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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)


Hilfsmittel, um in ihre Landschaftsbilder Mondscheineffekte hineinzuzaubern. Sie photographierten die Landschaft mit sehr kurzer Expositionszeit bei Sonnenlicht frühmorgens oder am Abend und stellten ihre Apparate gegen die Sonne auf, gerade wenn diese von einer Wolke verhüllt werden sollte. Wurde eine so aufgenommene Platte nach bestimmten Regeln entwickelt, so zeigte sie in der That alle Effekte des Mondscheins. Die meisten photographischen Mondscheinlandschaften, die im Handel zu haben sind und unsere Bewunderung erregen, sind auf diese Weise entstanden.

Die Photographie wird indessen immermehr vervollkommnet, und in den letzten Jahren haben ihre Jünger mit Erfolg versucht, wirkliche Nachtbilder in verhältnismäßig kurzer Zeit auf ihren Platten festzuhalten. So ist es W. A. Fraser in New York gelungen, wirkliche Mondscheinlandschaften bei einer Expositionszeit von nur 10 Minuten aufzunehmen. Neuerdings hat Alfred Stieglitz, Mitglied des Cameraklubs in New York, treffliche Aufnahmen von Straßenbildern bei Nacht veranstaltet. Dank einer sorgfältigen Auswahl von Platten und Objektiven erhielt er wirkungsvolle Ansichten bei einer Expositionszeit, die kürzer als eine Minute war.

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Nächtliches Straßenbild.
Nach einer photographischen Aufnahme von Alfred Stieglitz in New York.

Er photographierte vor allem einige Straßen New Yorks in der künstlichen Abendbeleuchtung. Der Schein der elektrischen Lampen und Gaslaternen erzeugt wunderbare Reflexe, die höchst originell wirken, wenn nach einem Regen das Pflaster feucht ist und merkwürdige Lichtspiegelungen entstehen läßt. Neuerdings hat die die Zeitschrift „Scribners Magazine“ eine Reihe von Aufnahmen aus der 5. Avenue in New York gebracht. Das obenstehende Bild mag als Probe der gelungenen nächtlichen Landschaftsphotographie gelten. Es wurde von Alfred Stieglitz an einem Januartage vorigen Jahres um 9 Uhr 30 Minuten abends bei einer Expositionsdauer von nur 55 Sekunden aufgenommen. *     


Der Panzerkreuzer „Hansa“. (Mit Abbildung.) Am 12. März lief auf der Werft des „Vulkan“ in Stettin der deutsche Kreuzer „N“ vom Stapel. Auf Anordnung des Kaisers vollzog der zweite Bürgermeister von Hamburg, Dr. Mönckeberg, den Taufakt und das Schiff erhielt den Namen „Hansa“. Der neue Kreuzer ist ein Schwesterschiff des im vorigen Jahre auf der kaiserlichen Werft zu Danzig vollendeten Kreuzers „Vineta“.

Die „Hansa“ ist aus Stahl gebaut, ihre Länge beträgt 105,35 m und ihre Breite 17,63 m. Sie erhält drei Maschinen mit 10000 Pferdekräften und drei Schrauben, die ihr eine Geschwindigkeit von 19,20 Seemeilen in der Stunde verleihen sollen. Das Schiff wird mit 20 Schnellfeuerkanonen verschiedenen Kalibers, mit 10 Maschinenkanonen, 30 Maschinengewehren und 45 cm-Torpedos armiert. Sein Besatzungsetat ist auf 447 Mann bemessen. Der Bau hat etwa 2 Jahre gedauert und seine Gesamtkosten betragen 7 500 000 Mark.


