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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)


Inhalt.
Seite
Das Schweigen im Walde. Roman von Ludwig Ganghofer (6. Fortsetzung) 197
Helgoland einst und jetzt. Von Gustav Kopal. Mit Illustrationen von H. Haase 205
Die Komödie des Todes. Eine Dorfgeschichte aus Steiermark von Peter Rosegger (Anfang) 209
Der Ruhmestag von Eckernförde. Mit Abbildung 212
Didiers Braut. Novelle von A. Noël (Schluß) 213
Riesenfernrohre. Von Dr. H. J. Klein.. Mit Abbildungen 220
Schill und seine Offiziere. Von Rudolf von Gottschall (Zu unserer Kunstbeilage) 223
Heinrich Schaumberger. Mit Bildnis 226
Blätter und Blüten: Die Beisetzung des Fürsten und der Fürstin Bismarck. (Zu dem Bilde S. 200 und 201.) S. 227. – Schreibtafel für Erblindete. S. 228. – Sicilianisches Gefährt. (Zu dem Bilde S. 197.) S. 228. – Orchesterprobe. (Zu dem Bilde S. 225.) S. 228. – Kraftleistungen einzelner Insekten. S. 228. – Geheimmittel. S. 228.
Kleiner Briefkasten. S. 228.
Illustrationen: Sicilianisches Gefährt. S. 197. – Die Beisetzung des Fürsten und der Fürstin Bismarck zu Friedrichsruh am 16. März 1899. Von H. Binde. S. 200 und 201. – Abbildungen zu dem Artikel „Helgoland einst und jetzt“. Von H. Haase. „Helgoland in Sicht!“ S. 205. Ein gemütlicher Skat. S. 206. Händler mit Seesternen und anderen Raritäten. Strandpromenade zwischen abgestürzten Felswänden. S. 207. Fahrt nach der Badedüne. Landung auf der Düne. S. 208. – Das Gefecht bei Eckernförde am 5. April 1849. S. 213. – Für den Großvater. Von A. Guillou. S. 217. – Abbildungen zu dem Artikel „Riesenfernrohre“. Das Riesenteleskop der Yerkes-Sternwarte. S. 221. Schematische Darstellung des projektierten Riesenfernrohrs für die Pariser Weltausstellung im Jahre 1900. S. 222. – Orchesterprobe der Musiklehrlinge. Von O. Piltz. S. 225. – Heinrich Schaumberger. S. 227. – Frühlingsmelodien. Von F. Reiß. S. 228.


Hierzu Kunstbeilage VIII: „Der Heldentod der Schillschen Offiziere vor Wesel“. Von Adolf Hering.
(Kunstbeilage VII folgt im nächsten Halbheft.)




Kleine Mitteilungen.


Theodor Kirchhoff †. Unter den Mitarbeitern der „Gartenlaube“ jenseit des Atlantischen Oceans nahm Theodor Kirchhoff während einer langen Reihe von Jahren einen hervorragenden Platz ein. Als er am 8. Januar vorigen Jahres seinen 70. Geburtstag feierte, brachten wir ihm die herzlichsten Glückwünsche dar. Nun kommt die Trauernachricht, daß der bewährte Schriftsteller am 2. März in San Francisco aus dem Leben geschieden ist.

Theodor Kirchhoff wurde am 8. Januar 1828 zu Uetersen in Holstein geboren. Nachdem er das Gymnasium durchgemacht hatte, studierte er als Polytechniker in Hannover. Da kam die Zeit der nationalen Bewegung und der Kämpfe für die ungeteilte Selbständigkeit Schleswig-Holsteins. Der junge Kirchhoff trat als Freiwilliger in die gegen Dänemark kämpfenden Scharen ein und wurde im Laufe des Krieges zum Leutnant befördert. Die heiß erstrebten nationalen Ziele sollten jedoch damals noch nicht erreicht werden. Theodor Kirchhoff wanderte nach Amerika aus und gründete nach verschiedenen Wanderungen in Texas ein Geschäft, das aber infolge des Bürgerkriegs einging. Im Jahre 1862 kehrte er für ein Jahr nach Deutschland zurück und begann sich als Schriftsteller zu bethätigen. Dann war er wieder in Oregon als Kaufmann thätig und schrieb von dort aus seine ersten Artikel aus dem „Westen“ für die „Gartenlaube“. Im Jahre 1869 ließ er sich in San Francisco nieder, das nunmehr zu seinem ständigen Wohnsitz wurde. Von hier unternahm er wiederholt weite Reisen in der Alten und Neuen Welt. Außer verschiedenen Reisewerken hinterläßt er auch anziehende Dichtungen, eine Sammlung von Balladen und Gedichten und die episch-lyrische Dichtung „Hermann, ein Auswandererleben“.

