben, daß die Schäferhundrassen im allgemeinen am befähigtsten für den Kriegs- und Sanitätsdienst sind. Unter ihnen wieder werden die schottischen Schäferhunde, die Collies (vgl. die Abbildung), besonders gerühmt. Es sind dies nicht allein äußerst widerstandsfähige und ausdauernde, sondern auch sehr intelligente Hunde, die, in guter, verständiger Hand dressiert, allen gerechten Anforderungen vollauf entsprechen. In letzter Zeit werden Versuche mit dem Ayredale-Terrier (eine schottische Rasse, die viel Aehnlichkeit mit dem deutschen rauhhaarigen Pinscher, dem sogenannten Rattenfänger hat) bei den preußischen Jägerbataillonen angestellt (vgl. Abbildung).

Der Kriegshund findet seine Ausbildung direkt bei der Truppe, und hier sind es namentlich die Jägerbataillone, die sich mit der Heranbildung desselben befassen.

Um eine Entlastung des Kriegshundes herbeizuführen wird zum Aufsuchen versteckt liegender Verwundeter der „Sanitätshund“ empfohlen, der seit einigen Jahren durch den Vorsitzenden des „Deutschen Vereins für Sanitätshunde“ gezüchtet und herangebildet wird. Diese Hunde haben bei den offiziellen Suchen und unter den ungünstigsten Verhältnissen ihre volle Brauchbarkeit für den angestrebten Dienst ergeben und die Erwartungen, welche man auf sie im Ernstfalle setzt, dürften nicht enttäuscht werden. Der genannte Verein giebt die fertig dressierten Hunde unentgeltlich an die Sanitätskolonnen ab, er bedarf der Unterstützung aller Menschen und Vaterlandsfreunde, um sein uneigennütziges Streben verwirklichen zu können. Die Mitglieder des Vereins zahlen einen jährlichen Beitrag von 3 Mark. Vorsitzender ist der Verfasser dieses Artikels, der Tiermaler und Schriftsteller L. Bungartz in Lechenich (Rheinprovinz), der gern jedem die gewünschte Auskunft erteilt.

Die Hauptthätigkeit der Sanitätshunde wird im Ernstfalle die Nach- und Nachtsuche auf dem Schlachtfelde sein und zwar hauptsächlich in durchschnittenem Gelände, im Gebirge und in Waldungen. Es werden daher vornehmlich solche Stecken begangen werden müssen, die abseits der Hauptaktion liegen, und solche in dichtem Unterholz, die möglicherweise von den Krankenträgern nicht abgesucht oder doch leicht übergangen werden. Die Sanitätshunde eignen sich vortrefflich zu diesem Dienst, denn sie finden mit fast nie fehlender Sicherheit selbst an den verborgensten Stellen versteckt liegende Personen auf. Aus den letzten Kriegen sind genügend Fälle bekannt, daß viele Verwundete von den Krankenträgern nicht gefunden wurden und an einsamen Stellen unter großen Schmerzen durch Verblutung den Heldentod erlitten.

Der schottische Schäferhund als Sanitätshund.

Wenn also Hunde herangebildet werben, um solche traurigen Fälle zu mindern und sie thunlichst unmöglich zu machen, so ist es sicher ein dankenswertes und humanes Unternehmen, das die Unterstützung eines jeden fühlenden Menschenfreundes finden sollte. Wie viel Elend kann dadurch gemindert werden, wie viele tapfere Vaterlandsverteidiger können dadurch ihren Lieben erhalten bleiben!

In einer praktisch konstruierten Ausrüstung führt der Sanitätshund (vgl. Abbildung) das notwendigste Verbandzeug und Erfrischungen mit sich, damit ein Verwundeter, soweit ihm der Gebrauch seiner Hände gestattet, von diesem entnehmen kann. Bei dem Verwundeten angekommen, legt der Hund sich zunächst nieder, damit von dem Inhalt seiner Taschen Gebrauch gemacht werden kann, läuft dann wieder zu seinem Führer zurück und leitet diesen an die Fundstelle. Für die Nachtsuche wird der Hund noch mit einem sichtbaren Lichte ausgerüstet, damit der Führer ihm überall auch in der Dunkelheit folgen kann und ihn nicht aus dem Auge verliert. Eine aufgerollte wasserdichte Decke dient dem Hunde bei seiner Ruhe als Unterlage oder kann ihm auch bei anhaltendem nassen Wetter, bei strenger Kälte zum Schutz übergeschnallt werden. So ausgerüstet, versieht der richtig und gut dressierte Sanitätshund mit unermüdlicher Ausdauer und mit wahrer Leidenschaft seinen Dienst und übernimmt die Rolle eines Retters in der Not.


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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 850. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_850.jpg&oldid=- (Version vom 9.7.2023)