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Tode zu ehren, nicht auszuführen. Die Beisetzung des Sarges in dem noch zu erbauenden Mausoleum wird zu einer nationalen Totenfeier in den vom Entschlafenen gewünschten einfachen Formen wohl in einigen Wochen Gelegenheit geben. Der Kaiser beschränkte sich jetzt auf die Veranstaltung der kirchlichen Totenfeier, die am 4. August in der Kaiser Wilhelm-Gedächtniskirche zu Berlin unter Anwesenheit des Kaiserpaares, der Prinzen des königlichen Hauses, der Vertreter der Bundesregierungen, der höchsten Würdenträger des Reichs- und Staatsdienstes, der Geistlichkeit, der Armee und der Flotte, und der Delegierten des Reichstages, des preußischen Landtages und der städtischen Behörden stattgefunden hat. Vorher aber eilte der Kaiser nach seiner Ankunft in Kiel, wo er die Kaiserin traf, mit dieser am Nachmittag des 2. August nach Friedrichsruh, um an der Trauerfeier der Familie am Sarge des Fürsten teilzunehmen. Dieselbe bestand in einer Ansprache des in Friedrichsruh zuständigen Geistlichen des Dorfes Brunstorf, Pastor Westphal, welcher der gemeinsame Gesang von Chorälen vorausging und nachfolgte. Der schlichte Raum, der dem Verstorbenen bis zum Tod als Schlafzimmer gedient hatte, war im Laufe des Tages schwarz ausgeschlagen worden. Der Sarg stand ungefähr an derselben Stelle, wo das eichene Bett des Fürsten gestanden hat, in dem er seinen letzten Atemzug that. Eine kleine Gruppe von Koniferen, Buchsbaum und Lorbeer umschloß das Kopfende des auf einem Katafalk ruhenden Sarges. Zwei kunstvolle zwölfarmige silberne Leuchter erhoben sich zu Häupten desselben, zu Füßen brannten zwei mächtige Altarkerzen, deren rötlichgelbe Färbung gegen das blendende Weiß der Stearinlichter auf den Leuchtern in dem nach außen verhangenen Raum merkwürdig abstach. Vier große Kränze bedeckten den Sarg, die von Angehörigen der Familie stammten; unterhalb des Sarges hatte der Kranz eine Stelle gefunden, welchen Fürst Hohenlohe überbracht hatte. Nach dem Betreten des Raumes legte der Kaiser den von ihm mitgebrachten Kranz nieder.

Trotzdem die Kunde von der strengen Absperrung der Todesstätte sich schnell verbreitet hatte, war das stille Friedrichsruh während dieser Trauertage zum Wallfahrtsort für viele Tausende geworden. Nicht bloß aus der näheren Umgebung und Hamburg – auch aus weiter Ferne waren sie gekommen, um ihre Blumenspenden für den Sarg persönlich zu überbringen. Unser Bild auf S. 553 stellt die Ansammlung derjenigen dar, die am Sonntag Morgen unter dem ersten Eindruck der Todesnachricht vors Schloß gekommen waren. Bereits am Sonntag Mittag hatte die sofort verfügte Absperrung des Hauses für das größere Publikum einen militärischen Charakter erhalten; hinter dem Gitterthor, durch das bei den regelmäßigen Spazierfahrten des Kanzlers der Austritt des fürstlichen Wagens erfolgte, stand ein Doppelposten der vom Altonaer Infanterieregiment Nr. 31 eingetroffenen Ehrenkompagnie, während vor dem Eingang ins Schloß später Seydlitzkürassiere Wache hielten. Von den Vorgängen im Innern drang kein Laut zu der harrenden Menge, die in ernster würdiger Haltung nicht müde wurde, vor dem Portal zu stehen. Die untenstehende Abbildung zeigt uns nach einer Augenblicksaufnahme Gruppen von Leidtragenden vor dem Schloßpark, in der Mitte, sich mit mehreren ihm bekannten Herren unterhaltend, Bismarcks berühmtesten Maler, Lenbach, der sofort nach Empfang der Trauernachricht aus München herbeigeeilt war. Auch die gegenüberliegenden Höhen jenseit der Bahn waren am Tage der Trauerfeier, am 2. August, dicht besetzt.

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Vor dem Schloßpark in Friedrichsruh.
Nach einer photographischen Aufnahme von Hans Breuer in Hamburg.

Schon am Sonntag trafen ganze Wagenladungen von Kränzen und Sträußen mit der Eisenbahn ein, und mit jedem Tage wuchs dieser Blumenflor, der bald alle Zimmer, die zu dem düsteren Sterbegemach führten, mit Duft und Farbenglanz füllte. Prachtvolle Aufbauten der Blumenbindekunst, riesengroße Kränze aus Lorbeer und Eichenlaub, an Rosen und Orchideen das Kostbarste, was die Zucht unserer Gärtner hervorbringt, Edelweiß, Gentianen und Alpenrosen aus Deutschlands Hochgebirgen, prangten neben schlichten Immortellenkränzen, welche die Liebe und Anhänglichkeit von ländlichen Bewohnern des Sachsenwaldes an den Gutsherrn zum Ausdruck brachten. Unter den Absendern war jeder Rang und Stand vertreten: in hohem Maße beteiligten sich die Deutschen im Ausland an diesen Liebesbeweisen. Als das Schloß keinen Raum mehr zur Aufnahme bot, erfolgte die weitere Aufstellung auf der großen Rasenfläche vor dem Schloßeingang im Park, deren Grün sich schnell in einen prachtvollen Blumenteppich umwandelte. Dann ging man daran, das Schloß selbst mit einer Art Blumenhecke zu umziehen, indem die weiter eintreffenden Kränze und Palmenzweige rings an die Hauswand gelehnt wurden. Unser Bild auf S. 557 versetzt uns inmitten dieses Liebeswerkes unter den gewaltigen Linden, die den Platz überschatten. Der Duft all dieser Blumen und Zweige umquoll wie eine Wolke von Opferrauch die Stätte des Todes, ein Liebesopfer der deutschen Nation, dargebracht dem teuren Helden, der sie zum Reiche geeint und zu Macht und Ansehen emporgeführt hat.

„Requiem.“ (Zu dem Bilde S. 549.) Ein Sinnbild der Totenklage hat Gabriel Max in der Frauengestalt geschaffen, welcher er die Bezeichnung „Requiem“ gegeben hat. Großartige Werke der Kirchenmusik führen denselben Namen, Werke, in denen viele der bedeutendsten Komponisten die Motive und die Gliederung der katholischen Seelen- und Totenmesse machtvoll ausgestaltet haben zu den ergreifendsten Wirkungen. Der Name stammt von den Anfangsworten der Messe: „Requiem aeternam dona eis“ („Die ewige Ruhe gieb ihnen“); Palestrina, Haydn, Mozart und Cherubini, Schumann, Lachner, Verdi und Brahms haben die herrlichsten dieser Tonwerke geschaffen. Den Genius dieser Trauermusik hat Gabriel Max darstellen wollen. Die gewaltige Kirchenkerze mit dem wallenden Trauerflor, welche die Gestalt in der Rechten trägt, ist dafür ein bezeichnendes Attribut.

Die deutsche Studentenschaft bei Bismarck in Kissingen 1890. (Zu dem Bilde S. 573.) Unter den großartigen Huldigungen, welche

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verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 579. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0579.jpg&oldid=- (Version vom 10.12.2022)