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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

2 Ehrendoktordiplome trafen zu diesem Festtage bei ihm ein. Der Kaiser übersandte dem Fürsten mit einem Handschreiben voll inniger Wärme Anton von Werners Riesengemälde „Die Kaiserproklamation zu Versailles“, deutsche und auswärtige Fürstlichkeiten – selbst der König von Siam und der Sultan von Sansibar – sandten ihre Glückwünsche, 3600 Mitglieder der Krieger- und Landwehrvereine huldigten ihm, und 7000 Fackelträger, die Studierenden von Berlin, Abordnungen von sämtlichen Hochschulen, Künstler, Innungen, städtische Vereine, brachten ihm ihren flammenden Gruß. Kaiser, Bundesrat und Generalität, die kaiserlichen Prinzen erschienen persönlich bei dem Jubilar, Abordnungen aller Art drängten sich an diesem Tage in dem Reichskanzlergebäude, darunter auch ein paar Miesbacher Bauern in ihrer ländlichen Tracht, welche als Angebinde einen jungen Stier und fünf Kalbinnen für den Stall von Schönhausen mitgebracht hatten. Denn, wie schon früher erwähnt, auch die einst von Bismarcks Vater preisgegebene Hälfte des Ritterguts Schönhausen hatte dieser frohe Tag wiedergeschenkt.

Datei:Die Gartenlaube (1898) b 0568.jpg

Ständchen vor der Terrasse in Friedrichsruh.
Nach einer Photographie im Verlag von Strumper & Co. in Hamburg.

Um allen Kreisen des deutschen Volkes Gelegenheit zu geben, nach Lust und Vermögen den Zoll der Dankbarkeit an den gefeierten Mann zu entrichten, war der Gedanke einer Bismarckspende angeregt worden, und aus einem Teil ihres Ertrags, der sich insgesamt auf etwa 23/4 Millionen Mark belief, war jenes Gut dem damaligen Besitzer Deichhauptmann Gärtner abgekauft und dem Fürsten als Festgabe überreicht worden. Der Rest der Spende blieb Bismarck zu freier Verfügung überlassen und wurde von ihm in der Höhe von 1200000 Mark zu einer „Schönhauser Stiftung“ bestimmt, woraus deutschen jungen Männern, die sich dem höheren Lehrfach an deutschen höheren Lehranstalten widmen, vor ihrer Anstellung Unterstützungen gewährt, auch im Inlande wohnenden Witwen von Lehrern des höheren Lehrfachs Beihilfe für ihren Lebensunterhalt und für die Erziehung ihrer Kinder geleistet werden sollten. In dem früher Gärtnerschen Hause auf Schönhausen aber wurde das Bismarckmuseum eingerichtet, das heute in seinen Sälen und Zimmern, an den Wänden und in Schränken aller Art die Fülle alles dessen enthält, was dem Fürsten in der langen Zeit seines Amtes an Geschenken und Ehrungen zugeflossen ist. Auch manche denkwürdige Reliquie aus der Geschichte seiner Großthaten steht darunter, wie z. B. jener zerrissene Strohsessel, auf dem einst Kaiser Napoleon III saß, als er am Morgen des 2. September 1870 vor Sedan mit Bismarck über die Bedingungen der Kapitulation verhandelte.

Die Wiederherstellung des ursprünglichen Umfangs von Schönhausen war der letzte große Zuwachs zu dem Besitz des Fürsten, der schließlich für einen reichen Mann gelten konnte. Als er noch einfacher Herr von Bismarck war, konnte man das bekanntlich nicht von ihm sagen, und auch als Graf – welchen Rang er am 15. September 1865 erhielt – hatte er noch nicht viel mehr zu verzehren als sein Ministerpräsidentengehalt und die Erträgnisse von Kniephof und dem reduzierten Schönhausen. Dann kam der Erwerb von Varzin hinzu, und im Jahre 1871 nach der glorreichen Beendigung des französischen Kriegs wurde ihm neben der Würde des Fürsten vom Kaiser die Domäne Schwarzenbek im Herzogtum Lauenburg mit dem „Sachsenwald“ verliehen, für welche der Name „Friedrichsruh“ volkstümlich wurde, nach der Bezeichnung eines Jagdhauses, das ehemals Graf Friedrich zur Lippe hier errichtet hatte.

Unter dem Namen Friedrichsruh begreift man jetzt den gesamten zur früheren Domäne des Herzogtums Lauenburg gehörigen Grundbesitz im Amte Schwarzenbek. Ursprünglich bestand er fast ausschließlich aus Wald, und es gab darin weder Schloß noch Herrenhaus. Fürst Bismarck aber kaufte später die an den westlichen

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verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 568. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0568.jpg&oldid=- (Version vom 13.5.2019)