Ein Denkmal für Ludwig Anzengruber. Zahlreiche Freunde und Verehrer des verewigten Dichters, der das deutsche Volksstück auf die Höhe klassischer Vollendung erhob, haben sich zu dem Unternehmen vereinigt, für Ludwig Anzengruber in Wien ein würdiges Denkmal zu errichten. Im Namen derselben hat Peter Rosegger, Anzengrubers geistesverwandter engerer Landsmann, einen Aufruf verfaßt, der sich an die vielen wendet, die den Schöpfungen des gewaltigen Tragikers und Humoristen zugejubelt haben, „damit dem Manne, der uns als Erzähler und als Dramatiker so viele Kunstwerke von dauernder Schönheit und Wahrheit geschenkt hat, nun auch ein Kunstwerk geweiht werde, zum Ruhme des Dichters, zur neuen Zierde Wiens und zur Ehre und Freude des ganzen deutschen Volkes“. Anzengruber war ein Wiener Kind; er bildet, wie Rosegger in edler Begeisterung sagt, mit Franz Grillparzer und Ferdinand Raimund ein Dreigestirn, das zu Ehren Deutsch-Oesterreichs hinausleuchtet in die weite Welt. Das ganze deutsche Volk aber liebt und ehrt in Anzengruber einen der großen Geister, welche unsere Nationallitteratur um unvergängliche Werke bereichert haben, die noch in ferner Zukunft die Menschen erquicken und erschüttern, befreien und läutern werden. Weitum im Vaterlande wird sich für den Plan freudige Teilnahme regen, und ganz im besondern dürfte in dem weiten Leserkreise der „Gartenlaube“ der Aufruf lebhaften Widerhall finden. Beiträge zu der Sammlung, von deren Erträgnis das Anzengruber-Denkmal in Wien errichtet werden soll, nimmt die Deutsche Bank in Berlin, samt ihren Filialen, sowie in Wien u. a. die Kassaverwaltung des Deutschen Volkstheaters (Wien VII) entgegen.

Das Rebhuhn und die Wachtel als Wildbret. Wenn der Genuß des saftigen Fleisches unseres Rebhuhnes von einzelnen auch schon in früherer Zeit geschätzt worden sein mag, so reicht doch die allgemeine Anerkennung seines hohen Wertes als Wildbret bei weitem nicht bis in die Zeiten der lukullischen Schwelgereien der römischen Kaiserzeit zurück. Erst gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts begannen unsere Feinschmecker dem Rebhuhn eine größere Aufmerksamkeit zu schenken, und die Ehre, diesen Vogel als Leckerbissen der Tafel gewonnen zu haben, gebührt dem Grafen von Artois, der später als Karl X den Thron von Frankreich bestieg. Dieser Fürst zeigte seit dem Jahr 1785 eine so große Vorliebe für den Genuß des Rebhuhns, daß an seiner Tafel fast jeden Tag eine Schüssel mit diesen Vögeln serviert wurde. Er stellte sogar einen besonderen, sehr geschickten Koch an, der es verstand, Rebhühner in der mannigfaltigsten Weise zuzubereiten und jeden Tag durch eine andere Sauce zu würzen.

Um keinen Mangel an diesem kostbaren Wildbret zu haben, ließ der Graf in dem weiten Garten seines an den Elysäischen Feldern gelegenen Palastes geräumige Volièren herstellen, in denen das ganze Jahr hindurch Scharen von Rebhühnern gezüchtet wurden, während Ludwig XV, der selbst ein leidenschaftlicher Jäger war, das Geflügel für seine Tafel den bewaldeten Revieren von Meudon und Jssy entnahm.

