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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

Kaiserin Elisabeth von Oesterreich.

Der Lenz hatte seinen Einzug in die Lande gehalten. Um das blaue Band der Donau hatte er grüne Matten gezaubert und die Bäume auf den Uferhügeln und in den Thälern mit weißem Blütenschmuck überschüttet; unter dem klaren blauen Himmel tönte der Lerche Jubelsang und freudiges Treiben herrschte auch unter den Menschen längs des Donaustromes von Wien bis in das Bayernland hinein. Ehrenpforten wurden errichtet, mit Laubgewinden, Tannengrün und Fahnen die Häuser geschmückt und mitten in dieser frohen Arbeit erklang gar oft die Weise:

„Rose aus Bayernland,
Lieblich und traut,
Nun grüßt dich ganz Oest’reich
      Als hehre Braut.“

Das geschah in den Apriltagen des Jahres 1854, da Prinzessin Elisabeth von München Abschied nahm und von Passau an zu Schiff ihre Brautfahrt nach Wien antrat. Der schmucke Dampfer, der die jugendliche Fürstin der Kaiserstadt zuführte, glich einem Märchenschiff. Mit Rosengewinden, die bis an den Wasserspiegel reichten, waren seine Wände geschmückt, in einen Blumengarten war das Verdeck verwandelt worden und in seiner Mitte erhob sich, von einem prächtigen Zelt eingeschlossen, eine duftige Rosenlaube, und dazwischen Purpursammet und darüber Wimpel und Flaggen in bunten Farben! Mit lautem Jubel wurde überall das Schiff begrüßt. Tausendstimmige Hochrufe, Fanfaren und Glockengeläute hießen auf Oesterreichs Boden die Braut des jungen Kaisers Franz Joseph willkommen. Einem Triumphzug glich diese Brautfahrt; wo die künftige Kaiserin erschien, dort siegte sie, gewann alle Herzen durch die Lieblichkeit und Anmut ihrer Erscheinung.

Die Töchter des Herzogspaares Max und Ludowika in Bayern standen weit und breit im Rufe großer Schönheit. Herzog Max führte ein offenes Haus, Künstler und Litteraten waren bei ihm häufige Gäste; viele gingen aus und ein in dem herrlichen Schloß Possenhofen am Starnberger See und hatten Gelegenheit, die jungen Prinzessinnen zu beobachten, und alle hielten Prinzessin Elisabeth für die schönste; man nannte sie die „Rose von Possenhofen“. Hoch und schlank war sie gebaut, leicht und anmutig in ihren Bewegungen, die schönen Züge umrahmte ein dichtes kastanienbraunes Haar, von rosigem Hauch war das zarte Antlitz belebt, und aus ihm schaute ein Paar tiefblauer Augen voll schwärmerischen Glanzes. Herzog Max hatte seinen Töchtern eine freiere Erziehung gegeben als sie sonst an Fürstenhöfen üblich war. Die Prinzessinnen konnten rudern und schwimmen, und da ihr Vater ein passionierter Reiter war, so saßen auch sie frühzeitig fest im Sattel; aber diese Uebungen erhöhten nur die Anmut Elisabeths, und was an ihrer Erscheinung bestrickte, das war der Zauber der echten Weiblichkeit.

Kaiserin Elisabeth von Oesterreich in ihrem
33. Lebensjahre.

Nach einer Aufnahme von Hofphotograph V. Angerer in Wien.

Herzogin Ludowika in Bayern war eine Schwester der Erzherzogin Sophie, der Mutter Kaiser Franz Josephs, und so mögen wohl die beiden Mütter den Heiratsplan zuerst angeregt haben. Immerhin blieb die Wahl und Entscheidung dem jungen Kaiser überlassen. Im August des Jahres 1853 traf er in Ischl mit seiner Cousine zusammen und wurde von dem Liebreiz Elisabeths derart gefangen genommen, daß er sofort um ihre Hand warb und daß am 18. August, seinem 23. Geburtstag, die Verlobung stattfand. Elisabeth, die am 24. Dezember 1837 das Licht der Welt erblickt hatte, war damals noch nicht sechzehn Jahre alt. Daß der Bund, den das junge Paar miteinander schließen sollte, ein wahrer Herzensbund war, daran konnte niemand zweifeln, der es näher beobachten durfte. Im Winter 1853/54 reiste der Kaiser, so oft seine Regentenpflichten es erlaubten, nach München, um seine Braut zu besuchen. Doch der Brautstand dauerte nicht lange, denn schon für den 24. April 1854 war die Trauung festgesetzt.

