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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

sieht der erfahrene Herr Dekan, daß auch diesmal der liebe alte Herr Collega auf dem Kegelbrett keinen Ruhm ernten wird. Eifrig unterweist er ihn in den Feinheiten der Kunst: wie man gehörig nach links werfen muß, wenn die Kugel beim Rücklauf die vorderen Eckkegel rechts treffen soll. Der alte Herr wird sicher sein Bestes thun. Sollte er aber dennoch nichts treffen, so wird ihn das wenig verstimmen. Vergnügt wird er später den Heimweg antreten, vergnügt und erfrischt – ist er doch wieder einmal jung mit der Jugend gewesen!

Der Kaiserturm auf dem Karlsberg im Grunewald bei Berlin. (Mit Abbildung.) Um das Andenken Kaiser Wilhelms I zu ehren, hat der Kreis Teltow im Jahre 1896 beschlossen, auf dem Karlsberge im Grunewald ein Ehrenmal in Gestalt eines Aussichtsturmes zu setzen. Für den Bau wurde einer der landschaftlich schönsten Punkte der Umgebung Berlins gewählt. Wo die Hügel des Grunewalds in ihrer höchsten Erhebung an die Havel herantreten, erhebt sich nunmehr der Turm, auf einer künstlich geschaffenen Plattform. Von dieser Stelle schweift der Blick frei über den Fluß und seine Seen bis nach Potsdam und Spandau und weit in die Mark hinein. Der Turm wurde nach dem Entwurf des Baurats Franz Schwechten in Berlin errichtet. Von der Landstraße zwischen Schildhorn und Wannsee führt zu seiner Plattform eine mehrarmige 4 m hohe Freitreppe. Die Plattform ist aus rötlichem Rochlitzer Porphyrsandstein hergestellt und enthält im Innern eine Anzahl Räumlichkeiten; ihre Ecken sind mit Pylonen geschmückt, welche Flammenbecken tragen. Der Aussichtsturm selbst ist in märkischem Backstein ausgeführt. Sein unterer Teil, der durch einen 8 m über der Plattform gelegenen Umgang abgeschlossen wird, birgt in seinem Inneren eine Gedenkhalle, in welcher ein Standbild Kaiser Wilhelms I aufgestellt werden soll. Auf einer im Inneren des sich verjüngenden Turmes befindlichen Eisentreppe gelangt man zu der Hauptaussicht, die sich 36 m über dem Erdboden erhebt. Ueber derselben wölbt sich der massive Helm. Zwei Wappen, von denen das eine den roten brandenburgischen, das andere den schwarzen preußischen Adler zeigt, schmücken die Mauern des Turmes; darunter sind die Inschriften angebracht: „Der Kreis Teltow baute mich 1897“ und „König Wilhelm I zum Gedächtnis“. Die Einweihung des Bauwerks soll nach Vollendung der gärtnerischen Anlagen Anfang Juni dieses Jahres stattfinden. *     

Der Kaiserturm auf dem Karlsberg im Grunewald bei Berlin.
Nach einer Aufnahme von W. Titzenthaler in Berlin.

