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Kleine Mitteilungen.


Konrad Ferdinand Meyer †. Nach schwerem Leiden, das eine Zeit lang den Charakter geistiger Umnachtung trug, ist am 28. November der Schweizer Dichter Konrad Ferdinand Meyer auf seiner Besitzung Kilchberg bei Zürich im 74. Lebensjahre verschieden. Wie Gottfried Keller, dem gleich ihm die deutsche Litteratur einen reichen Schatz von Erzählungen und Gedichten von ganz eigentümlichem Gepräge und hoher Kunstvollendung verdankt, war Meyer in Zürich geboren; er kam als Sohn des Regierungsrats Ferdinand Meyer am 12. Oktober 1825 zur Welt. Im Gegensatz zu Keller, der, auf sich selbst angewiesen, sich unter Entbehrungen zur Bethätigung seines Künstlerberufes emporringen mußte, gehörte er einer alten Züricher Patrizierfamilie an, deren Ueberlieferungen bis in die Reformationszeit zurückreichen, und wuchs nach dem frühen Verluste des Vaters unter dem Einfluß einer geistig hochstehenden Mutter auf, die ihm volle Freiheit in der Ausübung seiner Lieblingsneigungen ließ. Während er in Zürich dem juristischen Studium oblag, gehörte sein Hauptinteresse schon der Geschichte. Als längeres Siechtum seine Uebersiedelnng an den Genfer See und später größere Erholungsreisen nach dem Süden veranlaßte, widmete er sich ausschließlich geschichtlichen Studien; Thierrys „Erzählungen aus den Zeiten der Merowinger“ übersetzte er ins Deutsche. Er lebte sich in dieser Zeit so in das französische Geistesleben ein, daß er schwankend wurde, ob er nicht für das eigene litterarische Schaffen sich der französischen Sprache bedienen sollte. Den Stoff zu seiner ersten Novelle „Das Amulett“ entnahm er der französischen Geschichte. Nach einem längeren Aufenthalt in Paris kehrte er in die Heimat zurück. Da wurde der mächtige Eindruck, den sein Gemüt von der Wiedererrichtung des Deutschen Reiches empfing, für seine Dichterlaufbahn entscheidend. Er hatte sich in Meilen am Zürichsee niedergelassen; der tägliche Blick auf die Insel Ufenau, welche einst dem deutschen Reformationsdichter Ulrich von Hutten die letzte Zuflucht geboten, hatte ihn zum Studium der Geschichte dieses Geisteskämpen angeregt; im Jahre 1871 schuf er die epische Dichtung „Huttens letzte Tage“, in deren kraftvollen Gesängen ein warmherziges Bekennen des Dichters zum Deutschtum offen hervortritt. Die Geschichte der Reformationszeit bot ihm auch den Stoff für seinen ersten Roman „Jürg Jenatsch“ (1874). Hier bewegte er sich auf dem Boden der Schweiz, deren gewaltige Alpennatur den landschaftlichen Hintergrund der dramatisch bewegten Vorgänge bildet; der düstere Held ist ein Vorkämpfer des Calvinismus in Graubünden; durch eigene Schuld und Untreue wird der Fanatiker in sein tragisches Schicksal verstrickt. Auch „Der Heilige“ schildert kirchliche Kämpfe; Thomas a Becket, der in der Abtei von Canterbury den Dolchen seiner Mörder erlag, steht im Mittelpunkt der packenden Handlung. Wie hier hat es der Dichter auch in seinen späteren historischen Erzählungen gar wunderbar verstanden, fremde Zeiten und Sitten im Reiz ihrer Besonderheit lebensecht heraufzubeschwören und heroische Gestalten zu erschaffen, die sich der Seele des Lesers unauslöschlich einprägen. Von seinen kürzeren Novellen üben besonders „Der Schuß von der Kanzel“, „Die Hochzeit des Mönchs“, „Die Richterin“ tiefergreifende Wirkung. Seinem letzten Roman „Angela Borgia“, der wie „Die Versuchung des Pescara“ im Zeitalter der Renaissance und in Italien spielt, fehlte die plastische Geschlossenheit, die seine früheren Erzählungen bewundern ließen. Dies Nachlassen der poetischen Kraft war leider schon ein Symptom der Krankheit, welche 1892 seinen zeitweiligen Aufenthalt in der Heilanstalt Königsfelden bei Brugg nötig machte. Auch in seinen „Balladen“ hat Konrad Ferdinand Meyer die markige Gestaltungskraft seiner Phantasie meisterlich bewährt; seine rein lyrischen Gedichte spiegeln ein für alles Edle und Große begeistertes Seelenleben wider.

