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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)


Eis wurde auf der diesen Hochsee mit der Station Czorba der Kaschau-Oderberger Bahn verbindenden Zahnradbahn verfrachtet, welche sonst nur im Sommer befahren wird. In Czorba wurde es dann mit den gewöhnlichen Lastzügen weiterbefördert, namentlich nach Breslau und andern schlesischen Städten. Die Eisenbahnen haben dem Bedürfnis nach Natureis dadurch Rechnung getragen, daß sie eigens für diese Transporte billige Frachtsätze einführten.

Ein ergiebiges Eislager besaß die Gemeinde Zell im Salzburgischen auf dem dortigen See. Im Februar und März war die Ernte. Von der Eisenbahnstation aus wurden 8 Geleise in den See hineingezeichnet von je 1 m Spur. Dann schnitten die Eissägen ziemlich gleichmäßige Platten, die mit Eishaken an das Ufer geschleppt und auf die Wagen verladen wurden. In 6 Stunden konnten auf diese Weise 90 Wagen gefüllt und verschickt werden. Sie rollten hauptsächlich nach den großen Bierstädten, nach München und Wien.

Schöne Bescherung! (Mit Abbildung.) Klirr, klirr, der Teller ist hin, und es muß gut gehen, wenn der kleine Tolpatsch nicht auch noch im Fall die Katzenschüssel umreißt, in welche er seinen Beitrag eben abzuliefern gedachte.

Wäre doch die kleine Anita ein paar Augenblicke früher vom Markte heimgekommen – die hätte die Sache geschickter gemacht! Man sieht die Ueberzeugung davon in ihrer schadenfrohen Haltung ebenso wie in der Verzweiflungsgebärde der jungen Mutter. Daß wir uns in einer italienischen Küche befinden, zeigt die ganze Umgebung: die Metallschüsseln, die altertümliche Oellampe, Krüge und Schalen, nicht zum wenigsten auch die zierlichen Schuhe und Strümpfe der jungen Frau und der dicke Haarbusch, welchen die Italienerin der ärmeren Stände mit Vorliebe bis zu den Augen herunterzieht, allerdings in der nicht unbegründeten Annahme, daß diese Augen dadurch noch einmal so groß und glänzend aussehen. Der Maler dieses Bildchens kennt seine Landsmänninnen gut und versteht, sie getreu zu schildern. Bn.     

Datei:Die Gartenlaube (1898) b 0515.jpg

Photographie im Verlag der Photographischen Union in München.
Schöne Bescherung!
Nach dem Gemälde von L. Pastega.

Der Speckstein. Das Bayerland hat mancherlei Naturprodukte aufzuweisen, deren Vorkommen im Deutschen Reiche zu großen Seltenheiten zählt. Als Seitenstück zu den Graphitfunden bei Passau ist der im Fichtelgebirge abgebaute Speckstein anzusehen. Er findet sich zwischen den Orten Göpfersgrün und Thiersheim. Der Speckstein ist weich, fettig anzufühlen. In der Hauptsache wird er zu Gasbrennern verarbeitet, dient aber auch zum Reinigen und Polieren von Glas, Metall, Leder, zum Zeichnen auf Tuch, Seide oder Glas und wird beim Brennen hart. Von den Eisenbahnstationen Holenbrunn und Wunsiedel wurden im Jahre 1895 etwa 60000 Centner Speckstein versandt. Der Handel mit diesem eigenartigen Naturprodukt hat seinen Mittelpunkt in Nürnberg, wo auch die meisten Grubenbesitzer ihren Wohnsitz haben.

Im Walde. (Zu dem Bilde S. 501.) Das stimmungsvolle Bild einer Waldlandschaft, das die „Gartenlaube“ heute im Holzschnitt wiedergiebt, verdankt sie einem Künstler, dessen Lebenslauf eigenartig genug erscheint, um das Interesse eines weiteren Leserkreises in Anspruch zu nehmen.

