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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)


nach unserer Zusammenstellung 37%, also mehr als ein Drittel aller in dem Alter von 15 bis 60 Jahren sterbenden Personen.

Es ist an dieser Stelle wohl überflüssig, von neuem der hygieinisch-diätetischen Heilmethode in geschlossenen Anstalten das Wort zu reden, wurde dies doch von berufenster Seite mehrfach in überzeugender Weise gethan; wir wollen nur kurz darauf hinweisen,

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Caritas vollendet den Bau der Volksheilstätte
Nach dem Entwurf von Herrmann Kaulbach.

daß das zuerst von Brehmer eingeführte und später von Dettweiler, Driver, Wolff, Turban u. a. ausgebildete Verfahren im wesentlichen darauf beruht, durch Abhärtung und Kräftigung des Organismus denselben zu befähigen, den Kampf mit den Krankheitserregern, den Bacillen, zu bestehen. Der Genuß frischer staubfreier Luft, der insbesondere durch das Liegen im Freien den durch alle erdenklichen Decken und Hüllen gegen Kälte geschützten Patienten selbst in den Wintermonaten ermöglicht wird, sowie die Kaltwasserbehandlung sollen den Stoffwechsel steigern und den Appetit und Ernährungszustand heben. Es ist außer Zweifel, daß die Reinheit der Luft und nicht nur, wie man früher annahm, die Höhenlage der Heilstätte den Erfolg der Kur bedingt; dementsprechend werden die Anstalten in staubfreien, durch Waldungen oder Höhen vor Wind geschützten Lagen, an Plätzen, die frei sind von extremen klimatischen Verhältnißen, errichtet.

Wohl eine der größten und schönsten Volksheilstätten erbaut der „Münchener Verein für Volksheilstätten“ (siehe Abb S. 217), der unter dem Protektorate des Prinzen Ludwig von Bayern und dem Ehrenpräsidium des Regierungspräsidenten von Oberbayern, Herrn v. Auer, steht und dessen erster Vorsitzender Herr Geheimrat Dr. v. Ziemssen ist. Des letzteren begeistertem Eingreifen durch Wort und That verdankt der Verein sein Entstehen wie sein Gedeihen. Der großartige Opfersinn der Münchener Bevölkerung hat es ermöglicht, daß in Krailling bei Planegg, einer Station der München-Starnberger Bahnlinie, ein 16,419 ha großes, mit gemischtem Bestande besetztes Grundstück inmitten der herrlichsten Waldungen erworben und auf demselben eine Anstalt, für 120 Betten nach dem Entwürfe des Architekten M. Dosch in München erbaut werden konnte. Im Laufe dieses Sommers soll diese erste Volksheilstätte in Bayern in Betrieb gesetzt werden, ausgerüstet mit allen Errungenschaften der modernen Technik: elektrischer Beleuchtung, Niederdruckdampfheizung und ähnlichem.

Der Bau bildet einen nach Süden offenen Bogen, sämtliche Tages- und Schlafräume sind nach Süden gelegen; auf ein Bett treffen durchschnittlich 38 cbm Luft, in den Flügelbauten haben 2 große Liegehallen Platz gefunden. Wohl einzig in seiner Art dürfte der fast den ganzen Besitz einnehmende Park dastehen, 2 und 3 m breite Wege durchkreuzen denselben in einer Gesamtlänge von etwa 4 km, und eine Reihe größerer und kleinerer Plätze, teils in sonniger, teils in schattiger Lage, bietet reichliche Gelegenheit zum Aufenthalt im Freien. In dem mit dem Hauptgebäude durch einen unterirdischen Gang verbundenen Oekonomiegebäude sind die Stallungen für Pferde, Kühe und Schweine sowie die Maschinen- und Wäschereianlagen untergebracht.

Obwohl durch ein Darlehen der Alters und Invaliditätsversicherungsanstalt für Oberbayern die Kosten größtenteils gedeckt sind, muß doch nun noch weiter an die Privatwohlthätigkeit appelliert werden. Zunächst geschieht dies durch die Veranstaltung einer Geldlotterie, zu der die kgl. Regierung die Genehmigung erteilt hat und deren Ziehung am 12. Mai stattfindet. Professor Hermann Kaulbach hat dem Vereine hierzu in hochherziger Weise einen ebenso fein empfundenen wie künstlerisch vollendeten Entwurf für das Plakat und die Lose gespendet, den die Leser hier oben abgebildet finden. Er stellt die Caritas dar, wie sie den Schlußstein in den Thorbogen der Heilstätte einfügt. Mögen reichliche Mittel fließen, um dieses neue Werk der Nächstenliebe vollenden zu helfen!



Auf dem Kynast.
Historische Erzählung von Rudolf von Gottschall.
(Schluß.)


An einem prächtigen Junitag, der das ganze Gebirge bis zu den höchsten Gipfeln hinauf in sonnengoldenen Schimmer tauchte, erhielt der alte Röger einen unerwarteten Besuch. Es war Christoph, der stattliche Bauernbursche aus Hermsdorf. Die blanken Knöpfe seiner Jacke glitzerten in der Sonne; der dicke Blumenstrauß in seiner Hand wetteiferte hierin mit ihnen, denn es funkelte von Regenbogenfarben in den Wassertropfen, mit denen er ihn besprengt hatte, um die Kornraden und Cyanen und die dunkelroten Mohnblumen frisch zu erhalten. Der Kastellan, der gerade bei einer angebrochenen Flasche saß, lud den Gast ein, an seiner Seite Platz zu nehmen.

„Was verschafft mir die Ehre, Herr Hauptner?“

Christoph mußte erst seine Gedanken ordnen, denn er hatte so viel Wichtiges mitzuteilen, daß er nicht wußte, womit er den Anfang machen sollte. Er trug übrigens heute den Kopf höher als sonst und auch das selbstgefällige Lächeln auf seinem rotglühenden Gesicht machte sich heute besonders breit.

„Herr Kommandant, jetzt wird’s wohl bald einen schönen Streußelkuchen geben zum Hochzeitskaffee – sehen Sie mir nichts an, gar nichts?“

„Ich sehe nur, daß Sie sehr vergnügt sind – und das freut mich.“

„Sehen’s, wie Sie recht haben. Sie kennen die Menschen.

Kreuzvergnügt bin ich, denn ich bin jetzt Gutsherr, alleiniger

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0218.jpg&oldid=- (Version vom 30.3.2017)