Walserthalerinnen. (Zu dem Bilde S. 197.) Die bunte Mannigfaltigkeit der Trachten, welche im deutschen Alpengebiet den malerischen Sinn erfreut, ist ein Spiegelbild der allmählichen, durch sehr verschiedene Völkerstämme erfolgten Besiedelung der einzelnen Hochalpenthäler. Höchst charakteristisch für diesen Zusammenhang ist die originelle Tracht der Bewohner des Großen und Kleinen Walserthals in Vorarlberg, welche inmitten einer allemannischen Bevölkerung ein eigenartiges Sonderleben führen, das auf ihre Einwanderung aus dem Kanton Wallis zurückweist. Das Große Walserthal erstreckt sich vom Illthal über die Ortschaften Thüringen, Bions, Garsella, Sonntag, Buchboden in das Grenzgebirge hinauf, in welchem der Bregenzer Wald seine höchsten Erhebungen hat und der Genschelpaß den Verkehr mit dem bayrischen Allgäu vermittelt. Unterhalb dieses Passes zieht sich zur deutschen Reichsgrenze das Kleine Walserthal hin, dessen Bewohner eine einzige große Gemeinde, Mittelberg, bilden, aber über das ganze Thal verstreut wohnen. Von Mittelberg führt eine Poststraße nach Oberstdorf im Allgäu, von wo aus der Besuch des Kleinen Walserthals zumeist bewerkstelligt wird, während der Eingang zum „Großen“ unweit von Bluoenz an der Arlbergbahn liegt. Beide Thäler sind von hoher landschaftlicher Schönheit, welche im „Großen“ durch das enge Geklüft, das der Lutzbach durchrauscht, im „Kleinen“ durch den düsteren Hintergrund hoher Gebirgsmassen ihren Charakter erhält. Die Häusergruppen breiten sich malerisch über die Seitenhänge der Thäler aus, oft grüßen sie von hohen Felsterrassen hernieder. Die Walser sind ein arbeitsames, genügsames Völklein, das nach der Vater Weise nur Viehzucht und Alpenwirtschaft betreibt, dabei einen stark entwickelten Sinn für die Häuslichkeit hat, der sich auch im Ausschmuck der sauber gehaltenen Häuser ausprägt. Ueber ihre Herkunft aus dem Oberwallis geben Urkunden aus dem 14. Jahrhundert Bescheid. Sie wurden vom Grafen Montfort-Werdenberg als Kolonisten in diese Thäler gerufen. Ihre schweizer-deutsche (burgundische) Abstammung läßt sich auch an ihrer Mundart erkennen. Unser Bild stellt Frauen und Mädchen von Mittelberg dar. Die Tracht derselben macht eher einen ernsten als heiteren Eindruck. Der weitgefältelte dunkle Rock, der gleich dem Mieder keine Taille hat, wird dicht unter den Armen zusammengehalten. Doch ist der Brustfleck reich und geschmackvoll gestickt und die langen breiten Schürzen, die turbanartigen Pelzkappen der Frauen wie die goldenen Spangenkronen der Mädchen geben dem Sonntagsstaat der Walserinnen einen Charakter, der in ansprechender Harmonie mit ihrem eigenen Wesen steht.

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Der Kreuzer „Hansa“ nach dem Stapellauf.
Nach einer photographischen Aufnahme von Hans Breuer in Hamburg.


Die Schmollenden. (Zu dem Bilde S. 225.) Um den Sonntagstanz ist der Verdruß angegangen: Sie möchte hin, Er aber nicht. Sie hat ihm darauf gedroht, sie ginge mit einem andern, und Er, so schwer es ihm fiel, hat sich zusammengerafft, ihr zu erklären, dann sei es überhaupt aus zwischen ihnen beiden. Hierauf eine große Stille. – Ueberlegend stehen die Kriegführenden voneinander abgewendet da, achtlos gegen das heimliche Flüstern der grünen Waldeinsamkeit ringsum, in deren Schatten sie so oft schon glücklich beisammensaßen, wenn es drüben in der Schenke fiedelte und stampfte. Wer wohl schließlich nachgeben wird? .. Die Entscheidung auf diese Frage wird wohl niemand schwer fallen. Ein Blick in die beiden Gesichter dürfte dem Seelenkundigen genügen: dort hinten ehrlicher Kummer und Angst der Erwartung, ob sie denn wirklich so sein kann, aber kein Schwanken im Entschluß … Hier bei allem Leidwesen ein Zug verbissenen Trotzes, aber zugleich so viel gesunder Verstand und Gutmütigkeit in dem frischen Gesichte, daß man um den endlichen Ausgang der Sache doch nicht besorgt zu sein braucht! Br.     



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner in Stuttgart. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0228.jpg&oldid=- (Version vom 13.7.2020)