Hinterbärenbad in Tirol. (Zu dem Bilde S. 249.) Das bei Kufstein an der bayrisch-tirolischen Grenze in einer Ausdehnung von etwa 20 km Länge und 14 km Breite gegen Osten ziehende Kaisergebirge bildet seit Jahrzehnten schon eines der meistbesuchten, der beliebtesten Touristengebiete in den Tiroler Alpen. Der ganze, ringsum von Thalniederungen begrenzte Kalkgebirgsstock ist in zwei Hauptgruppen geteilt, von welchen die nördliche, der „Hinterkaiser“, in der 1999 m hohen Pyramidenspitze ihren Kulminationspunkt findet, während im südlich gelegenen, bedeutend ausgedehnteren Kamme, dem „Vorderen“ oder „Wilden Kaiser“, die 2344 m hohe Elmauer Haltspitze die höchste Erhebung bildet. Mittendurch zwischen den beiden, in mancherlei wild zerrissenen Spitzen und Zacken auslaufenden Hochgebirgskämmen zieht von Westen her als tiefer Einschnitt das Kaiserthal zum 1605 m hochgelegenen Stripsenjoch, das allein die Verbindung zwischen dem nördlichen und dem südlichen Gebirgszuge aufrecht erhält, da von Osten her das Kaiserbachthal die beiden Berggruppen gleichfalls scharf auseinander hält. Im innersten Kaiserthale liegt, nahe dem vielbegangenen Stripsenjoch, 831 m über dem Meere Hinterbärenbad, bekannt als Haupttouristenstation für das ganze nördliche und südliche Kaisergebirge. Dort hat der Deutsche und Oesterreichische Alpenverein (Sektion „Kufstein“) eines seiner schönsten und geräumigsten Unterkunftshäuser erbaut, das in Betten und Matratzenlagern ungefähr hundert Touristen gleichzeitig eine vortreffliche Herberge bieten konnte. Gute Verpflegung, Badegelegenheit, ja sogar Telephonverbindung mit der etwa 3½ Stunden entfernten Stadt Kufstein erhöhten die Annehmlichkeiten des Aufenthaltes in dem stattlichen Holzgebäude. Dazu besitzt Hinterbärenbad eine herrliche Umgebung; ringsum grüßt die Pracht der stolzesten Felszinnen nieder, der gewaltige Absturz der auf unserem Bilde rechts aufragenden „Kleinen Haltspitze“ und das eigenartige Zackengebilde des „Totensessels“ vereinigen sich mit dem mächtig drohenden Riesenturme des links auf dem Bilde ersichtlichen „Totenkirchl“ und der „Hinteren Karlspitze“ zu einem Hochalpengemälde von überwältigender, unvergeßlicher Schönheit. Ein schmuckes Kirchlein am Wege, Waldesgrün und der lustig thalwärts fließende Bach ergänzen das wildschöne Landschaftsbild.

Leider ist am 25. Februar d. J. nachmittags das schöne Unterkunftshaus infolge Schadhaftigkeit eines Rauchfanges[WS 1] vollkommen und mit solcher Schnelligkeit niedergebrannt, daß kaum mehr die Möbel gerettet werden konnten. Auch das Badehaus wurde ein Raub der Flammen, doch blieben das Telephonhäuschen, die Kapelle und die in letzter Zeit zu Wirtschaftszwecken benutzte alte Unterkunftshütte vom Feuer verschont. Die letztere wurde sofort als provisorische Unterkunftsstätte für Touristen eingerichtet, und da die Alpenvereinssektion „Kufstein“ als Eigentümerin von Hinterbärenbad das abgebrannte Haus gegen Brandschaden gut versichert hatte, so kann der Wiederaufbau unverzüglich durchgeführt werden, wofür die Arbeiten auch bereits eingeleitet wurden. Es brauchen sich also die Touristen durch den Brandunfall, der Hinterbärenbad betroffen hat, von dem Besuche des wildromantischen Kaisergebirges auch heuer keineswegs abhalten zu lassen. J. C. Platter.     

