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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

deutsche Kaiserpaar am 28. Oktober Jaffa verlassen, um den Weg nach Jerusalem über die Ebene Saron zum Gebirge Juda zu Pferde zurückzulegen. Der Zug, der zu seiner Entwicklung gegen 3 km brauchte, bot ein überaus malerisches, farbenprächtiges Bild; die flatternden Standarten, die blitzenden Uniformen, die wallenden Staubmäntel und wehenden Tropenschleier gaben dem Ganzen ein ungewohntes Ansehen und erinnerten lebhaft an alte Zeiten, da Kreuzritter durch dieselben Gefilde zogen. Leibgendarmen eröffneten den Zug; in geraumem Abstande folgte die kaiserliche Gruppe, die unser Bild wiedergiebt. Der Kaiser auf dem prächtigen Schimmel trägt die Tropenuniform, die Kaiserin reitet neben ihm; ihnen schließt sich zu Roß und zu Wagen der glänzende Zug der Begleiter an.

Der „Gartenlaube-Kalender“ für das Jahr 1899. Als ein schmuckes Bändchen ist wiederum der „Gartenlaube-Kalender“ erschienen, der im Laufe der Jahre die Gunst weitester Kreise gewonnen hat. In einer leicht übersichtlichen Zusammenstellung bringt er alle die praktischen Notizen, die man von einem Kalender erwartet; er bietet eine chronologische Charakteristik des Jahres 1899, astronomische Nachrichten für dasselbe, giebt einen Handelskalender der wichtigsten Messen und Märkte, statistische Notizen für das Deutsche Reich, Post- und Telegraphentarife u. a. m. Nicht minder mannigfaltig ist der unterhaltende und belehrende Teil gestaltet. Unsere allbeliebte W. Heimburg erfreut die Leser mit der spannenden Erzählung „Korl Lorensen“, die Fritz Bergen mit trefflichen Bildern geschmückt hat. Daran schließen sich „Freund Zufall“, eine reizende Humoreske von Hans Arnold, mit Illustrationen von Rudi Rother, und „Tante Rhabarber“, Erzählung von Gertrud Franke-Schievelbein, illustriert von G. Mühlberg. Sehr nützliche gesundheitliche Belehrungen erteilt Dr. med. F. Dornblüth in dem Artikel „Etwas vom Wandern“, während die auf dem Gebiete der Hauswirtschaft rühmlichst bekannte Schriftstellerin Luise Holle über „Die Gewürze und ihre richtige Anwendung“ praktische Auskunft giebt. – Ueberaus reichhaltig sind die kleinen Mitteilungen vertreten; Belehrendes und Praktisches wechselt darin mit Humorvollem ab. Ziehen wir noch den reichen und künstlerisch wertvollen Bilderschmuck in Betracht, zu dem hervorragende Künstler wie Fritz Reiß, H. Knoechl, C. Reichert, H. Lüders u. a. Beitrage geliefert haben, so können wir nicht zweifeln, daß der neueste Band des „Gartenlaube-Kalenders“ sich derselben Beliebtheit wie eine Vorgänger erfreuen wird.

Reinekes Ende. (Zu dem Bilde S. 845.) Der Winter hat seinen Einzug gehalten; tiefer Schnee deckt Feld und Au. Oede und leer sind die im Herbst noch so reichen Jagdgründe Meister Reinekes geworden; aber der Schlaue leidet keine Not wie die anderen Tiere des Waldes. In den langen Nächten umschleicht er die Gehöfte der nahen Dörfer, findet in den Thüren und Mauern der Geflügelställe Spalten und Löcher, durch die er sich einschleichen kann, um Hühner, Enten und Gänse zu rauben. In dem tiefen Bau am Rande des Waldes verzehrt er die Beute und erfreut sich eines tiefen Schlafes, während im Dorfe die bestohlenen Bäuerinnen den frechen Räuber verwünschen. Aber auch den schlauesten Bösewicht erreicht die Strafe. Eines Morgens wird Reineke in seiner Burg Malepartus arg aus seinen Träumen geweckt. Durch den Haupteingang dringt sein grimmigster Feind, der Teckel, in die unterirdische Röhre. Nach einem kurzen Widerstand giebt der überraschte Fuchs Fersengeld und sucht durch eine Nebenröhre in den Wald zu flüchten. Aber hier ist der Schlaue erst recht in sein Verderben gerannt; hier harrt seiner der Jäger mit anderen Teckeln. In wenigen Augenblicken vollzieht sich das Strafgericht. Hinter dem Busche blitzt es auf, und während der Getroffene zusammenbricht, packen ihn schon die grimmen Hunde. Vergeblich ist die letzte verzweifelte Gegenwehr, die Uebermacht der Feinde trägt nach kurzem Ringen den Sieg davon.

