Seite:Die Gartenlaube (1898) 0341.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

der vom Schmiedingergletscher herabkommende Zeferetbach, und noch zwei weitere Quellbäche schäumen über die Felsen zu ihm herab. Alle diese vereinigten Wassermassen stimmen unten im Kessel ein großartiges Naturkonzert an und sind in einem lauten Wettstreit begriffen, in dem alles in Schaum und Wogen aufgeht.

Die Wasserkräfte des Kaprunerbaches finden Verwendung zur elektrischen Beleuchtung der Wirtschaftsräume sowie des Wasserfalles selbst, der bis spät in die Nacht hinein – die Kraftquelle kostet ja nichts – durch weiße und farbige Bogenlampen tageshell und äußerst wirksam beleuchtet ist. Die Beleuchtungsanlage ist von Siemens & Halske in Wien ausgeführt, die dazu dienende Dynamomaschine etwas abwärts im Thale aufgestellt. Bequeme Parkwege, die abends ebenfalls elektrisch beleuchtet sind, führen vom Wasserfall weit in den Wald hinein.

Das Kaprunerthal bietet für den Naturfreund noch gar viel des Sehenswerten. Im Hintergrunde des Thales, auf dessen letzter Terrasse, dehnt sich der Mooserboden (s. Abbildg. S. 342) aus, von einem Hochgebirgscirkus eingerahmt, der in den östlichen Alpen seinesgleichen sucht. Vom Großen Wiesbachhorn, der Glockerin und den Bärenköpfen im Osten bis zum Hocheiser im Westen steigen blinkende Gletscher rings hernieder; der größte von ihnen, das Karlingerkees, tritt vom Rifflthor in breitem Absturz ganz nahe heran. Dort hinüber geht es für rüstige Fußgänger zur Pasterze und zum Großglockner.

Datei:Die Gartenlaube (1898) b 0341.jpg

Kesselfall.       Kessselfallalpenhaus.
 Sigmund Thun-Klamm.


Die breite Kapruner Fahrstraße endigt beim Kesselfallalpenhause. Aber eine schmälere Straße, der Fürst Liechtenstein-Weg, geleitet den Reisenden bis zum Mooserboden, wobei sich ihm schöne Rückblicke über das Thal auf die Schmittenhöhe und das Steinerne Meer bieten. Der Weg ist breit genug angelegt worden, um mit kleinen, von einem Pferde gezogenen Sesselwagen im Schritt befahren werden zu können, und manche Dame benutzt jetzt diese Fahrgelegenheit, um bis zur Höhenburg, einer prächtigen Aussichtswarte am Rande des Mooserbodens, ohne Anstrengung vorzudringen. Der Weg dorthin steigt in wohlangelegten Kehren in zwei Stunden zur Thalstufe des vom gewaltigen Großen Wiesbachhorn (3570 Meter) überragten Wasserfallbodens hinan, auf dem zwei bewirtschaftete Häuser, die Orglerhütte und die Erzherzog Rainerhütte, zur Einkehr einladen, führt nochmals eine gute Stunde zum Mooserboden mit neuem Gasthause bergan und endigt bei der Höhenburg. Vom Alpenverein angelegte, gut gangbare Pfade führen noch weiter hinauf, zum Wiesbachhornhause der Sektion München und zur Rudolfshütte im Stubachthal. Von den zahlreichen Hochgebirgspartien, welche sich vom hinteren Kaprunerthale aus unternehmen lassen, heben wir nur eine hervor:

Wer mit dem Besuche des Kesselfallalpenhauses eine größere Bergtour verbinden will, der wandre vor allem hinauf zum Kitzsteinhorn (3204 Meter), welches von da aus in sechs bis sieben Stunden ohne besondere Schwierigkeit bestiegen werden kann. Ein gut gangbarer Reitweg führt über die Zeferethöhe und den Gaisstein bis zur Schmiedinger Schirmhütte. Dann geht es über den Schmiedinger Gletscher und schließlich allerdings steiler empor, aber Drahtseile erleichtern den Aufstieg zum Gipfel. Vom Zeller See aus präsentiert sich das Kitzsteinhorn als schlanke eisgepanzerte Pyramide, die imposanteste Berggestalt, die der See darbietet. Wer sie von da gesehen, wird sich sofort sagen, daß es auch ein Aussichtspunkt ersten Ranges sein müsse, der die Mühe seiner Besteigung in reichstem Maße lohnt. Ein unvergleichlich prächtiges Bild vom Pinzgau und vom weiteren Salzburger Lande, von den Nördlichen Kalkalpen und Hohen Tauern gewährt in der That das stolze Kitzsteinhorn.

In Verbindung mit dem fünfundzwanzigjährigen Stiftungsfeste der Sektion Zell am See des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins sind die von dieser rührigen Sektion ins Leben gerufenen, schon im Jahre 1895 dem Verkehr übergebenen neuen Schöpfungen am 28. Juni 1896 durch eine imposante Festlichkeit eingeweiht worden, zu der die Spitzen der Behörden des Landes Salzburg und zahlreiche Gäste aus Oesterreich und dem Deutschen Reiche erschienen waren. Bei der Wegscheide, wo die neue „Franz Joseph-Straße“ von der

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 341. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0341.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)