Ein herrlicher Lenzabend war es, als das Rosenschiff mit der kaiserlichen Braut unter Kanonendonner, Glockengeläute und klingendem Spiel in Nußdorf anlangte, wo der Kaiser Elisabeth empfing, um sie in die Hauptstadt zu geleiten. So brausend war der Jubel, mit dem das Volk die junge Fürstin begrüßte, daß sie beim ersten Betreten Wiens an der Seite des Monarchen stehen blieb und mit Thränen in den Augen dem nimmer endenden Ruf „Hoch Elisabeth, die Kaiserbraut!“ lauschte. Das waren Thränen der Freude, die eine glückliche Braut vergoß.

Noch großartiger gestalteten sich die Kundgebungen des Volkes, als Elisabeth am anderen Morgen, einer alten Sitte zufolge, vom Theresianum den Einzug in die alte Burg der Habsburger hielt. Hunderte weißgekleideter Jungfrauen streuten ihr Rosen auf den Weg und glückstrahlend saß die anmutige Braut in dem sechsspännigen Wagen, in der dunklen Haarkrone ein funkelndes Diamantdiadem und einen Kranz von weißen und roten Rosen. Und von ferne hallte der Donner der Kanonen herüber und von Straße zu Straße brauste der Jubelruf „Hoch Elisabeth, die Kaiserbraut!“

*  *  *

Feierlich war die Trauung in der altberühmten Hofkirche zu St. Augustin vollzogen worden, rauschende Feste füllten die folgende Woche aus, dann zog sich das junge Ehepaar in die Stille von Laxenburg zurück. Nun war Elisabeth Kaiserin von Oesterreich und sogleich zeigten sich die schönen Züge ihres Charakters. Die reiche Morgengabe, die der kaiserliche Gemahl ihr verehrt hatte, überwies sie Wohlthätigkeitsanstalten des Landes. Im stillen hatte sie diese erste edle That als Landesmutter verrichtet und erst spät erfuhren die Beschenkten, wer die Geberin war. In derselben stillen Art hat sie auch in späteren Jahren unermüdlich für die Armen und Bedrängten gesorgt.

Es war ein Herzenswunsch der jungen Kaiserin, die Länder der habsburgischen Monarchie kennenzulernen. Der Kaiser führte sie zunächst nach Böhmen und Mähren, dann folgte eine Reise in die Alpen, an die sich köstliche Erinnerungen knüpften; in der Hochgebirgsnatur erlebte man reine Freuden, auf dem Großglockner hatte damals der Kaiser das erste Edelweiß gepflückt. Wunderschön gestaltete sich die Reise nach Triest und Venedig; in feenhaftem Glänze zeigte sich die Lagunenstadt den kaiserlichen Gästen und märchenhaft war das große zu ihren Ehren abgehaltene Maskenfest.

Das waren glückliche Jahre im Leben der Fürstin, der es nun auch vergönnt war, das Mutterglück zu empfinden. Im März des Jahres 1855 durfte sie ihr erstgeborenes Kind, die Erzherzogin Sophie, an ihr Herz drücken; im darauffolgenden Jahre schenkte sie der Erzherzogin Gisela das Leben und alle ihre Wünsche schienen erfüllt, als am 21. August 1858 hundertundein Kanonenschüsse den Wienern verkündeten, daß dem Lande Oesterreich ein Thronfolger geboren war. Damals erschien Elisabeth der Welt mit dem Füllhorn des Glückes überschüttet. Ihre Schönheit und Anmut waren sprichwörtlich geworden, das Volk rühmte ihre Liebenswürdigkeit und Güte; sie genoß die Freuden der Frau am häuslichen Herde, hatte einen liebenden Gatten zur Seite und

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verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 657. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0657.jpg&oldid=- (Version vom 2.4.2021)