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Kleine Mitteilungen.


Theodor Fontane †. In Theodor Fontane, der am 20. September in Berlin eines sanften Todes verschied, hat die deutsche Litteratur einen allverehrten Meister verloren, dessen liebenswürdige Persönlichkeit dem litterarischen Leben der Reichshauptstadt zu ganz besonderer Zierde gereicht hat. Theodor Fontane war in der Mark Brandenburg geboren; am 30. Dezember 1819 kam er in Neuruppin zur Welt: tief im Boden seiner Heimat wurzelte sein geistiges und poetisches Wesen.

Sein Vater, der Apotheker war, hatte ihn für den gleichen Beruf bestimmt; doch früh folgte er dem Drange nach litterarischer Bethätigung. Seine Jugend fiel in die Zeit, in welcher Walter Scott noch seinen vollen Zauber auf die deutsche Lesewelt übte, und die schottische Sagenwelt, die altenglischen und schottischen Balladen boten ihm die Anregung zu seinen ersten eigenen poetischen Versuchen. Noch später ist er gern auf dieses Stoffgebiet zurückgekehrt, wie mehrere seiner bekanntesten und vollendetsten Balladen aus der Zeit der vollen Reife seines Talentes beweisen. Diese Vorliebe gab ihm auch Anlaß zu verschiedenen Reisen nach England und Schottland, deren Eindrücke er mit anschaulicher Kunst und feinem Sinn für den historischen Charakter von Land und Leuten schilderte. Früh aber trieb es ihn, in der überkommenen kraftvoll gedrungenen Balladenform auch „Männer und Helden“ der preußischen Geschichte zu feiern und von seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ mit demselben poetisch-historischen Sinn zu erzählen, der vorher fremden Ländern zu gute kam. In vier Bänden, die 1862 bis 1881 erschienen, schilderte er sein engeres Heimatland und dessen stolze Erinnerungen, welche vom Aufschwung Preußens zur Macht und Größe so viel zu berichten haben. Seit 1844 lebte er in Berlin als Schriftsteller, für verschiedene Zeitungen thätig; in den letzten Jahrzehnten gehörte er der Redaktion der „Vossischen Zeitung“ an, für welche er ständig die Schauspielneuheiten des Hoftheaters besprach. Die Waffenerfolge des preußischen Heeres auf den Schlachtfeldern Schleswigs und Böhmens, die er selbst besucht hatte, brachte er in den Bänden „Der schleswig-holsteinische Krieg im Jahre 1864“ und „Der deutsche Krieg von 1866“ zu lebendiger Darstellung. Als das deutsche Volk in Waffen dann im Sommer 1870 über den Rhein „in Frankreich hinein“ zog, folgte er dem Heere, um nach eigenen Eindrücken auch diesen Feldzug zu schildern; wie er dabei Ende Oktober zu Vaucouleurs in die Hände von Franktireurs fiel und dann eine Reihe abenteuerlicher Fahrten als Gefangener zu bestehen hatte, das hat er mit frohem Humor in dem Buch „Kriegsgefangen“ erzählt. In einem Alter, das so manchen anderen Schriftsteller schon schaffensmüde findet, wandte er sich dann der Romandichtung zu. Auch hier bestimmte sein Patriotismus die Wahl des Stoffes: „Vor dem Sturm“, dessen vier Bände 1878 erschienen, bietet ein ergreifendes Bild der deutschen Erhebung gegen das Napoleonische Joch. Mit jedem folgenden Werke zeigte sich sein Talent auf dem neuen Boden heimischer und erfolgreicher; das Leben der Reichshauptstadt, ihr schnelles Wachstum zur Großstadt bot ihm die mannigfaltigsten Motive. So war seinem Herbst noch eine reiche Blütezeit vergönnt. In der „Gartenlaube“ erschienen die kraftvollen Romane „Unterm Birnbaum“ und „Quitt“. Als Fontane seinen siebzigsten Geburtstag feierte, widmete ihm unser Blatt eine eingebendere Darstellung seines Lebensganges, wobei sein Wirken als Dichter die wärmste Würdigung fand. Auch sein Bildnis ist im Jahrgang 1890 erschienen.

