Seite:Die Gartenlaube (1898) 0099.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

fassen. Die doppelten Decken und Wandungen dieser Wagen sind mit Isolierschichten versehen, um das Eindringen der heißen Luft von außen zu verhindern. Um ferner die Temperatur beobachten zu können, sind im Innern Thermometer angebracht, deren jeweiligen Stand man von außen ablesen kann. Die Wagen sind stationiert in Königsberg, Insterburg, Allenstein, Lyck und Osterode und laufen wöchentlich ein- bis zweimal nach Berlin. Unterwegs werden Zuladungen aufgenommen. Reinh. Brand.     

Ernst Ludwig Taschenberg †. (Mit Bildnis.) Wenige Tage nach seinem achtzigsten Geburtstag am 19. Januar, starb zu Halle a.S. Ernst Ludwig Taschenberg, der sich um die Popularisierung der Naturwissenschaft große Verdienste erworben hat. Die Insektenkunde war sein Spezialfach, und auf diesem Gebiete ist er schon als Verfasser des 9. Bandes von „Brehms Tierleben“, der die Insekten, Tausendfüßer und Spinnen behandelt, dem weitesten Leserkreise bekannt geworden. Vor allem beschäftigte er sich aber mit schädlichen Insekten und schrieb auf Grund seiner reichen Erfahrungen die gemeinnützigen Bücher „Entomologie für Gärtner und Gartenfreunde“ und „Forstwirtschaftliche Insektenkunde“; sein Hauptwerk ist die „Praktische Insektenkunde“, die fünf Bände umfaßt. Am 10. Januar feierte der verdiente Naturforscher seinen achtzigsten Geburtstag. Ernst Ludwig Taschenberg wurde 1818 zu Naumburg a. S. geboren. Er studierte in Leipzig und Berlin Mathematik und Naturwissenschaften und widmete sich anfangs dem Lehrerberuf. Dann wandte er sich der Zoologie, namentlich aber der Entomologie zu, wurde 1856 zum Inspektor am Zoologischen Museum der Universität Halle und 1871 zum Professor daselbst ernannt.

Ernst Ludwig Taschenberg †.
Nach einer Aufnahme von C. Höpfner Nachf. Fritz Möller in Halle a. S.

Verteilung von Kohlen an die Wiener Armen. (Mit Abbildung.) Der Winter ist eine harte Jahreszeit für die Armen, die infolge verschiedener Schicksalsschläge nicht imstande sind, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Glücklicherweise ist im Winter auch die Mildthätigkeit besonders rege und sorgt dafür, daß die Bedürftigen mit warmen Kleidern, Nahrungsmitteln und Brennmaterial versorgt werden. Unser Bild zeigt uns die Verteilung der Kohlen von seiten der Gemeinde an die Armen in Wien. Der Zeichner hat auf demselben nicht nur die Not, sondern auch die Freude an der mildthätigen Gabe dargestellt. Man kann nur wünschen, daß solche Veranstaltungen der Wohlthätigkeit in allen Städten Verbreitung fänden.

Die Wartburg im Winterkleide. (Zu dem Bilde S. 97.) Schneegeflimmer! Frisch strahlende Wintersonne! Allüberall ein Leuchten und Schimmern, ein fast geheimnisvolles Schweigen, das Menschen und Dinge einzuhüllen scheint. Wie auf weichen Sohlen geht heute das Leben leise dahin, als wolle es jeden Schritt dämpfen angesichts der funkelnden Majestät, in welche der Winter die Welt kleidete. Stadt und Thäler, Bergzüge und Hochwald, alles deckt heute das glänzende, köstliche Weiß. Wie von Silberfiligran scheint jeder Zweig, jeder Halm überzogen, und drinnen im Walde weht es in Schleiern nieder, durchstrahlt von der Sonne leuchtendem Golde. Lichtblau schlägt der reine Winterhimmel seinen Bogen von Berg zu Berg, und tief in ihn hineingreifend ragt der Wartburg königliches Bild.

Der Zauber deutscher Sangeskunst und ritterlicher Minnezeit weht um ihre ehrwürdigen Mauern. Von hier oben aus ging es später wie ein Licht von unerhörter Kraft und Helle durch die aufhorchende Christenheit, und als das deutsche Volk nach der Befreiung von korsischer Willkürherrschaft die Knechtsfesseln der Reaktion zornig abschütteln wollte, da erklang von diesen Höhen der erste Mahn- und Weckruf, da lohten auf dem nachbarlichen Wadenberge die Leuchtfeuer eines nach Freiheit jauchzenden Jungdeutschlands auf.

So ist die hohe Bergesfeste uns allen ans Herz gewachsen! Und mit ihr und ihrem Bilde bleibt dauernd der Name Karl Alexanders verknüpft, des kunstbegeisterten hohen Burgherrn, der mit seltener Opferfreudigkeit die Wartburg aus Schutt und Trümmern neu erstehen ließ.

Wie im Schlummer liegt heute das Marienthal, durch das sich sommerlang ungezählte Tausende aus aller Herren Ländern drängen. Verhangen und verschneit sitzen tief eingemummelt die heiteren Landhäuser am Fuße der Thalwände, um deren kühn gezackte Felszinnen die Sonne ihre Strahlen spielen läßt. Nur da und dort steigt eine vereinzelte blaue Rauchsäule über einem Dache auf.

Höher schlängelt sich jetzt der Weg. Ueber den Bergen des Vordergrundes steigt einsam in der Ferne der Hörselberg herauf. Auch wer seinen Reichtum an Sagen nicht kennt, meint, sein Inneres müsse ein uralt Geheimnis bergen. Hörselberg und Wartburg gehören heute zusammen, seitdem das wehmütige Lied vom „Tanhäuser“ durch Richard Wagners Oper eine glänzende Auferstehung fand.

Wie reich ist doch die Wartburg für den, der da droben aus und ein gehen durfte! Ich habe sie zu allen Jahres- und Tageszeiten gesehen und immer rührte aufs neue der Zauber ihrer Schönheit mir ans Herz. Wie herrlich, wenn vor dem auftauchenden Tagesgestirn es wie ein Klingen durch den sich rötenden Felsen geht,

Verteilung von Kohlen an die Wiener Armen.
Nach einer Originalzeichnung von M. Ledeli.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0099.jpg&oldid=- (Version vom 22.4.2024)