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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

konservator Eduard Paulus, hat darüber in der „Gartenlaube“ berichtet, die schon damals (vergl. Jahrgang 1888, S. 257) die berühmte Benediktinerabtei ihren Lesern im Bilde vorführte. Dort finden die Leser außer einer naturgetreuen äußeren Ansicht auch Einzelheiten aus dem Innern der Kirche, sowie das berühmte Relief über dem Hauptportal abgebildet.

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Schwarzwälder Trachten: 1 u. 2 aus der Gegend von Schramberg, 3 bis 5 aus der Gegend von Alpirsbach bis Schiltach.

Ueber die Geschichte Alpirsbachs können wir uns kurz fassen; es ist nicht viel davon zu sagen. Das Kloster erfreute sich in seinen Anfangszeiten augenscheinlich eines rasch steigenden Wohlstandes, den es sich auch lange erhielt; aber durch bedeutende geistige Leistungen hat es sich selbst in dieser seiner ersten Blüte nicht hervorgethan, wie dies sonst gerade bei den Benediktinerklöstern der Fall war. Das wird erklärlich, wenn man liest, daß „im Kloster nicht gar ein mönchisch Wesen und Leben gewesen; bloß der Abt, der Prior und etliche Kapläne seien Priester gewesen; das Kloster sei häufig von lebensmüden Adelichen bezogen worden, die haben sich neben dem Gottesdienst mit Baitzen, Jagen und allerlei Waidwerk geübt“. Die Geschichte des Klosters ist demgemäß in den ersten Jahrhunderten ausschließlich beschrieben mit allerlei Streitigkeiten um die Schutzvogtschaft, die von den Grafen von Zollern an die Herzöge von Teck und von diesen an das Haus Württemberg übergeht, bei dem sie schließlich verbleibt. Die Kriege bringen gewaltsame Geldsteuern, Brandschatzungen etc. Auch die Zeit der Reformation giebt kein erfreuliches Bild; zwar ist einer der schwäbischen Reformatoren, Ambrosius Blarer oder Blaurer, aus dem Alpirsbacher Kloster hervorgegangen und hat bei der Ueberführung Alpirsbachs zum Protestantismus eine Rolle gespielt, aber das Ueberlieferte über diese Vorgänge ist nicht erhebend. Das Elend des Dreißigjährigen Krieges traf Alpirsbach so hart als irgend eine andere Stätte der Kultur und Wohlhabenheit in Süddeutschland. Nachdem in der letzten Hälfte des 16. Jahrhunderts das Kloster eine Erziehungsanstalt für protestantische Theologen gewesen, kam es im 17. vorübergehend in die Hände der Jesuiten und dann wieder in die der Benediktiner. Vom westfälischen Frieden ab bis zu Anfang unseres Jahrhunderts gab es protestantische „Aebte“ oder „Prälaten“ von Alpirsbach, aber selbstverständlich ohne Mönche; die Abtstelle war fortan eine Sinekure für ältere württembergische Geistliche; auch der berühmte protestantische Prälat Bengel war um die Mitte des vorigen Jahrhunderts Abt von Alpirsbach, aber, wie es scheint, ohne dort gewohnt zu haben. Zu Anfang dieses Jahrhunderts war das um das Kloster entstandene Städtchen noch Sitz verschiedener Bezirksämter, die es aber der Reihe nach abgeben mußte; dagegen hat sich das freundliche Städtchen neuerdings zu einem beliebten Aufenthalt für Sommerfrischler aufgeschwungen und hat auch eine rege Industrie.

Und nun einiges über das Fest vom 28. und 29. August. Der erste Tag war der kirchlichen Feier gewidmet, der zweite war ein Volksfest. Das Städtchen hatte sich schön geschmückt und auch der Kirche wurde ein modernes Festgewand angelegt. Der Turm bekam seine Fahnen und ins Innere hatte man, ohne das machtvolle Bild altehrwürdiger Baukunst zu stören, den grünen Schmuck und den herrlichen Duft der Schwarzwald-Tannenwälder hereingebracht. Vor- und nachmittags fanden Festgottesdienste statt, in welchen der Ortsgeistliche, der Dekan, der Prälat als Vertreter der Kirchenregierung und des Königs und andere geistliche Redner zu der Festversammlung sprachen. Für Festmahl und Bankett hatte man ein großes luftiges Zelt gebaut.

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Trachten: aus Gutach und Kirnbach.

Am zweiten Tag, am Montag, strömte von allen Seiten, mit den Zügen, in Fuhrwerken und zu Fuß viel festfreudiges Volk zusammen. Da sah man die schönen oder originellen Trachten der näheren und ferneren Schwarzwaldthäler, vor allem die von der Kinzig und aus der Baar: bunte und schwarze Trachten, himmelblaue Röcke, grasgrüne und schillernde Schürzen, silberne und goldene Hauben und Schapeln, helle Strohhüte mit den großen roten Wollrosen, und wieder die schwarze elsässische Schleife und den, Wangen und Ohren und den ganzen Rücken mit breiten schwarzen Seidenbändern bedeckenden Kopfputz der württembergischen Schwarzwälderinnen; die Männer teils im langen dunklen Rock mit rotem oder weißem Futter, silbernen Münzen und Knöpfen am Rock wie am roten „Brusttuch“, die jüngeren in kurzen Joppen und ebenfalls farbigem Kamisol, kurzen Hosen aus Leder oder Sammet, Schnallenschuhen oder Wasserstiefeln. (Siehe die Abbildungen auf S. 631 und 632.) Freilich, mehr und mehr dringt, trotz der Bemühungen, die man gerade im Schwarzwald auf Erhaltung der Trachten richtet, die bequemere und billigere moderne Kleidung auch hier beim Landvolk durch.

Der Hauptanziehungspunkt, der all die Scharen anlockte, war das „Festspiel“, vom Ortsgeistlichen Pfarrer Dessecker gedichtet und eingeübt. Die Scene war der Klosterhof selbst mit dem Blick auf die Klosterreste, auf Vorhalle und Giebelwand der

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verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 631. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0631.jpg&oldid=- (Version vom 3.1.2023)