Ein glänzender Hofstaat. Kaum einer der orientalischen Fürsten hatte einen so großartigen Hofhalt wie Kaiser Karl VI, der Vater der Maria Theresia (1711 bis 1740), einen Hofhalt, der durch seine unglaubliche Massenhaftigkeit imponieren mußte. Nicht weniger als 40000 Personen gehörten dazu. Davon standen 2000 in fester Besoldung und aktivem Dienste, die übrigen waren Titulierte und Pensionäre. Es gab sechs Oberhofstäbe, dazu eine Wolke von Kammerherren mit goldenen Schlüsseln und schwarzen Schleifen, während die Kammerdiener eiserne Schlüssel führten. Fürsten oder Grafen, deutsche, böhmische, ungarische, niederländische, spanische und italienische Herren trachteten nach den kaiserlichen Kammerherrstellen. Im Jahre 1732 waren ihrer 216 ernannt worden. Bei der Hochzeit der Maria Theresia kam auf einmal aus der kaiserlichen Kammer ein neuer Kammerherrenschub hervor, der die Zahl derselben um 168 vermehrte. Jeder dieser Kammerherren mußte dem Obristkämmerer beim Antritt seines Amtes kraft alten Herkommens 200 Dukaten zahlen. Das waren kaiserliche Geschenke; statt des Ostereis bekam Graf Trautson eine Liste von dreißig neukreierten Kämmerern und sein Nachfolger Graf Waldstein eine von siebenundvierzig. Jenes Osterei brachte also 6000, dieses 9400 Dukaten ein. Der Schar der Kammerherren und der Lakaien entsprach diejenige der Hofdamen, Kammerfräulein, Kammerfrauen, Kammerdienerinnen adeligen Geblüts, die sich im Hofstaat der Kaiserin, der schönen Elisabeth von Braunschweig, der Kaiserin-Mutter und der beiden jungen Erzherzoginnen befanden. Um diesen zahlreichen Hofstaat und dessen Dienerschaft unterzubringen, gab es die sogenannten Hofquartiere, die auf den Häusern in der Stadt und den Vorstädten lastende Verpflichtung, überall in das zweite Stockwerk gegen ein kleines Entgelt die Hofdienerschaft aufzunehmen. Im übrigen lebte halb Wien eingestandenermaßen von kaiserlicher Hofküche und Hofkeller. In der Hofküche wurde in gröbster Weise betrogen: allein für Petersilie wurden jährlich 4000 Gulden in Ansatz gebracht. Der Schlaftrunk der Kaiserin-Mutter betrug auf der Rechnung täglich zwölf Kannen Ungarwein und für jede ihrer Hofdamen sechs. Zum Einweichen des Brots für die Papageien der Kaiserin Elisabeth wurden jährlich zwei Faß Tokaierwein, für ihr Bad jährlich fünfzehn Eimer österreichischer Wein berechnet. Der kaiserliche Hofkeller enthielt aber auch Riesenfässer, wie die beiden, die der Bindermeister Johann Zugk aus Müglitz eingeliefert: das eine hielt 3025, das andere 5050 Eimer.


Tülldurchzug. Der lange Zeit fast ganz vernachlässigte Tülldurchzug wird wieder modern und in leichter Musterung gern für die großen Shawlkrawatten wie für Spitzen und Einsätze jeder Art verwendet. Kopfhüllen und Fichus mit reichem Muster in dieser Arbeit ausgeführt, beanspruchen allerdings ziemlich viel Zeit, sind dann aber auch an Wirkung echten Spitzen zu vergleichen. Die besonders beliebten Blumenmuster kann eine geschickte Hand sich leicht selbst aufzeichnen, auch ergeben spanische und Chantillyspitzen sehr hübsche Vorlagen. Oefter verbindet man auch die schnellfördernde irische Spitzenarbeit mit Tülldurchzug; einige Musterfiguren, zum Beispiel Blumen, werden dann durch Medaillonbändchen gebildet, während ein glattes und Picotbändchen den Randabschlnß ergiebt. Stets nur gutes Material zu verarbeiten, ist sehr zu empfehlen.

Goldene Ketten zu reinigen, ist oft nicht ganz so einfach. Am erfolgreichsten verfährt man, wenn man die Kette in eine weithalsige Flasche thut, etwas geschabte Seife und Wienerkalk hinzufügt, warmes Wasser aufgießt und die Flasche zukorkt. Dann schüttelt man das Ganze einige Minuten lang tüchtig, nimmt die Kette heraus, wäscht sie in reinem Wasser und dann in Spiritus nach und trocknet sie ab. Sie wird hiernach tadellos neu aussehen.

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verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 676_d. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0676_d.jpg&oldid=- (Version vom 7.8.2021)