Mit dem Alter änderte sich jedoch der Geschmack des Grafen, denn nachdem er den königlichen Thron bestiegen hatte, zeigte sich das Rebhuhn immer seltener bei seinen Mahlzeiten. An dessen Stelle aber trat nun die Wachtel, die bis dahin in Mitteleuropa verschont geblieben war, und die Sorge für die Erhaltung dieses Vogels und vielleicht die Furcht, einmal auf seinen Genuß verzichten zu müssen, bewogen den König zu dem strengen Verbot, die Wachtel im Frühjahr bei ihrer Rückkehr nach Frankreich an der Küste des Mittelländischen Meeres zu erschlagen oder zu fangen. Bemerkte man doch schon zu jener Zeit eine ansehnliche Verminderung dieser Vögel.

Ohne Zweifel schöpfte Karl X seine Begeisterung für das kleine Wildbret aus den empfehlenden Bemerkungen, denen er im königlichen Archiv begegnete, das von seinem Großvater Ludwig XV auf ihn gekommen war. Dieser Monarch hatte nämlich für die Wachtel eine ganz besondere Vorliebe nicht nur wegen ihres vortrefflichen Geschmackes, sondern besonders auch in Bezug auf das Vergnügen, sie zu jagen. Eines Tages begegnete es diesem jagdlustigen König, eine schneeweiße Wachtel zu erlegen; er konnte sich jedoch nicht entschließen, sie zu verspeisen. Er ließ vielmehr dieses seltene Exemplar ausstopfen und wies ihm dann in seinem Kabinett eine geeignete Stelle an. Heute befindet sich dieser hübsche Vogel in dem naturhistorischen Museum zu Paris.

Im Altertum betrachtete man die Wachtel als das Symbol der Tapferkeit und des Mutes, weil diese Vögel eine ungeheure Aufregung und Unerschrockenheit zeigen, wenn sie sich untereinander bekämpfen. Deshalb richtete man sie auch schon frühzeitig zum Kampfe ab, um der Jugend durch dieses Schauspiel ein nachahmenswertes Beispiel zu geben, Der Kaiser Augustus nahm sich ihrer ganz besonders an und erließ strenge Gesetze zu ihrem Schutze; einer seiner Offiziere wurde sogar unbarmherzig zum Tode verurteilt, weil er es zugelassen hatte, daß bei einer seiner Mahlzeiten auch eine Wachtel aufgetragen wurde, die sich in mehreren Kämpfen ausgezeichnet hatte.

Dieser Vogel sollte auch sonst noch ganz eigentümliche Kräfte besitzen, und lange Zeit hindurch schrieb man ihm das Vermögen zu, ein Paar Ehegatten im schönsten Einvernehmen zu erhalten, wenn nur der Mann das Herz einer männlichen und die Frau dasjenige einer weiblichen Wachtel bei sich trüge. Schließlich sollte ihre Gegenwart sogar angenehme Träume herbeizaubern, weshalb viele vornehme römische Frauen einen solchen Vogel gern in ihrem Schlafzimmer hätschelten, und wenn sie dann morgens vom Schlummer erwachten, währenddessen sie sich in lieblichen Träumen wiegten, so waren sie überzeugt, daß sie dieselben nur ihrer Wachtel zu danken hatten.

Leider sind wir heute dieses bequemen Zaubermittels beraubt; die Wachteln sind bei uns so selten geworden, daß wir es für ein Glück zu schätzen haben, wenn wir nach langer Pause wieder einmal ihren Schlag vernehmen. Wir dürfen uns aber über das allmähliche Verschwinden dieses harmlosen Vogels nicht wundern, wenn wir an die grausamen Verfolgungen denken, denen derselbe auf seinen Wanderungen in den südlichen Gegenden seit langer Zeit ausgesetzt ist. L. Haschert.     


Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 196_d. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0196_d.jpg&oldid=- (Version vom 15.12.2020)