Berliner Jugendwehr. Im Juni 1896 wurde durch den Generalmajor v. d. Heyde und den Hauptmann d. L. Friedmann der Verein für militärisches Turnen, Exerzieren und Schwimmen der männlichen Jugend zu Berlin ins Leben gerufen, welcher anläßlich seines ersten Stiftungsfestes, mit dem zugleich die Weihe der aus eigenen Mitteln beschafften Fahne begangen wurde, den Namen „Jugendwehr“ annahm. Der Zweck, den die Leitung des Vereins, dem weit über tausend Zöglinge aus allen Gesellschaftsklassen angehören, verfolgt, ist ein doppelter; erstens dem Heere körperlich gut vorbereitete Freiwillige, welche später kapitulieren und einen guten Ersatz für das Unteroffizierkorps bilden, zuzuführen, dann aber auch die Liebe und Treue zu Kaiser und Reich zu pflegen, Achtung vor den Gesetzen zu lehren, die jungen Leute durch körperliche Uebungen abzuhärten, um sie auch für die Arbeit des täglichen Lebens kräftiger und widerstandsfähiger zu machen. – Die Exerzier- und Turnübungen finden sonntäglich in den Morgenstunden statt und endigen vor Beginn des Hauptgottesdienstes; an den Wochentagen empfangen die Zöglinge in den Abendstunden Musik-, Gesang- und Fechtunterricht. Auf diese Weise werden dieselben in dem für die Jugend, namentlich einer Großstadt, so gefährlichen Alter – sie stehen meist im 15. bis 19. Lebensjahre – für die Zeit, welche ihnen ihre bürgerliche Thätigkeit frei läßt, in angemessener Weise beschäftigt. Unter strenger Einhaltung dieser Prinzipien ist es dem Vorstand möglich geworden, schon jetzt dem Verein ein Korps Spielleute zu 40 Mann, ein Musikkorps zu 60 bis 70 Mann und einen gegen 80 Mann starken Sängerchor zu schaffen. – Seit einem Jahre ist nun auch die Thätigkeit der freiwilligen Krankenpflege im Felde in das Bereich des Unterrichts gezogen worden. – Die Notwendigkeit, junge Lazarettgehilfen heranzubilden, trat kurz nach Gründung des Vereins an den Vorstand heran, da bei den weiten Uebungsmärschen der Jugendwehr in das Berlin umgebende Gelände, an welchen stets gegen 800 junge Leute teilnehmen, kleine Erkrankungen infolge großer Hitze oder Unglücksfälle, wenn auch unbedeutender Art, wie Fußverstauchungen etc., nicht vermieden werden konnten. Mit großem Eifer gingen die jungen Leute an die Erlernung des auch von den freiwilligen Krankenträgerkolonnen zu bewältigenden Dienstes. Die für die praktische Ausübung nötigen Arzneimittel und Verbandstoffe wurden aus den vorhandenen Vereinsmitteln beschafft, und es hat sich diese Einrichtung aufs trefflichste bewährt; ja selbst bei schwereren Fällen wurden seitens der jungen Leute die Verbände so tadellos angelegt, daß sogar Aerzte sich lobend über das Gesehene äußerten. Der Vorstand der Jugendwehr hofft, in nicht allzulanger Zeit eine vollständig ausgebildete Krankenträgerkolonne stellen zu können.

Elektrische Kochapparate. Nach Mitteilungen der „Oesterreichischen Zeitschrift für Elektrotechnik“ ergab eine Vergleichnng der Kosten des Kochens mit elektrischen Oefen einerseits und mit gewöhnlicher Kohlenheizung anderseits das Resultat, daß die übliche Art, mit Kohlenheizung zu kochen, sich heute noch bei weitem billiger stellt. Versuche, die in Bezug auf die Kosten der drei täglichen Mahlzeiten einer aus sechs Personen bestehenden Familie angestellt wurden, zeigten, daß bei direkter Heizung für eine Mahlzeit nur 19 Prozent von den Kosten, die die elektrische Heizung verursacht, nötig waren. Auch das Plätten nach der gewöhnlichen Art erwies sich halb so billig als mit Elektricität.

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verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 836_d. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0836_d.jpg&oldid=- (Version vom 31.1.2019)