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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

Just. Kerner, Lachner, Lortzing, Mendelssohn-Bartholdy, Mosen, Rückert, Simrock, Bendemann, Schadow, Schnorr, Ad. Stöber, Tiedge, Zschokke u. v. a.

Die Mainzer Stadthalle im Karneval 1897.
Nach einer Originalzeichnung von C. Sutter.

Der Karneval schuf sich eine eigene Litteratur. Es entstanden am Rhein eigene Karnevalsschriften und -Zeitungen, in Köln zuerst 1808 die „Curiosa Descriptio“. Auch Fastnachtsstücke wurden geschrieben. Von 1826 ab erschienen förmliche Karnevalszeitungen, die, wenn sie zu scharf waren, periodisch unterdrückt wurden. Ein hervorragender Karnevalsschriftsteller ist Ludw. Kalisch, der Verfasser des „Buches der Narrheit“ und der „Schlagschatten“. Dieser gründete die Mainzer Karnevalszeitung, die „Narrhalla“, die bis in die 70er Jahre bestand. Außer Kalisch arbeiteten Langenschwarz, Prof. Schumacher, der gemütliche Dichter F. Lennig, Horneyer, Dr. Wiest, Ed. Reis, Ferd. Hey’l, der bekannte rheinische Schriftsteller, und andere an Mainzer Witzblättern mit. Solche waren außer der schon genannten „Narrhalla“ „Die neue Mainzer Narrenzeitung“ und „Des Narren Sonntagsblatt“. In Köln erschienen die „Kölnischen Funken“ und die Wochenprotokolle, betitelt „Karnevalsulk“. In Frankfurt a. M. schrieb Friedrich Stoltze die „Krebbelzeitung“. Sind auch die meisten dieser litterarischen Produkte schon ihrer lokalen Anspielungen wegen von nur vorübergehendem Wert, so haben doch manche Karnevalsdichter, wie die eben genannten, Produkte voll poetischen Humors geschaffen, die zu jeder Zeit, wenn der geeignete Sinn erwacht ist, aufs neue zünden.

Naht die eigentliche Faschingszeit heran, so ziehen in Köln die sogenannten „Funken“ in der Tracht der alten kurkölnischen Stadtsoldaten auf. Am Sonntag vorher findet in der Regel eine Kappenfahrt der Karnevalsmitglieder statt und am sogenannten Rosenmontag (welchen Namen einige von „rasen“ ableiten) der große Festzug, von dem uns unter anderen Hackländer in seinem „Künstlerroman“ eine so lebendige Schilderung entworfen hat und der in jedem Jahr nach einer besonderen Idee ausgeführt wird. Es fehlen dabei in der Regel nicht die charakteristischen und typischen Figuren, die mit der Geschichte der Stadt Köln, sowie mit den im Geruche der Narrheit stehenden Orten und Personen zusammenhängen. Das gilt vor allem von dem bewährten Ritter „Jan von Werth“ und dem Urtypus aller Schalksnarren Till Eulenspiegel, ferner vom ehrenfesten Stadtfähnrich „Wackerschwenk“, dem berühmten Kölner Bürgermeister Gryn, dem Sieger in der Worringer Schlacht, im Kettenpanzer, und dem unvermeidlichen „kölnischen Bauer“ mit seinem Sinnspruch: „Halt faß, do kölscher Boor, am Rich, fall et söß or soor (süß oder sauer)!“ Auch schreiten wohl die Vertreter der alten Rittergeschlechter, die zur Steffen, von Spee, die Overstolzen, Leparten und andere daher; dann die Zünfte, angeführt von den charakteristischen Figuren des Kölner Hänneschen, wie Bestevader und Maritzebill. Unter den Vertretern der Zünfte sind bekannte Typen der Brauermeister Schwabbelich, der Bäckermeister Kleienfaß, der Schuhmacher Pechklotz, der Metzger Beihau, der Faßbinder Polterklopf, der Schmied Tubalkein, der Schneider Fips, der Grobschmied Tombak, der Fischmengermeister Rümpchen. Und so giebt es unzählige andere im Laufe der Jahre auftauchende und wieder verschwindende Gestalten. Ständig

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verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0079.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2022)