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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

sich nur einmal umwenden wollte! Das saubere Dirndl, das da durch das Fenster mit heiterer Miene auf ihn herausschaut, scheint über den Regen ganz anders zu denken als er. Ihr wäre es ganz recht, wenn sie durch das Unwetter zu ein bißl Unterhaltung käme in ihrer Einsamkeit. Auch sie hat ihre Arbeit verlassen müssen und in ihrer Kuchel Zuflucht gesucht. In der aber hat schon mancher Tourist bei Milch und Brot ein behagliches Plauderstündchen gefunden, während draußen der Regen das Weiterwandern unmöglich machte.

Der hundertjährige Kamelienbaum im Schloßgarten zu Dresden. (Mit Abbildung.) Vor etwa hundert Jahren sandte der damalige Kaiser von China drei Kamelienbäumchen nach Europa. Das eine kam nach Pillnitz, das andere nach Frankfurt a. M. und das dritte nach St. Petersburg. In Frankfurt a. M. ist das eine Kamelienbäumchen eingegangen, die beiden andern aber bestehen noch heute, und besonders prächtig gedeiht der Fremdling aus Ostasien in dem Garten des königlich sächsischen Lustschlosses Pillnitz. Gegenwärtig hat der Baum eine Höhe von ungefähr 8½, mit dem Gezweig eine Breite von 7½ m und einen Umfang von etwa 21 m. Während der kalten Jahreszeit erhält er natürlich ein dichtverschlossenes, mit Fenstern versehenes Bretterhaus, das entsprechend geheizt wird, da die Temperatur nicht unter + 5° R. sinken darf.

Der hundertjährige Kamelienbaum in Schloßgarten zu Pillnitz.
Nach der Natur gezeichnet von A. Reinhardt.

Elternfreude. (Zu dem Bilde S. 353.) Der kleine Stammhalter entwickelt sich prächtig in der Sommerfrische. Seine Bäckchen sind röter und runder, seine Aeuglein leuchtender geworden. Die würzige Waldluft und die gute Milch bekommen ihm ausgezeichnet, das sieht ihm jeder an. Die Eltern, die in der Ferienmuße doppelt Zeit haben, ihrem Liebling sich zu widmen, nehmen aber mit Freude wahr, wie auch die Sinne und der Geist des Kindes sich, einer Blütenknospe gleich, immer reizender entfalten. Erkennen und Begehren sind in der jungen Seele erwacht und man kann schon mit dem Jungen ein neckendes Spiel treiben, das für die Eltern geradezu entzückend ist. Das sind herrliche Stunden, die sie unter dem grünen Dache der Parkbäume verleben. Vor zwei Jahren, da waren sie hier gewesen, und da sich ihre Herzen gefunden hatten, hielten sie sich für die glücklichsten Menschen. Daß ihr Glück noch gesteigert werden könnte, daran hätten sie damals nimmer glauben mögen. Und doch ist dieses Wunder geschehen. Ein neues erhebendes Gefühl hat ihre Herzen erfüllt, die Elternliebe, die ihnen so reine Freuden bereitet. *     

Johannes mit dem Lamm. (Zu unserer Kunstbeilage.) Murillo ist nicht nur der größte Madonnenmaler der Spanier gewesen; er hat auch in einer Beziehung alle die anderen großen Maler der Renaissance und seiner Zeit übertroffen, die das Christuskind auf dem Schoß der Madonna und die Engel des Himmels vor Gottes Thron in bezaubernder Anmut dargestellt haben. So wie Murillo hat es keiner verstanden, die irdische Poesie der fröhlichen lebensprühenden Kinderwelt auf die Wolkenauen des Himmels zu versetzen, und niemand hat gleich ihm mit so unerschöpflicher Phantasie das Jesuskind in selbständiger Thätigkeit gestaltet, bald spielend wie andere Kinder, bald fern vom Schoß der Mutter eigenen Zielen nachgehend.

Eines der berühmtesten Bilder Murillos der letzteren Art zeigt das Jesuskind mit dem kleinen Johannes, dem späteren „Täufer“, in einer rührend lieblichen Scene vereinigt. Der um sechs Monate ältere Johannes kniet am Ufer eines Baches und giebt dem Spielgefährten aus einer Muschelschale zu trinken. Neben Johannes liegt ein Lamm und das Christuskind trägt ein zierliches Kreuz, um das sich ein Band mit der Aufschrift windet: „Ecce agnus Dei“, dem Anfang des Spruches „Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt“. Dieser Hinweis auf die Worte, mit welchen Johannes der Täufer Christus begrüßte, als dieser sich im Jordan von ihm taufen ließ, hat bereits in der älteren christlichen Kunst einen symbolischen Charakter erhalten. Man gelangte dazu, das Lamm allein als Symbol für Christus gelten zu lassen. Auf dieser Symbolik beruhen die reizvollen Bilder Murillos, welche das Kind Johannes mit einem Lamm darstellen, von denen eins unsere heutige Kunstbeilage wiedergiebt. Das Originalgemälde befindet sich im Museum der Eremitage zu St. Petersburg. Die wunderbare Kunst des Malers, Vorstellungen symbolischer Art so zu verkörpern, daß sie völlig natürlich anmuten, feiert in diesem Bilde ebenso einen Triumph wie die Meisterschaft Murillos als Darsteller von echt irdischer Kindesschönheit und Kinderlust, die von himmlischer Weihe verklärt sind.


