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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

Halbheft 5.   1899.


Das Schweigen im Walde.
Roman von Ludwig Ganghofer.
(4. Fortsetzung.)


Ettingen und der Förster hatten einen grünen Staketenzaun erreicht, welcher, gleichlaufend mit einer gestutzten Holunderhecke, einen kleinen Besitz umschloß, der sich zwischen den anderen Häusern und Gehöften ausnahm wie ein schöngefaßter Schmuckstein neben den grauen Kieseln der Straße. Das einstöckige Haus, welches tief im Garten stand, war früher wohl ein bescheidener Bauernhof gewesen – das verriet noch die an den Wohntrakt angebaute Tenne; aber es hatte größere Fenster und ein grünliches Schieferdach bekommen, dessen Kanten und Firste geschmückt waren mit wunderlichen Tierzieraten. Das Unterdach und die vorspringenden Balken, das Tennenthor, die Kreuzstöcke und Fensterläden waren blaugrün bemalt und mit weißen und blaßroten Linienornamenten ausgezeichnet.

Vor allen Fenstern, durch deren spiegelnde Scheiben die schneeweißen Vorhänge herausleuchteten, waren zierlich gegitterte Blumenbretter mit blühenden Stöcken angebracht, und daneben verschwanden die weißen Mauern völlig unter dem Grün der sorgsam gezogenen Obstspaliere, deren Zweige von der Erde bis zum Schatten des Daches mit reifenden Früchten behangen waren. Heiter und farbig, schmuck und freundlich, erhob sich das kleine Haus wie auf einem breiten Sockel blühender Blumen.

Im Gemeindeschulgarten zu Friedenau bei Berlin.
Nach dem Leben gezeichnet von E. Thiel.


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verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0133.jpg&oldid=- (Version vom 15.8.2023)