Balzender Auerhahn. (Zu dem Bilde S. 257.) Noch ist es still im Walde. Der milde Frühling hat die Herrschaft des Winters noch nicht abgelöst. Auf dem Gebirge liegt der Schnee und an den vorübergehend einbrechenden schönen sonnigen Tagen, den ersten Vorboten des Lenzes, schallt höchstens das frühe Lied der Drossel durch den dunklen Forst. Um diese Zeit lockt es aber den Weidmann hinaus in das tiefste Dickicht, in dunkler Nacht bricht er bereits auf, um mit Morgengrauen auf dem Platze zu sein, wo der Auerhahn balzt und wo die schwarzen, am Ende weiß gesprenkelten Schaufelfedern als Jagdtrophäe sich erbeuten lassen. Frühzeitig im Jahre, im April, oder wenn das Wetter günstig ist, schon im März, regt sich im Auerhahn die Liebe, und er drückt seine Leidenschaft in sonderbaren Tönen, Stellungen und Sprüngen aus. O. Recknagel hat eine dieser charakteristischen Stellungen des balzenden Auerhahnes in dem Bilde, das wir wiedergeben, meisterhaft festgehalten. Da steht der Erregte auf einem vorspringenden Baumaste und stößt seine schnalzenden Töne hervor. Seinen Kopf hat er vorgestreckt, den Schwanz gehoben und fächerförmig ausgebreitet, während die etwas gesenkten Flügel sich vom Leibe abheben. Aber nicht lange wird er so ruhig dastehen; schon hebt er ein wenig den rechten Ständer; er wird auf dem Aste hin und her trippeln, sich hin und her wenden und einen Vers nach dem andern herunterschnalzen und -schleifen, bis er den hohen Standort verläßt und zu den Hennen auf den Boden fliegt, um dicht vor ihnen dasselbe Spiel aufzuführen. *     

Ueber den Einfluß verschieden gefärbten Lichtes auf die Entwickelung der Pflanzen sind neuerdings eingehende Untersuchungen angestellt worden, die wichtige Resultate ergeben haben. In neuester Zeit hat nun der französische Gelehrte Gal diese Untersuchungen auch auf die Tierwelt ausgedehnt, und zwar waren vorerst die Seidenraupen Gegenstand seiner Beobachtungen. Man hat ja schon mehrfach Beweise dafür, wie pflanzliches und tierisches Leben einander ähneln und ineinander übergreifen, und so konnte man wohl von vornherein annehmen, daß auch auf die Tiere sich ein Einfluß bestimmt gefärbten Lichtes nachweisen lassen würde; dies ist nun wirklich geschehen. Während aber feststeht, daß auf die Pflanzen rotes Licht am günstigsten einwirkt, ergaben die Untersuchungen Gals, daß auf die Entwickelung der Seidenraupe violettes Licht den größten Einfluß ausübte, grünes hingegen den ungünstigsten. Der Wirkung nach sind die Farben in folgender Weise anzuordnen: violett, weiß, blau, rot, gelb, grün.

Was das Gewicht anlangt, so erreichte eine bestimmte Anzahl von Tieren bei violettem Licht im selben Zeitraum und unter sonst gleichen Verhältnissen ein solches von 55,5 Gramm, bei weißem Licht 52,5 Gramm, das niedrigste, 49 Gramm, bei grünem Lichte.

Aber nicht allein auf die Höhe des Körpergewichts erstreckte sich die Einwirkung des verschiedenfarbigen Lichtes, sondern auch auf die Menge und die Güte der Seide und der Eier. Denn die Cocons von Tieren, die im violetten Licht erwachsen waren, waren größer und schöner ausgebildet, und die Eier von den bei violettem Lichte gezüchteten Weibchen zahlreicher. Da die roten Lichtstrahlen Träger der Wärme, die violetten und blauen hingegen chemisch wirksame Strahlen sind, so zeigt sich hier, was Lichtwirkung anlangt, ein großer Unterschied zwischen Pflanze und Tier, und man darf daraus schließen, daß der tierische Organismus, und der ganze tierische Stoffwechselprozeß überhaupt, von außen an ihn herantretenden chemischen Lichteinflüssen weit mehr zugänglich ist als der pflanzliche.

Leicht möglich ist es, wenn man diese Untersuchungen weiter fortsetzt, für die Tierzucht überhaupt daraus Kapital zu schlagen. Jedenfalls sind Seidenraupenzüchtern Versuche nach dieser Richtung sehr zu empfehlen. d.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner in Stuttgart. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig.
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Rauchsanges
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 260. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0260.jpg&oldid=- (Version vom 1.9.2023)