Wilhelm Bröker wurde am 6. Februar 1848 in Berlin geboren. Seine Eltern waren mit Glücksgütern wenig gesegnet, ließen ihm aber dennoch eine gute Schulbildung auf der Dorotheenstädtischen Realschule zu teil werden. Schon als Knabe zeigte Bröker Talent für den Holzschnitt und trat mit fünfzehn Jahren in das Atelier des bekannten Holzschneiders Gern in Berlin ein; daneben erhielt er Zeichenunterricht bei dem Historienmaler Hermann Brücke. Später arbeitete er vorübergehend in einer graphischen Kunstanstalt in Stuttgart, kehrte aber bald nach Berlin zurück. Da ihm jedoch die Holzschneidekunst nicht die genügenden Mittel für den Lebensunterhalt gewährte, erlernte er noch den Steindruck, namentlich die farbige Wiedergabe von Oelgemälden und Aquarellen. Im Jahre 1873 war er in der Lage, einen eigenen Hausstand zu gründen. Bis dahin hatte Bröker nur nachahmend gewirkt, was ihm nicht genügte. Er wollte selbst schaffen, sein Ideal war die Erlernung der Landschaftsmalerei. Aber die Mittel, über die er verfügte, reichten nicht zum Besuche einer Akademie. So begann für ihn ein heißes Ringen und Kämpfen. Rein autodidaktisch erwarb Bröker die nötigen Kenntnisse; er arbeitete bis tief in die Nacht hinein, um einerseits durch den Holzschnitt und den Steindruck die Mittel zum Lebensunterhalt zu verdienen, anderseits dem neuen Ideal nachzustreben. Der künstlerische Erfolg blieb nicht aus. Am Weihnachtsabend 1880 konnte ihm ein Freund die Mitteilung machen, daß sein erstes Bild einstimmig von der Aufnahmejury des Vereins Berliner Künstler für die Ausstellung angenommen sei. Die Bahn war gebrochen, in späteren Jahren erwachte auch das Interesse und damit die Kauflust des Publikums für die Gemälde Brökers.

Die Motive zu seinen Bildern entnimmt der Künstler seiner Phantasie; die Stimmungen, die in seinen Werken enthalten sind, kommen ihm gewissermaßen beim Malen unter den Pinsel, wobei ihm Momente vorschweben, die er in der Natur schon beobachtet hat und nun auf die Leinwand zu bannen versucht. Ueber die Art des Schaffens möge folgendes mitgeteilt werden: Bröker beginnt mit dem Malen gleich nach dem ersten Frühstück, arbeitet nach Belieben, wie es ihm die Phantasie zuträgt,und zwar am liebsten im trauten Heim, in der Nähe seiner Lieben. Es stört ihn auch nicht, sondern regt ihn vielmehr an, wenn im Nebenzimmer das Klavierspiel seiner Tochter ertönt, dieselbe am Klavier ihre Liederkompositionen schafft; beim Anhören der musikalischen Laute und Accorde gedeihen seine Arbeiten weiter, und Glück und Zufriedenheit halten gern Rast, wenn ein Bild der Vollendung entgegenreift. Mögen dem Künstler noch viele Jahre glücklichen Schaffens beschieden sein.

Leipzig. Prof. Dr. E. F. Riemann.     
Vom Begräbnis heimgekehrt. (Zu dem Bilde S. 513.) Der erste Abend im öden Haus! … Solange sie noch drinnen in der Kammer lag, die stille weiße Gestalt, unter den Blumen und Kerzen, und die beiden wieder und wieder den Frieden ihres Angesichts betrachten konnten, so lange schien sie noch nicht völlig verloren. Jetzt aber ist sie geschieden auf immer, und die Heimgekehrten überfällt der ganze Jammer der Verlassenheit. In stummem Hinbrüten sitzt der sonst so rüstige Mann mit gefalteten Händen da; an ihn schmiegt sich sein blondes Töchterlein. Sie fühlt sich so hilflos gegenüber dem schweren Kummer des Vaters und möchte ihn doch trösten, wenn sie’s nur vermöchte! Leise rührt die schmale Kinderhand an seinen Arm, er achtet’s nicht in seiner trostlosen Versunkenheit, ahnt nicht, was dieses sanfte Kind für seine Zukunft bedeutet. … So bleibt das tiefe Schweigen ungebrochen, und nur die Flammen im Kamin flackern und werfen ihren Schein über die beiden traurigen Menschengesichter. Ein ergreifendes Stück Leben, das uns der Künstler, L. Muntz, hier in schlichter Wahrheit vor Augen stellt! Bn.     
Ein vielgeplagter Fluß ist die in der Nähe von Boudry nach dem Durchfließen des lieblichen Val de Travers und einer daranschließenden engen Klamm in den Neuenburger See mündende Reuse. Zwischen Boudry und Travers, also kurz vor seiner Mündung, hat sich der Fluß einen tiefen 6 km langen Engpaß durch die Kalkschichten des Jura gegraben, und sein Gefälle ist auf dieser Strecke so groß, daß ein Niveauunterschied von 270 m auf eine Länge von 6000 m überwunden wird. Von diesem gesamten Gefälle bleiben nur 30 m ungenutzt, während der ganze Rest des Flußlaufes innerhalb der Klamm für industrielle Zwecke zur Verwendung gelangt ist. Da unter allen europäischen Wasserläufen

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verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 515. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0515.jpg&oldid=- (Version vom 10.8.2021)