Datei:Die Gartenlaube (1898) b 0867.jpg

Photographie im Verlage von Fr. Hanfstaengl in München.
Schwere Aufgabe.
Nach dem Gemälde von Herm. Kaulbach.

Der erste Schnee. (Zu dem Bilde S. 853.)

„Isch ech da obe Bauwele[1] feil?
Sie schicken eim e redli Teil.
In d’ Gärten abe und ufs Hus,

Es schneit doch au, es isch e Gruus!
Und ’s hängt no menge Wage voll
Am Himmel abe, merk i wohl“ …

So ungefähr denken die Alten seit Hebels Zeit immer noch, aber die Jungen! … Die kleinen Schulbürschlein und rotbäckigen Mädeln, die haben einen Hauptspaß und können’s nicht erwarten, bis sie mit den Schlitten hinaus dürfen. Selbst die kleinen Hündchen im Korb möchten gleichfalls in den Schnee hopsen und ein bißchen mittollen. Und die Mutter, das frische junge Weib, obgleich ihr der Sturm den Schirm nicht übel zaust, sie lacht auch in das lustige Flockentreiben und beeilt sich nicht mit dem Heimweg. Nasse Füße fürchtet sie weder für sich, noch für die Kinder: die sollen nur ebenso frisch und fest werden, wie ihre Mutter es ist! Wartet dann zu Hause eine warme Stube auf sie, so können sie sicherlich mehr von Winterfreude als von Winterleid erzählen. Bn.     

Die Kerkafälle bei Scardona in Dalmatien. (Zu dem Bilde S. 861.) Dalmatien, das südlichste Kronland der österreichisch-ungarischen Monarchie, ist erst in jüngster Zeit dem Touristenverkehr erschlossen worden. Sowohl seine Küste wie sein wildzerklüftetes, zumeist den Karstcharakter aufweisendes Gebirge bieten viele landschaftliche Sehenswürdigkeiten. Berühmt ist namentlich der Wasserfall bei Scardona, der zu den schönsten Europas zählt. Der Kerkafluß entspringt in einer Felsenhöhle unweit der bosnischen Grenze und mündet bei Sebenico ms Meer. Auf seinem 60 km langen Laufe stürzt er in mehreren Absätzen ins Thal und zeigt eine mannigfaltige Gestaltung. Bald bildet er Sümpfe, bald rauscht er bei durchschnittlicher Breite von 40 m zwischen Felsen dahin; 5 km oberhalb Scardona erweitert er sich zu einem See. Bei Milanovac bildet er den ersten großen, bei Scardona den zweiten 16 m hohen Wasserfall, den unser Bild wiedergiebt. Der Fluß ist hier etwa 100 m breit; oberhalb des Falles steht eine Mühle und daneben sind die Maschinengebäude der Wasserleitung für Sebenico sichtbar. Das Wasser stürzt hier über staffelförmige Felsstufen herab; zwischen den einzelnen Fällen gestaltet sich der Fluß zu kleinen Seen mit fast ruhigem Spiegel; meilenweit hört man in der fast ganz einsamen Gegend das Donnern und Brausen der Katarakte. Zwischen Scardona und Sebenico ist der etwa 300 m breit gewordene Fluß schiffbar und wird auch von Lokaldampfern befahren.

Der Albatros. (Zu dem Bilde S. 865). Zu den Erscheinungen, welche dem von Norden kommenden Reisenden auf den Meeren der südlichen Erdhälfte besonders auffallen, zählen vor allem die Albatrosse. Riesenvögel, die wie diese in vertikaler Flügellage sich fortbewegen, d. h. den einen Flügel geradeaus zum Himmel gerichtet tragen, während sie mit dem andern gleichsam die Meeresfläche abzutasten scheinen, giebt es bei uns nicht. Ohne einen Schlag mit den Flügeln auszuführen, schwebt der Albatros weit eleganter und majestätischer dahin als irgend ein Raubvogel, und wer ihn einmal gesehen, findet es begreiflich, daß ihn der Seemann den „König des Meeres“ nennt. Das Meer ist das Element des Albatros. Nur solange das Schiff sich auf hoher See befindet, folgt er ihm durch die weiten Wogenfelder: lange bevor es sich auf Sehweite der Küste nähert, ist er verschwunden. Auf den einsamen, von heftiger Brandung umtosten Felseneilanden der Südsee brütet er, und sobald sein Junges – er legt jährlich nur ein Ei – flügge ist, begiebt er sich auf die Wanderung. Man will beobachtet haben, daß die Albatrosse häufig in verhältnismäßig kurzer Zeit die Erde umfliegen, was bei der Ausdauer und Schnelligkeit ihres Fluges nicht unmöglich erscheint. Die höhere Temperatur scheint dem Albatros unangenehm zu sein; daher zieht er sich im Sommer tiefer ins Eismeer zurück. Der Seesturm berührt ihn nicht

  1. Baumwolle.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 867. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0867.jpg&oldid=- (Version vom 12.2.2021)