Für das Rittershaus-Denkmal. Bald nach dem Tode von Emil Rittershaus hat sich ein Komitee gebildet, das die Errichtung eines Denkmals für den „Dichter des sangesfrohen Rheinlandes“ in seiner Vaterstadt Barmen erstrebt. Wir haben bereits früher (vergl. Jahrg. 1897, S. 420) den betreffenden Aufruf veröffentlicht und versprochen, über die eingegangenen Beiträge in der „Gartenlaube“ zu quittiren. Wir kommen heute dieser Verpflichtung nach durch den Abdruck der ersten Quittung, der bald weitere folgen werden. Mit freudiger Genugthuung dürfen wir die Zuversicht aussprechen, daß das schließliche Gesamtergebnis dem reichen Anfang entsprechen werde. Die warme Teilnahme, welche das Unternehmen zunächst vor allem in der engeren Heimat des Dichters, in Rheinland und Westfalen, gefunden bat, darf sicher auf lebhaften Wiederhall weitum im Vaterland rechnen. Emil Rittershaus ist ja auch nicht ausschließlich der Verherrlicher des Rheinlands gewesen, er hat hundertfältig im Lied zu preisen gewußt, was jedem Deutschen gleich teuer und wert ist; hat er doch – wie es im Aufruf heißt – die flammenden und erhebenden Worte seiner Dichtung im Dienst der idealen Mächte des deutschen Volkslebens ertönen lassen, ein Mahner und Herold der ganzen Nation in ihren trüben und in ihren glorreichen Tagen! Die Expedition der „Gartenlaube“ ist bereit, Beiträge in Empfang zu nehmen, über welche dann ebenfalls an dieser Stelle quittiert werden wird.

I. Quittung. 100 Mk. von Freiherrn v. Lipperheide in Berlin; 200 Mk. von Frau L. B. in Horchheim; 100 Mk. von Abg. Ernst v. Eynern in Barmen; 10 Mk. von Dr. Ziel in Cannstatt; 20 Mk. von Prof. Dr. H. Bulthaupt in Bremen; 250 Mk. vom Leseverein „Lessing“ in Köln; 50 Mk. von Hofrat Dr. J. Fastenrath in Köln; 10 Mk. von Dr. Jul. Rodenberg in Berlin; 50 Mk. von Friedr. Röber in Düsseldorf; 3 Mk. von J. L. in ?. 300 Mk. von Geh. Kommerzienrat Gust. Selve in Altena; 5 Mk. von Frau Geh. Sanitätsrat Strauß in Barmen; 20 Mk. von Wolfgang Büdingen in Wiesbaden; 20 Mk. von Wirkl. Geh. Ober-Justizrat Hamm in Leipzig; 10 Mk. von Arnold Heyder in Barmen; 10 Mk. von Carl Lang in Bad Ems; 5 Mk. von M. Stettenheim in Hamburg; 50 Mk. von Kommerzienrat Otto Budde in Barmen; 50 Mk. von Landtags-Abg. L. F. Seyffardt in Krefeld; 2 Mk. von zwei Rittershaus-Freunden in Magdeburg; 100 Mk. vom Offizierverein des Landwehrbezirks Barmen; 5 Mk. von Wilh. Schramm in Oestrich i. Rheingau; 3 Mk. von Wunsch in Wülfrath; 20 Mk. von Ew. Viefhaus in Brüssel: 200 Mk. von Friedr. Wilh. Dicke in Bannen; 20 Mk. von Oberbürgermeister Geh. Rat Wegner in Barmen; 20 Mk. von Beigeordneter Kirschstein in Barmen; 20 Mk. von Beigeordneter Biermann in Barmen; 20 Mk. von Beigeordneter Sehlbach in Barmen; 20 Mk. von Beigeordneter Schwartner in Barmen; 20 Mk. von Stadtbaurat Schülke in Barmen; 10 Mk. von Stadtbaurat Winchenbach in Barmen; 10 Mk. von Stadtbau-Inspektor Bovermaun in Barmen; 5 Mk. von Stadtkämmerer Weggen in Barmen; 5 Mk. von Polizei-Inspektor Schnübbe in Barmen; 3 Mk. von Obersekretär Seifert in Barmen; 5 Mk. von Schlachthaus-Direktor Koch in Barmen; 5 Mk. von Oberingenieur Vespermann in Barmen; 3 Mk. von Seminar-Direktor Reichert in Barmen: 20 Mk. von Rentner Caspar Dorff in Düsseldorf; 100 Mk. von Adolf Erbslöh in Barmen; 100 Mk. von Dr. v. Mevissen in Godesberg; 10 Mk. von Carl Feldgen in Barmen; 500 Mk, vom Verlag der „Gartenlaube“ in Leipzig.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner in Stuttgart.0 Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig.
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 356. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0356.jpg&oldid=- (Version vom 30.6.2022)